Einigen Tankstellen geht der Sprit aus
Versorgungsengpässe im Südwesten – Benzinpreise könnten somit weiter steigen
- Zur Tankstelle fährt derzeit niemand gerne. Die Benzinpreise sind seit Wochen so hoch wie lange nicht und schmerzen den Geldbeutel. Jetzt kommt für die Verbraucherinnen und Verbraucher aber noch ein weiteres Problem hinzu: Es ist möglich, dass sie an der Zapfsäule leer ausgehen. Denn am vergangenen, langen Wochenende sind an einzelnen Tankstellen in Baden-Württemberg Versorgungsengpässe aufgetreten, Zapfsäulen mussten teilweise abgesperrt werden. „Wir haben zwei Tage keinen Sprit mehr gehabt“, sagt Pächter Jochen Friess über seine Ran-Tankstelle in Kirchheim unter Teck, südöstlich von Stuttgart. Lediglich Reste von E10 habe er anbieten können, während die Zapfhähne für Diesel und Super notgedrungen stillstanden.
Im benachbarten Nürtingen war auch die Jet-Tankstelle von Engpässen betroffen. Über die beiden Fälle hatte am späten Montagabend der SWR berichtet. Der Grund für die Engpässe seien dem Bericht zufolge wohl Transportprobleme. „Bei uns gab es in den vergangenen zwei Wochen schon Lieferprobleme“, bestätigt Friess im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Dem neuen Wirtschaftsverband Fuels und Energie, in dem unter anderem der Mineralölwirtschaftsverband aufgegangen ist, sind die Probleme bekannt. „An der ein oder anderen Tankstelle mussten Autofahrer in den vergangenen Tagen wegen fehlenden Kraftstoffs auf andere Stationen ausweichen“, sagt Verbandssprecher Alexander von Gersdorff. Eine genaue Zahl könne er nicht nennen. Neben den beiden Tankstellen im Raum Nürtingen seien jedoch weitere Orte in Baden-Württemberg, an denen Spritmangel herrschte, an ihn herangetragen worden.
Zum Großteil werden die Tankstellen in Baden-Württemberg nach Angaben des SWR von der Mineralölraffinerie Oberrhein in Karlsruhe beliefert. Auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“verweist eine Unternehmenssprecherin darauf, dass derzeit alle Produkte verfügbar seien. Das deckt sich mit den Informationen des Wirtschaftsverbands Fuels und Energie. „Benzin und Diesel sind generell nicht knapp, sondern die Kraftstoffe kommen nur nicht bei den Tankstellen an“, sagt Sprecher Alexander von Gersdorff der „Schwäbischen Zeitung“. Diese Probleme beschränkten sich derzeit auf den Südwesten.
Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“war beispielsweise die HEM-Tankstelle in Deißlingen bei Rottweil von Samstag- bis Montagabend von fehlendem Sprit betroffen. Ähnlich erging es einer Tankstelle in Villingen-Schwenningen. In Erbach bei Ulm hat eine Jet-Tankstelle keinen Diesel mehr im Angebot gehabt. „Wir können bestätigen, dass es im Südwesten Deutschlands vereinzelt zu Versorgungsengpässen von Jet-Tankstellen gekommen ist“, teilt ein Sprecher
des Jet-Tankstellennetzes auf Nachfrage mit. Dafür gebe es jedoch keine einzelne, isolierte Ursache, sondern verschiedene Umstände führten zu den Versorgungsengpässen.
„Der Rhein führt derzeit wieder Niedrigwasser, weshalb die Schiffe dort nicht mit voller Ladung fahren können“, sagt Alexander von Gersdorff und benennt einen der Umstände. Im Herbst 2018 kam es bereits schon einmal zu massiven Lieferschwierigkeiten von Sprit durch niedrige Pegelstände des Rheins. So weit ist es laut dem Wasserstraßenund Schifffahrtsamt Oberrhein noch nicht. „Die Situation ist derzeit so, dass große Schiffe mit etwa 30 Prozent und kleine Schiffe mit bis zu 50 Prozent der maximalen Ladung auf dem Rhein fahren können“, bestätigt ein Sprecher des Amtes die Liefereinschränkungen auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“.
Neben dem Niedrigwasser des Rheins sind laut Alexander von Gersdorff Probleme in der Schienenlogistik verantwortlich für die Lieferschwierigkeiten. „Da geht es um privat betriebene Kesselwagenzüge, die jeweils von den Unternehmen beauftragt werden.“Allerheiligen am Montag habe hier zu Problemen geführt. „Normalerweise spielt ein Feiertag keine Rolle. Diesmal führte er aber dazu, dass vereinzelt Kesselwagenzüge verspätet ankamen“, sagt der Verbandssprecher.
Wie lange die Lieferschwierigkeiten andauern, kann von Gersdorff nicht genau abschätzen. „Das ist eine Versorgungsherausforderung, die sicher noch einige Tage anhalten wird“, sagt er lediglich. Tankstellenpächter Jochen Friess aus Nürtingen ist da pessimistischer: „Mir hat man gesagt, dass das durchaus den ganzen November anhalten kann.“
Wenig Angebot bei gleichbleibender Nachfrage bedeutet normalerweise, dass der Preis steigt. „Es wird jetzt sicherlich noch teurer“, schätzt Friess. Am Montagabend hat der Tankstellenbetreiber noch eine Treibstofflieferung erhalten. Nun kann er vorerst wieder Diesel und Super anbieten. Damit ist zumindest ein Ärgernis an seinen Zapfsäulen in Nürtingen behoben, doch der Frust über die Preise wird wohl bleiben.