Lindau baut den Bodenseeradweg aus
Die Schachener Straße wird zur Fahrradstraße – Kostenpunkt: 2,4 Millionen Euro
- Mehr Rechte für Radler: Der Bodenseeradweg soll in der Schachener Straße in Lindau zu einer Fahrradstraße umgebaut werden. Wie der Stadtrat beschlossen hat, wird dafür eine Summe in Höhe von 2,4 Millionen Euro eingeplant. Die Stadt will die Verkehrssicherheit erhöhen und auch bessere Bedingungen für die Stadtbusse schaffen.
Auf einer Fahrradstraße gelten eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern und rechts vor links. Wie man aus dem Namen ableiten kann, sind Radfahrer dort die bestimmende Verkehrsart. Mit der Regelung wird zum Beispiel ausdrücklich erlaubt, dass Radler nebeneinander fahren – und für Autos oder Motorräder ist drängeln verboten. Sie dürfen nur überholen, wenn sie einen Seitenabstand von eineinhalb Metern wahren können. Ansonsten heißt es für sie, dass sie hinterher fahren müssen.
Dass die Kosten in die Millionen gehen, liegt auch an der Länge des Abschnitts, erläuterte Pius Hummler, Projektleiter bei den Lindauer Garten- und Tiefbaubetrieben (GTL), in der jüngsten Sitzung des Stadtrats. Der Bauabschnitt ist etwa einen Kilometer lang und reicht von der Wilhelmshöhe bis zur Badstraße. Die Fahrradstraße soll sechs Meter breit werden. Hinzu kommen ein Gehweg, Straßenbeleuchtung und begrünte Flächen.
Außerdem sei der Unterbau der Schachener Straße kaputt und müsse erneuert werden, erläuterte Hummler. „Wir gehen davon aus, dass der alte Unterbau belastet ist und entsorgt werden muss.“Auch das treibe die Kosten in die Höhe. Doch die Stadt muss nicht alle Kosten allein stemmen. Laut Sitzungsvorlage beträgt die Förderquote
bei dem Projekt rund 67 Prozent der Gesamtkosten. Die Arbeiten sollen im Herbst 2022 beginnen, wenn zum Saisonende auf dem Bodenseeradweg wieder Ruhe einkehrt. An der Baustelle werde dann so lange gearbeitet, wie es der Winter zulasse, sagte Hummler. Er geht davon aus, dass die Bauzeit je nach Wetter ein halbes bis dreiviertel Jahr dauern wird. Bis zur Saison 2023 soll die Fahrradstraße fertig werden.
Der Bodenseeradweg ist beliebt und lockt besonders an sonnigen Tagen Tausende an. Allein in Lindau sind dort jedes Jahr gut eine halbe Million Radler unterwegs. Die Stadt hat am Lotzbeckweg eine Dauerzählstelle installiert. 2019 zählte sie rund 503 000 Radler, 2020 waren es sogar rund 544 000 Radler, was einem Zuwachs von knapp 8,3 Prozent entspricht. Damit wirkt sich auf dem Bodenseeradweg ein allgemeiner Trend aus: Seit Ausbruch der Corona-Pandemie setzen sich noch mehr Menschen aufs Fahrrad, E-Bike oder Pedelec. Trotzdem halte sich die Zahl der Unfälle in Grenzen, wie Thomas Steur, Leiter der Polizeiinspektion Lindau, berichtet. „Es war diesen Sommer sehr viel los. Was Unfälle betrifft, ist die Entwicklung aber nicht beängstigend“, sagt er. Es falle auf, dass viele Radler „alleinbeteiligt“Unfälle bauen, wie es auf Polizeideutsch heißt.
Dass die Schachener Straße zur Fahrradstraße wird, hat nach Ansicht des Polizeichefs keine großen Auswirkungen auf die dortige Verkehrssituation. „Es bedeutet, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer den Fahrradfahrern anpassen müssen“, sagt er. Die Frage sei, ob alle Autofahrer das wissen. Deshalb sei aktive Aufklärung nötig. „Wir haben allgemein große Defizite, was Aufklärung über neue Verkehrsregeln anbelangt“, sagt Steur.
Auf seiner gut 260 Kilometer langen Route führt der Fernradweg durch alle Bodenseegemeinden, was mit der stetig steigenden Zahl an Radlern besonders zu Stoßzeiten zu Problemen führt. „Der Bodenseeradweg ist toll und aus unserer Sicht ist es gut, dass er durch den Ort führt“, sagt Marika Kasper, Leiterin der Tourist-Information Wasserburg. Aber weil der Bodenseeradweg im Sommer extrem voll ist, rate sie den Gästen auch zu Alternativen im Hinterland. „Es gibt so tolle Wege mit einem tollen Panorama“, sagt sie.
Marika Kasper hat die Beobachtung gemacht, dass auf dem Bodenseeradweg viele Tagesausflügler unterwegs sind. Dass die Radler mit Autos anreisen und dann womöglich mehrere Tage lang einen Parkplatz blockieren, komme nur selten vor. „Bei uns sind aber auch gar keine Kapazitäten vorhanden“, sagt sie.
Ähnliche Erfahrungen macht Heike Mayer-Fürst von der Tourist-Information Nonnenhorn. Auch aus ihrer Sicht ist es ein Vorteil, dass der beliebte Fernradweg durch die Gemeinde führt. „Viele kehren hier ein oder sehen, dass der Ort hübsch ist und sie hier auch länger Urlaub machen könnten“, sagt sie. Insofern sei der Bodenseeradweg ein Aushängeschild für Nonnenhorn. Weil aber auch dort die Kapazität an Parkplätzen gering ist, werbe die Gemeinde nicht damit. Und wer im Sommer einen Stellplatz für sein Auto suche, während er auf dem Bodenseeradweg unterwegs ist, der werde gebeten, nicht am Strandbad oder in der Umgebung der Tourist-Information zu parken.
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