Erster Trauerwald in Sicht?
Der Gemeinderat Waltenhofen beschäftigt sich mit einem neuen Antrag
- Den Wunsch nach einem Trauerwald gibt es in Kempten und im Oberallgäu seit Jahren. Zuletzt diskutierte 2016 die Stadt Sonthofen darüber – ein Vorstoß der Alt-Katholischen Gemeinde Kempten scheiterte 2010. Unter dem damaligen Vorsitzenden des Kirchenvorstands Hans Bauer hatte man ein Grundstück in Weitnau im Blick. Nun hat der Waltenhofener SPD-Gemeinderat und Biologe Peter Harsch einen neuen Versuch unternommen: Er beantragte, auf einer freien Friedhofsfläche in Hegge einen Trauerwald anzulegen.
Harsch sagt, der Heggener Friedhof sei früher ein Waldfriedhof gewesen. Diesen Charakter vermisse er inzwischen an der Anlage, weshalb er mit dem Wunsch an die Gemeinde herangetreten sei, die Friedhofsumgebung wieder natürlicher zu gestalten. Daraus sei die Idee des Trauerwalds entstanden. „Es gibt Flächen, die ungenutzt sind und die erhebliches Erholungspotenzial haben.“Der angrenzende Heggener Wald sei ohnehin ein Mischwald. Es könnten also Eichen, Linden oder Buchen gepflanzt werden.
„Der Trend geht in Richtung Urnenbestattung, weil sich die Menschen mit der Grab-Pflege immer schwerer tun“, sagt Harsch. Auch er selbst wolle niemandem zumuten, sein Grab 20 Jahre lang zu pflegen. Scherzhaft sagt er: „Auch wenn ich tot bin, möchte ich meine Ruhe haben.“
Aber auch denjenigen, denen die Grab-Pflege wichtig ist und die das Grab als Trauer-Ort brauchen – wie jetzt an Allerheiligen – werde ein Trauerwald gerecht, glaubt Harsch. Im Hinblick auf die Pietät biete eine solche Naturlandschaft ganz andere Möglichkeiten als die gekiesten Wege eines herkömmlichen Friedhofs. Die Urnen würden am Fuße eines Baumes in der Erde bestattet – und lösten sich dort auf, erklärt Harsch. Das Grab könne anonym bleiben, aber auch Namensschilder seien möglich.
Ein Trauerwald in Hegge wäre der erste im Allgäu. Eine der nächstgelegenen Einrichtungen betreibt das deutschlandweit tätige Unternehmen „Friedwald“im 100 Kilometer entfernten Heiligenberg in der Bodensee-Region.
Hans Bauer gefällt die Idee, in Hegge einen Trauerwald anzulegen. „Der Standort wäre ideal. Ich habe mir das damals auch angesehen.“Die Wahl fiel 2010 dann aber doch auf ein Grundstück bei Weitnau. Das Problem damals: Die Fläche hätte erst zum Friedhof umgewidmet werden müssen.
Im entsprechenden Verfahren nahmen die Behörden Stellung zu den Plänen, erinnert sich Bauer. Die Jäger hatten die Sorge geäußert, im betreffenden Gebiet nicht mehr jagen zu können. Dass die Besucher des Trauerwalds einen geschützten Schmetterling stören, sei die Überzeugung der Unteren Naturschutzbehörde gewesen. Landwirte und Anlieger
fürchteten zudem den Verkehr an den Zufahrtswegen. Nachdem die Mehrheit für das Vorhaben im Weitnauer Gemeinderat nicht mehr gegeben gewesen sei, hätten die Alt-Katholiken ihren Antrag zurückgezogen.
Diese Schwierigkeiten sind in dem Waltenhofener Ortsteil Hegge nicht zu erwarten, denn das Gelände ist bereits als Friedhof ausgewiesen. Einer Bepflanzung mit Bäumen stehe nichts entgegen, sagt Waltenhofens Bauamtsleiter Klaus Häger. „Uns war nur wichtig, erst einen Teil der Fläche zu nutzen, um zu sehen, wie es ankommt.“
Die „Blätter im Wind“jedenfalls, die es seit 2018 gibt, würden sehr gut angenommen. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine pflegeleichte Bestattungsart, die beispielsweise auch in Kempten angeboten wird: Vor einer Skulptur mit bunten Glasblättern werden die Urnen entsprechend der Anordnung der Blätter in die Erde gesetzt.
Die Kosten für eine TrauerwaldBestattung würden wahrscheinlich unter denen für die „Blätter im Wind“liegen, schätzt Häger. Denn es falle dann nur das Mähen um die Bäume herum an. Für das Pflanzen von 16 Bäumen seien bisher grob 11 000 Euro kalkuliert. Die Zahl der Bäume stehe aber noch nicht fest, sagt Häger. Harschs Antrag werde noch in einer Bauausschuss-Sitzung diskutiert – voraussichtlich aber nicht mehr dieses Jahr. Es stünden zu viele Pflichtaufgaben an.
Klar ist indes schon, wer in einem Trauerwald in Hegge bestattet werden dürfte: Menschen, die in Waltenhofen gelebt haben, oder deren Hinterbliebene Waltenhofener sind.