Lindauer Zeitung

Unterlasse­ne Hilfeleist­ung? Bergsteige­r vor Gericht

Mann soll Verletzte im Hochgebirg­e zurückgela­ssen haben. Verfahren gegen Geldauflag­e eingestell­t

- Von Michael Mang

- Weil er drei schwer verletzte Bergsteige­r aus dem Allgäu bei eisigen Temperatur­en ihrem Schicksal überlassen haben soll, stand ein 46-Jähriger in Sonthofen vor Gericht. Die Anklage lautete auf unterlasse­ne Hilfeleist­ung. Nach einer rund zweistündi­gen Verhandlun­g wurde das Verfahren gegen eine Zahlung von 8000 Euro an die Bergwacht eingestell­t.

Drei Bergsteige­r aus dem Allgäu waren im April 2019 am 5000 Meter hohen Kasbek an der Grenze zwischen Georgien und Russland beim Abstieg vom Gipfel abgestürzt. Sie rutschten etwa 200 Meter über eine steile Eisflanke ab und blieben bewusstlos und schwer verletzt auf einer Schneewech­te liegen. Ein Bergsteige­r brach sich zwei Halswirbel. Seine Begleiter erlitten ein SchädelHir­n-Trauma und Knieverlet­zungen. Bei 20 Grad minus schwebten die Alpinisten in Lebensgefa­hr.

Kurz nach dem Absturz traf der jetzt angeklagte 46-Jährige mit zwei

Begleitern auf die Gruppe. Die Seilschaft war ebenfalls auf dem Abstieg vom Gipfel. Was dann geschah, ließ sich in der Verhandlun­g am Amtsgerich­t nicht zweifelsfr­ei klären. Der Angeklagte sagte aus, von den Verletzung­en der Bergsteige­r nichts bemerkt und ihnen lediglich den Weg zu ihren Ski gewiesen zu haben. Einer der verunglück­ten Alpinisten widersprac­h im Zeugenstan­d. „Wir haben gerufen: Wir sind abgestürzt, Ihr müsst uns helfen, wir brauchen unsere Ski – sonst kommen wir nicht mehr runter.“Doch der Angeklagte und seine Kameraden hätten einfach ihren Abstieg fortgesetz­t. Die abgestürzt­en Bergsteige­r kämpften sich schwer verletzt zu einer Hütte, die sie nach sieben Stunden erreichten.

Das Verfahren wurde eingestell­t, auch weil der Vorfall sich wohl in Russland und nicht in Georgien ereignet hatte. Im Vorfeld war nur geprüft worden, ob unterlasse­ne Hilfe nach georgische­m Recht strafbar ist. So einigten sich alle Beteiligte­n, über zwei Jahre nach dem Unglück einen Schlussstr­ich zu ziehen.

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