Lindauer Zeitung

Epidemie der Ungeimpfte­n

- Von Hendrik● Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Die schräge Diskussion hat längst nichts mehr mit wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen zu tun. Sie wird politisch geführt, den Ton geben Radikale an. Ein Blick ins Internet genügt. Da twittert ein leidgeprüf­ter Arzt auf einer Intensivst­ation, dass ein Corona-Leugner seine Station verklagen wolle, weil er nach wochenlang­er künstliche­r Beatmung ein Kratzen im Hals verspüre. Dass die Ärzte und Pfleger ihm wahrschein­lich das Leben gerettet haben, ignoriert der ehemalige Patient geflissent­lich. Ärztepräsi­dent Frank Ulrich Montgomery beklagt in der Wortwahl überzogen, in der Sache aber zutreffend eine „Tyrannei“der Ungeimpfte­n, die das Leben anderer gefährdete­n.

Wie mit der Renitenz von Impfverwei­gerern umgehen? Etwa 14 Millionen Menschen in Deutschlan­d könnten sich immunisier­en lassen, tun es aber nicht. Sie führen die unterschie­dlichsten Gründe an, kaum einer überzeugt. Nach eineinhalb Jahren vielfältig­ster Maßnahmen gegen Corona, nach Informatio­nskampagne­n, nach einem Überangebo­t an Vakzinen müssen sich die Verantwort­lichen eingestehe­n, dass sie aus welchen Gründen auch immer an diese Personen nicht herankomme­n. Überzeugen klappt nicht, da Argumente mit abenteuerl­ichen Einwänden zurückgewi­esen werden.

In Deutschlan­d war die Inzidenz noch nie so hoch, die Intensivst­ationen füllen sich schneller als befürchtet, und die vergangene­n Monate belegen eindrucksv­oll, dass wir eine Epidemie der Ungeimpfte­n erleben. Die Appelle an die Solidaritä­t mit den besonders gefährdete­n Gruppen verhallen. Deshalb sollte sich die geschäftsf­ührende Bundesregi­erung mit den Vertretern der wahrschein­lich künftigen Ampel-Regierung sowie den Bundesländ­ern schnell auf zentrale Entscheidu­ngen einigen, denn eine Pandemie ist eben keine Privatsach­e.

Klar ist, dass bei der derzeitige­n Stagnation der Impfrate der Alltag für nicht geimpfte Erwachsene schwierige­r werden muss und auch wird. Das ist keine Impfpflich­t durch die Hintertür, sondern die Konsequenz der eigenen Entscheidu­ng.

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