Klingbeil will SPD-Chef werden
Bisheriger Generalsekretär soll die Partei künftig gemeinsam mit Saskia Esken führen
(dpa/sz) - Der bisherige SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil soll den scheidenden Parteichef Norbert Walter-Borjans beerben. Der Vorstand der Sozialdemokraten nominierte die bisherige Parteichefin Saskia Esken und Klingbeil am Montag in Berlin einstimmig als neue Doppelspitze.
Klingbeil gilt als Architekt des SPD-Erfolgs, hat großen Anteil am Zusammenhalt der Sozialdemokraten und als Wahlkampfmanager am Sieg der SPD bei der Bundestagswahl. Dass der 43-Jährige jetzt in die erste Reihe rückt, überrascht kaum. Aus allen Flügeln der Partei gab es lobende Worte. Kanzlerkandidat Olaf Scholz würdigte Esken und Klingbeil sogleich als „sehr gutes Team für Fortschritt und Zusammenhalt“.
Das wird auch damit zu tun haben, dass Klingbeil zwar konservativer Seeheimer ist, doch als Mittler zwischen den Fronten auftritt. Mit dem SPD-Linken schlechthin, Parteivize und Ex-Juso-Chef Kevin Kühnert, verbindet ihn eine Freundschaft. Esken, ebenfalls im linken Flügel zu Hause, lobt seine Ruhe und positive Ausstrahlung.
Per Video begründet Klingbeil noch am Vormittag seine Kandidatur: Als Generalsekretär sei er angetreten mit dem Versprechen, jeden Stein in der damals heftig gebeutelten SPD umzudrehen. Viel habe man geschafft, sich im Wahlkampf unter wahnsinnigem Druck von Platz drei auf eins gekämpft. „Aber“, sagt Klingbeil, „ich will, dass es weitergeht. Ein Wahlsieg reicht mir nicht.“
Die SPD soll unter Führung von Esken und Klingbeil zur modernen Volkspartei werden – in einer Zeit, in der viele längst nicht mehr an das Konzept einer Volkspartei glauben. „Wenn wir das alles richtigmachen, dann liegt vor uns ein sozialdemokratisches Jahrzehnt in Deutschland, aber auch in Europa“, meint der 43Jährige.
Der baden-württembergische SPD-Chef Andreas Stoch bezeichnete den Personalvorschlag der Parteispitze als wichtiges Signal: „Die Geschlossenheit der Partei war, ist und wird auch zukünftig ein wichtiger Teil des Erfolgs sein. Saskia Esken und Lars Klingbeil werden ein starkes Team an der Spitze der Partei bilden, das gleichzeitig für Kontinuität und Aufbruch steht.“Auch die Ravensburger Bundestagsabgeordnete Heike Engelhardt lobte die Entscheidung:
„Beide haben zum Erfolg bei der Bundestagswahl einen großen Beitrag geleistet.“
Esken und Walter-Borjans hatten im Dezember 2019 nach einem langwierigen Auswahlprozess die Nachfolge der zurückgetretenen Parteiund Fraktionschefin Andrea Nahles angetreten. Sie gewannen in einem langwierigen Mitgliederentscheid unter anderem gegen den späteren Kanzlerkandidaten Scholz, der gemeinsam mit der Brandenburger Politikerin Klara Geywitz kandidierte.
Diesmal sei aus seiner Sicht keine Mitgliederbefragung nötig, machte
Noch-Parteichef Walter-Borjans klar. Schließlich bleibe Esken an Bord und repräsentiere das Mitgliedervotum von 2019. Es gilt als unwahrscheinlich – wenn auch nicht ausgeschlossen, dass sich vor dem Parteitag noch weitere aussichtsreiche Kandidaten für den Parteivorsitz melden.
Ob der Wechsel an der SPD-Spitze Auswirkungen auf das Personaltableau der Koalitionsverhandlungen haben wird, ist unklar. WalterBorjans hatte in seiner Rücktrittserklärung deutlich gemacht, dass die Parteivorsitzenden auch künftig nicht in der Regierung vertreten sein