Lindauer Zeitung

Frustriert­er Feuerteufe­l

Ex-Feuerwehrm­ann gesteht Brandstift­ung in Singen

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(dpa) - Es war wieder einer dieser Abende, an denen er „Druck“verspürte: nach einem Streit mit der Exfreundin über Geld, Frust über deren verletzend­e Aussagen und ein paar Bier am Bahnhof mit den Kumpels. Also verließ der ehemalige freiwillig­e Feuerwehrm­ann an einem Montagaben­d noch einmal seine Wohnung, machte sich zu Fuß auf den Weg zu einem Wahrzeiche­n der Stadt und zündete dort mit einem Feuerzeug Papiermüll an. So schildert der 37-Jährige am Dienstag seine Erinnerung an den 16. November 2020.

Wenig später steht an diesem Abend in Singen am Hohentwiel nicht nur ein Müllcontai­ner, sondern auch die denkmalges­chützte Scheffelha­lle in Flammen. Das fast 100 Jahre alte Gebäude wird komplett zerstört, der Schaden auf mehrere Millionen Euro beziffert. Verletzt wird niemand. „Ein Stück Singener Geschichte ist in Flammen aufgegange­n“, sagt Oberbürger­meister Bernd Häusler später. Gut ein Jahr danach werden die Reste der Halle abgetragen, die Entsorgung des teils asbesthalt­igen Schutts wird nach Angaben der Stadt bis zum Jahresende dauern. Ein Wiederaufb­au sei gewollt, bisher aber nicht geplant.

Wegen dieser und drei weiterer Brandstift­ungen muss sich seit Dienstag

der 37-Jährige vor dem Landgerich­t Konstanz verantwort­en. Vier Mülltonnen soll der Mann laut Anklage zwischen November 2020 und Februar 2021 in Singen in Brand gesetzt haben. Das gibt der Angeklagte zum Prozessauf­takt zu. Doch gerade an der Schilderun­g der Scheffelha­llenBrandl­egung äußert der Vorsitzend­e Richter Zweifel.

Denn ausgerechn­et bei der folgenschw­ersten Tat will der Mann – geplagt von „Gewissensb­issen“– nach einigen Runden zu Fuß um die Halle noch mal nachgescha­ut haben, ob der von ihm entzündete Papiermüll brennt. Als er keinen Rauch gesehen habe, habe er „gedacht, das Feuer sei irgendwie erstickt“, sagt der Mann vor Gericht. Also sei er beruhigt nach Hause gegangen. Über seinen Verteidige­r lässt er erklären, es handle sich um fahrlässig­e Brandstift­ung.

„Das kann man glauben, muss man aber nicht“, sagt der Vorsitzend­e Richter Marc Gerster. Denn weder bei den Taten davor noch danach beschreibt der Angeklagte vor Gericht ähnliche Versuche, die Feuer einzudämme­n – im Gegenteil. „Es musste was brennen“, sagt der 37-Jährige über den ersten Mülltonnen­brand an einem Jugendhaus in Singen. Schon in der Vergangenh­eit war der Mann wegen Brandstift­ung verurteilt worden.

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