Corona-Lage macht Bayern erneut zum Katastrophengebiet
Landesweit sind 91 Prozent der Intensivbetten belegt – Ministerpräsident Söder fordert eine partielle Impfpflicht
(dpa) - Die Corona-Krise in Bayern spitzt sich immer weiter zu. Angesichts der dramatisch steigenden Infektionszahlen gilt in Bayern von Donnerstag an erneut der landesweite Katastrophenfall. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) habe aufgrund „der aktuellen besorgniserregenden Situation in der Corona-Pandemie die Feststellung des Katastrophenfalls ab dem 11. November 2021 angeordnet“, teilte die Staatskanzlei am Mittwoch in München mit. Kurz zuvor hatte Söder dies auch in einer Sitzung der CSU-Landtagsfraktion angekündigt.
Die Feststellung des Katastrophenfalls ermöglicht eine koordinierte und strukturierte Vorgehensweise aller im Katastrophenschutz mitwirkenden Behörden, Dienststellen und Organisationen. Der Katastrophenfall wurde in der CoronaPandemie bereits am 9. Dezember des Vorjahrs ausgerufen, er wurde erst am 4. Juni wieder aufgehoben.
Das Coronavirus bringt die Behörden und Krankenhäuser im Freistaat längst wieder an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Besonders viele Neuinfizierte
gibt es im Landkreis RottalInn im Südosten Bayerns. „Die Lage ist dramatisch“, sagt Landrat Michael Fahmüller (CSU). Sein Landkreis lag am Mittwoch laut Robert-Koch-Institut (RKI) bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 1104,3 – und damit bundesweit an der Spitze.
In mehr als der Hälfte der 96 bayerischen Kreise und größeren Städte waren am Mittwoch weniger als zehn Prozent der Intensivbetten frei, wie aus dem Divi-Intensivregister hervorgeht. 21 Kommunen meldeten, die Intensivstationen seien voll belegt. Landesweit waren 653 Covid-Patienten in Intensivbehandlung – gut 130 mehr als vor einer Woche und rund doppelt so viele wie noch vor drei Wochen. Im landesweiten Schnitt sind knapp 91 Prozent der Intensivbetten belegt.
Experten in Krankenhäusern machen dafür unter anderem die unterdurchschnittliche Impfquote in Bayern verantwortlich. Bei den vollständig Immunisierten lag sie mit Stand vom Mittwochvormittag bei 65,2 Prozent. Im Landkreis Rottal-Inn waren es nach Zahlen vom 6. November sogar nur 52,9 Prozent. Bundesweit sind derzeit 67,3 Prozent der Gesamtbevölkerung geimpft.
Söder forderte einen Notfallplan von SPD, Grünen und FDP – und eine Impfpflicht für bestimmte Berufe. Die Lage sei höchst besorgniserregend, Corona sei „mit aller Macht zurück“, sagte er. „Es droht ein schlimmer Corona-Winter. Das, was in einigen Bundesländern stattfindet, ist nur der Vorläufer für das ganze Land“, warnte der CSU-Chef. „Deshalb der dringende Appell an die künftige Bundesregierung, ihr bisheriges Corona-Paket massiv nachzuschärfen.“
„Masken, Abstand halten, 3G und auch 2G sind ordentliche Instrumentarien. Aber es könnte sein, dass sie nicht reichen“, sagte Söder. „Wir brauchen für den Winter einen Notfallplan, der im Fall der Fälle aktiviert werden kann. Mit den bisherigen Maßnahmen werden wir exorbitant steigende Wellen allein nicht brechen können. Am Ende wäre dann der Staat wehrlos gegenüber Corona. Deswegen: Die neue Ampel darf das Land und die Bürger nicht alleinlassen.“
Zudem forderte Söder eine partielle Impfpflicht, insbesondere für bestimmte Berufsgruppen. „Das ist dringend notwendig, mindestens in sensiblen Bereichen, beispielsweise in Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern.“Massiv vorangetrieben werden müssten auch die Booster-Impfungen. „Das wird nur gehen, indem der Geimpftenstatus nach neun Monaten verfällt, wie schon in Österreich.“Die Impfzentren müssten bundesweit reaktiviert werden. „Und es reicht nicht, nur die über 70-Jährigen noch mal zu impfen. Jeder muss die Möglichkeit haben.“