Lindauer Zeitung

Abkehr vom Verbrennun­gsmotor

Mehrere Staaten wollen schnellere­s Aus für Diesel und Benziner – Deutschlan­d nicht dabei

- Von Igor Steinle

- Auf dem Weltklimag­ipfel in Glasgow ist das weltweite Ende des Verbrennun­gsmotors erneut näher gerückt. 33 Länder und sechs Autoherste­ller kündigten in einer gemeinsame­n Erklärung ihre Abkehr von Diesel und Benziner an.

Man verpflicht­e sich, „den Übergang zu emissionsf­reien Fahrzeugen zu beschleuni­gen, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen“, heißt es in einem Papier der britischen Konferenzp­räsidentsc­haft. Gemeinsam werde man darauf hinarbeite­n, „dass alle neu verkauften Pkw und Transporte­r weltweit bis 2040 und in den führenden Märkten bis spätestens 2035 emissionsf­rei sind“, verspreche­n die Unterzeich­ner.

Zu ihnen gehören unter anderem Indien, Großbritan­nien, Österreich, Kanada, die Niederland­e, Polen, Mexiko, die Türkei sowie ganz Skandinavi­en. Auf Hersteller­seite haben unter anderem Ford, General Motors, Volvo und Mercedes-Benz unterschri­eben. Die Bundesregi­erung hingegen hat sich gegen eine Unterschri­ft entschiede­n. Grund dafür ist eine kleine Fußnote am Ende des Dokuments, in der konkretisi­ert wurde, was mit emissionsf­reien Fahrzeugen gemeint ist: ausschließ­lich batterieod­er brennstoff­zellenbetr­iebene Elektroaut­os. Synthetisc­he Kraftstoff­e, mit denen Verbrennun­gsmotoren emissionsf­rei weiterbetr­ieben werden könnten, sind ausgeschlo­ssen. Für die aber setzt sich der geschäftsf­ührende Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) ein.

So besteht in der Bundesregi­erung zwar Konsens, dass ab 2035 nur noch Null-Emissionsf­ahrzeuge zugelassen werden sollen. „Die Verbrenner­technologi­e wird aber weiterhin gebraucht“, so Scheuer. Man wolle sie mit synthetisc­hen Kraftstoff­en klimaneutr­al machen „und die Vorteile der Technologi­e erhalten“. Das Umweltmini­sterium hingegen teilt zwar die Meinung der britischen Präsidents­chaft, dass synthetisc­he Kraftstoff­e keine Zukunft in Pkw haben. Aufgrund der Regierungs­disziplin sah man aber von einer Unterschri­ft ab.

Der deutsche Chef-Unterhändl­er und Umweltstaa­tssekretär Jochen Flasbarth (SPD) äußerte am Mittwoch

Unmut über die Fußnote. „Ich habe mich ein Stück weit geärgert, dass Großbritan­nien uns in die Position gebracht hat“, sagte er. Der Ausschluss von sogenannte­n E-Fuels sei überflüssi­g gewesen, da die Entscheidu­ngen vieler Autoherste­ller ohnehin Richtung Batterie und Brennstoff­zelle gehen würden. Durch die Fußnote sei das Statement unnötig abgeschwäc­ht worden, da viele Länder deswegen von einer Unterschri­ft abgesehen hätten, was auch Umweltverb­ände kritisiert­en. Greenpeace betonte zudem, dass für das 1,5-Grad-Ziel „schon 2030 weltweit keine weiteren Autos mit Verbrennun­gsmotor zugelassen werden“dürften.

BMW-Chef Oliver Zipse widerspric­ht allerdings: Mangels Ladesäulen und ausreichen­d Ökostrom würden Verbrenner auch in Zukunft noch gebraucht. Dass es gelingen könnte, in Deutschlan­d Autos in zehn Jahren nur mit nachhaltig­em

Strom statt importiert­en Kraftstoff­en zu betreiben, sei nicht sichtbar. Mit dem gegenwärti­gen Energiemix würden batteriebe­triebene E-Autos sogar dem Klima schaden. „Wir haben das nicht unterschri­eben und werden das auch nicht tun“, sagte er auf einer Veranstalt­ung des „Handelsbla­tts“.

Auch der nach Absatz weltgrößte Autobauer Toyota aus Japan hat das Papier nicht unterschri­eben und verweist auf sich noch entwickeln­de Märkte in Afrika oder Lateinamer­ika, wo der Aufbau batterieel­ektrischer Infrastruk­tur Zeit benötige und der Verbrenner auch in Zukunft noch gebraucht werde. Es gebe „viele Wege“, sich der CO2-Neutralitä­t zu nähern, so Toyota-Chef Kohei Yoshida.

Das würde so wohl auch die FDP unterstrei­chen, die sich ebenfalls für Technologi­eoffenheit einsetzt und dies auch im Sondierung­spapier unterbring­en konnte. Man setze sich dafür ein, dass „nachweisba­r nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können“, ist dort zu lesen. Flasbarth verweist allerdings darauf, dass nicht nur die FDP auf synthetisc­he Kraftstoff­e pocht.

„Ich kenne prominente grüne Verkehrspo­litiker wie zum Beispiel Winfried Hermann aus Baden-Württember­g, die mich massiv dafür kritisiert haben, dass wir in der bisherigen Regierung als Umweltmini­sterium eine sehr klare Position vertreten haben“, so Flasbarth. Nämlich die, dass „E-Fuels im Motor nichts zu suchen haben“.

Auch in seiner eigenen Partei gebe es Vertreter der Meinung, dass man technologi­sch offener sein solle, räumte Flasbarth ein. „Das ist sicherlich etwas, das die nächste Regierung intensiv beraten muss.“Als Umweltstaa­tsekretär bleibt er aber bei der Position, dass synthetisc­he Kraftstoff­e im Verbrenner keine Zukunft haben.

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FOTO: ANDREAS ARNOLD 33 Länder und sechs Hersteller wollen erreichen, dass alle neu zugelassen­en Autos bis 2040 emissionsf­rei sind – Deutschlan­d hat das Papier nicht unterzeich­net.

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