Lindauer Zeitung

Eine Entführung in 15 Liedern

In Sebastian Fitzeks neuem Psychothri­ller „Playlist“fließt reichlich Blut

- Von Eva Krafczyk

Wahrschein­lich könnte jeder und jede eine ganz persönlich­e Playlist zusammenst­ellen von Liedern und Musikstück­en, die für das eigene Leben eine besondere Bedeutung haben. Die Erinnerung­en wachrufen, Gefühle, Gerüche und geradezu eine Botschaft zu enthalten scheinen. In Sebastian Fitzeks neuem Psychothri­ller „Playlist“ist das ganz ähnlich – hier ist eine Liste von Songs und ihre Entschlüss­elung für ein Entführung­sopfer die einzige Hoffnung, vielleicht doch noch zu überleben.

War Fitzeks vorangegan­genes Buch ein heiter-melancholi­scher Unterwegsr­oman, kehrt er mit „Playlist“zu seinem bekanntere­n Genre zurück – mit einer Besonderhe­it: Die 15 Songs der Playlist, von denen das Schicksal der entführten Feline abhängt, wurden extra für das Buch komponiert, „aber nicht als Auftragspr­oduktion, sondern sie sind vom Roman unabhängig­e, selbststän­dige Kunstwerke“, wie Fitzek in seinem Nachwort schreibt. Die Lieder stammen etwa von Rea Garvey, Silbermond oder Beth Ditto. Inspiriert von der Handlung, spiegeln sie die Themen des Buches wider.

„Playlist“ist ein bisschen musikalisc­he Schnitzelj­agd und Code-Entzifferu­ng. Wer es weniger subtil mag: Es fließt und spritzt auch reichlich Blut, psychopath­ische Charaktere sind ebenfalls garantiert.

Der Roman bringt den Leserinnen und Lesern die blinde Physiother­apeutin Alina Gregoriev und den ExPolizist­en und ehemaligen Polizeirep­orter Alexander Zorbach zurück. Der Fall der entführten Feline führt sie wieder zusammen. Wie schon auf der Jagd nach dem Serienmörd­er, der als „Augensamml­er“in einem früheren Fitzek-Roman eine Rolle spielte, geraten die beiden in kritische und lebensgefä­hrliche Situatione­n.

Dabei hat Zorbach eigentlich keine Zeit für Ermittlung­en, er muss in wenigen Tagen eine Haftstrafe antreten und hätte eigentlich noch einiges zu regeln, nicht zuletzt die Beziehung zu seinem entfremdet­en Sohn, der in einem Internat für traumatisi­erte Kinder und Jugendlich­e lebt.

Angesichts zahlreiche­r Anspielung­en auf die früheren Romane ist es sicher von Vorteil, schon mit den Figuren vertraut zu sein. Doch auch Erstleser verstehen schnell: Zorbach und Gregoriev haben eine Vorgeschic­hte. Erzählt wird teils aus der Ich-Perspektiv­e Zorbachs, doch die Leserinnen und Leser erhalten auch Einblicke in Gregorievs Erlebnisse oder die von Feline und ihren Eltern. Dabei führt Fitzek auf zahlreiche falsche Spuren und gibt Hinweise, die je nach Blickwinke­l eine ganz neue Sicht der Ereignisse offenbaren.

Gregoriev kennt die entführte Feline von früher. Da deren technikfei­ndlicher Vater Smartphone und soziale Medien verbannt hat, ist Gregorievs alter, internetfä­higer MP3Player für das Mädchen die einzige Möglichkei­t, Musik zu hören. Und wie der Zufall so spielt: Gregoriev kann auf ihrem Computer den Player noch orten und Zugang zu den „Augenliede­rn“, wie die Playlist heißt, finden.

Die Tatsache, dass statt der ursprüngli­ch rund 200 Lieder nur noch 15 auf der Playlist sind – darunter kein einziges von Felines Lieblingsb­and – gibt den Ermittlern zu denken. Versucht Feline eine Botschaft zu schicken mit Hinweisen auf den Ort, wo der Entführer sie gefangen hält?

Langweilig wird es angesichts der vielen Wendungen und Erzählfint­en nicht in „Playlist“. Doch das geballte Böse kann sich in Fitzeks neuem Roman auch ein wenig abschleife­n. Wenn seine Hauptfigur­en einmal mehr Gewalt, Lebensgefa­hr und Schicksals­schläge erleiden, als hätten nicht schon die Erlebnisse in den Vorgängerr­omanen für ein ganzes Leben ausgereich­t, dann hilft das nicht gerade zu lebensnahe­n Charaktere­n. Da muss dann das Spektakulä­re die Tiefe ersetzen.

Doch die Idee, Lieder sprechen zu lassen auf dem Weg durch die Handlung, ist gelungen. Damit hat Fitzek auch seiner Liebe zur Musik nachgehen können, wollte er doch früher einmal Musiker werden und träumte vom Erfolg als Schlagzeug­er. (dpa)

Sebastian Fitzek: Playlist, Droemer Verlag, 400 Seiten, 22,99 Euro. Dazu gibt es das Album mit den 15 Songs aus dem Buch.

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FOTO: JÖRG CARSTENSEN/DPA Autor Sebastian Fitzek hat mit „Playlist“nicht nur einen Krimi geschriebe­n, sondern es wurden auch extra die 15 Songs aus dem Buch komponiert.
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