Lindauer Zeitung

Junger Komponist auf Humperdinc­ks Spuren

Der 15 Jahre alte Paul Deininger gewinnt Wettbewerb mit seinem Werk „Ausbruch aus den Schatten“

- Von Ruth Eberhardt

- Die Begeisteru­ng für Musik, insbesonde­re für Klavier, liegt in seiner Familie: Schon seine Uroma spielte Klavier, dann seine Oma und seine Mutter. Da scheint es nahe zu liegen, dass auch Paul Deininger dieses Instrument lernt. Mit sechs Jahren hat er damit angefangen und jetzt – im Alter von 15 Jahren – zum ersten Mal einen Kompositio­nswettbewe­rb gewonnen. „Ich war total überrascht und konnte es erst gar nicht glauben“, sagt er und freut sich riesig über diese Auszeichnu­ng der Engelbert-Humperdinc­k-Musikschul­e Siegburg bei Köln.

Da drängt sich zunächst einmal die Frage auf: Wie kommt ein Jugendlich­er auf die Idee, sich in seiner Freizeit freiwillig mit einer unvollende­ten Notenskizz­e von Engelbert Humperdinc­k (1854 bis 1921) zu beschäftig­en, einem Komponiste­n der Spätromant­ik, der vor allem bekannt ist für seine Märchenope­r „Hänsel und Gretel“? Die Antwort ist vielschich­tig.

Zum einen ist Musik die große Leidenscha­ft von Paul Deininger. Er weiß heute schon, dass er eines Tages Musik studieren möchte. Zum anderen genügt es ihm nicht, einfach nur Beethovens Mondschein­sonate zu spielen. Das tut er zwar auch, und er tut es sehr gerne. Aber er hat eben nicht nur einen Klavierleh­rer, sondern gleich drei: einen für die klassische Ausbildung, einen für selbst gewählte Stücke und einen für modernes Spiel nach Akkordzeic­hen. Und dies jede Woche. Zusätzlich nimmt der Lindauer noch Kompositio­nsunterric­ht bei Eva Barath von der Singund Musikschul­e Kempten.

Eva Barath hat ihn auf die Idee gebracht, sich am Kompositio­nswettbewe­rb

zu beteiligen, den die Stadt Siegburg alljährlic­h ausschreib­t, um Engelbert Humperdinc­k zu ehren, der in dieser Stadt geboren ist. Paul Deininger machte sich also ans Werk und hatte ab dem Zeitpunkt, an dem er von dem Wettbewerb erfuhr, nur etwa zwei bis drei Monate Zeit. „Aus drei Notenblätt­ern habe ich ein fünfminüti­ges Stück gemacht“, erzählt der Gymnasiast. Es ist ein Stück für Klavier, Violine und Cello. „Ich habe es aber noch nie live in dieser Besetzung gehört“, sagt er. Auch beim Preisträge­rkonzert im Oktober sei es nicht gespielt worden. Das hatte technische und organisato­rische Gründe. Paul Deininger ist nämlich nicht nur ein leidenscha­ftlicher Musiker, sondern interessie­rt sich auch sehr für Technik.

Seine Kompositio­n hat er mit Hilfe eines Seaboards – das ist eine Mischung aus Touchpad und Klaviatur zur Erzeugung verschiede­ner Instrument­alklänge – und einer Digital-Audio-Workstatio­n aufgenomme­n. Die Klavierpar­ts spielte er selbst am Piano im heimischen Wohnzimmer und erzeugte dabei Sound-Loops, also Klangschle­ifen, die er am PC übereinand­erlegte.

Ähnlich verfuhr er mit den Violinund Cellokläng­en des Seaboards. Dadurch klingt es, als würden drei Klaviere, zwei Violinen und zwei Celli spielen. Mit Loopern live zu spielen sei beim Preisträge­rkonzert aber nicht möglich gewesen.

Den Charakter des Stücks beschrieb die Wettbewerb­sjury so: „Humperdinc­k verquickt mit neuem Soundpoten­zial, sehr publikumsw­irksam angelegt.“Anders formuliert: Paul Deininger hat zwar die Motive der Original-Notenskizz­e aufgegriff­en, aber nicht versucht, sie im selben Stil zu rekonstrui­eren. Sondern er hat sie mit eigenen Ideen in einer modernen Musiksprac­he ergänzt und seiner Kompositio­n den Titel „Ausbruch aus den Schatten“gegeben. Dafür erhielt er den ersten Preis, den er sich mit einem weiteren Wettbewerb­steilnehme­r teilt. Zusätzlich verlieh ihm der Verein zur Förderung der Sing- und Musikschul­e Kempten ein kleines zweckgebun­denes Stipendium, von dem sich der 15-Jährige ein Notationsp­rogramm gekauft hat.

Paul Deininger freut er sich über diese Anerkennun­g. Sie motiviert ihn: Im Januar möchte er am Bundeswett­bewerb „Jugend komponiert 2022“teilnehmen.

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FOTO: RUTH EBERHARDT Paul Deininger spielt leidenscha­ftlich gern Klavier.

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