In der Stiftskirche gibt es viele verborgene Schätze
Ein Vortrag Winfried Schlegels offenbart Erstaunliches
- Die Stiftskirche auf der Insel birgt jede Menge Schätze. Allerdings liegen viele davon im Verborgenen, im Versteckten oder sie sind gleich gänzlich unbekannt. Der Lindauer Winfried Schlegel hat mit seinem gleichnamigen Vortrag beim historischen Verein zahlreichen Interessierten die Augen geöffnet und deren Blick auf die kleinen Besonderheiten der prächtigen Barockkirche gelenkt. Nur auf die Frage, warum die Stiftskirche 2002 zum Münster avancierte, wusste der ausgewiesene Stiftskirchenexperte keine Antwort.
Die Stiftskirche ist mit ihrer evangelischen Schwester, dem Hafen und dem Alten Rathaus eine der Lindauer Sehenswürdigkeiten schlechthin. Zusammen mit der Stephanskirche prägt sie das Stadtbild und ihr Anblick bei der Fahrt über den Schönbühl lässt die Herzen heimkehrender Lindauer höher schlagen. Ihre barocke Pracht verschlägt so manchem Besucher den Atem.
Doch hinter dem Sichtbarem, dem Offensichtlichem, steckt so manches Unbekannte. Denn wer ahnt schon, dass die Maria, die hoch oben, aus der Nische des südlichen Querschiffs hinüber zum ehemaligen Damenstift grüßt ebenso wie der Erzengel Michael im nördlichen Quergiebel, gar nicht die originalen, von 1750 stammenden Figuren sind? Die mussten nämlich, arg vom Taubendreck der Jahrhunderte in Mitleidenschaft gezogen, 1960 abgenommen werden. 30 Jahre später erst ließ der damalige Stadtpfarrer Steiner die Figuren nachmachen und an die Stelle der Vorgänger setzen. Die Originale gehören mittlerweile dem Kulturamt und das, so erklärte Schlegel, lasse sie derzeit und auch mit einer Spende der Münstergemeinde, restaurieren. Am Ende und wenn das
Museum dann fertig renoviert ist, sollen diese Figuren einen Platz im neuen Museum erhalten.
Mehr Unbekanntes noch als außen verbirgt sich im Inneren der Kirche. Skurill ist dabei, dass sich immer wieder Künstler in ihren Malereien „versteckt“haben. So hat sich der fürst-bischöfliche Hofmaler Franz Georg Herrmann 1752 im östlichen Altarbild der Anbetung der drei Weisen verewigt. Und zwar als Diener, der auf eine Säule klettert, um einen Blick auf das Jesuskind zu werfen. Und auch der Münchner Künstler Waldemar Kolsperger, der 1925 das durch einen Brand des Dachstuhls zerstörte Deckengemälde „Maria Himmelfahrt“restaurierte, hat sich als Evangelist Matthäus in der Apostelgruppe am östlichen Bildrand mit einem Selbstbildnis ein heimliches Denkmal gesetzt.
Nicht immer zugänglich sind die Querschiffe der Kirche. Dabei verstecken sich auch hier einige sehenswerte Schätze. Im südlichen Querschiff etwa, dem Wasserburger Winkel, gibt es ein Bild, das eine Taufgruppe darstellt.
Allerdings ist auch dies kein Original aus der Barockzeit, sondern eine „Fälschung“aus neuer Zeit. Das echte wurde 1910 gestohlen.
Interessante Einblicke gewähren hier auch die Fenster. Etwa das mit dem bayerischen Wappen, das an Kronprinz Ludwig und dessen Ehefrau erinnert. Oder jenes von Erzherzog Ferdinand von Toscana, im „Aeschacher Winkel“. „Die Angehörigen des Adels haben sich stets als große Wohltäter unserer Kirche erwiesen“, betonte Schlegel.
Im Gegensatz zu diesen prächtigen Fenstern gänzlich verborgen, versteckt und damit unbekannt, weil unter Verschluss, ist eines der wertvollsten Stücke, das die Stiftskirche besitzt. Es ist ein Kreuzpartikel von 1492. Im Querbalken sind drei Glasmedaillons angebracht, die wiederum drei Reliquien beinhalten. Eine davon ist ein Holzspan vom Kreuz Christi.
Was es allerdings damit auf sich hat, dass 2002 die Stiftskirche zum Münster aufgestiegen ist, das konnte selbst Winfried Schlegel nicht beantworten. Sei doch die Stiftskirche, so klärte er auf, über Jahrhunderte hinweg die Kirche des adeligen, freiweltlichen Damenstifts gewesen. Weswegen er amüsiert die Achseln zuckte und bekannte: „Fragen Sie mich nicht wieso und warum.“