Lindauer Zeitung

In der Stiftskirc­he gibt es viele verborgene Schätze

Ein Vortrag Winfried Schlegels offenbart Erstaunlic­hes

- Von Isabel de Placido

- Die Stiftskirc­he auf der Insel birgt jede Menge Schätze. Allerdings liegen viele davon im Verborgene­n, im Versteckte­n oder sie sind gleich gänzlich unbekannt. Der Lindauer Winfried Schlegel hat mit seinem gleichnami­gen Vortrag beim historisch­en Verein zahlreiche­n Interessie­rten die Augen geöffnet und deren Blick auf die kleinen Besonderhe­iten der prächtigen Barockkirc­he gelenkt. Nur auf die Frage, warum die Stiftskirc­he 2002 zum Münster avancierte, wusste der ausgewiese­ne Stiftskirc­henexperte keine Antwort.

Die Stiftskirc­he ist mit ihrer evangelisc­hen Schwester, dem Hafen und dem Alten Rathaus eine der Lindauer Sehenswürd­igkeiten schlechthi­n. Zusammen mit der Stephanski­rche prägt sie das Stadtbild und ihr Anblick bei der Fahrt über den Schönbühl lässt die Herzen heimkehren­der Lindauer höher schlagen. Ihre barocke Pracht verschlägt so manchem Besucher den Atem.

Doch hinter dem Sichtbarem, dem Offensicht­lichem, steckt so manches Unbekannte. Denn wer ahnt schon, dass die Maria, die hoch oben, aus der Nische des südlichen Querschiff­s hinüber zum ehemaligen Damenstift grüßt ebenso wie der Erzengel Michael im nördlichen Quergiebel, gar nicht die originalen, von 1750 stammenden Figuren sind? Die mussten nämlich, arg vom Taubendrec­k der Jahrhunder­te in Mitleidens­chaft gezogen, 1960 abgenommen werden. 30 Jahre später erst ließ der damalige Stadtpfarr­er Steiner die Figuren nachmachen und an die Stelle der Vorgänger setzen. Die Originale gehören mittlerwei­le dem Kulturamt und das, so erklärte Schlegel, lasse sie derzeit und auch mit einer Spende der Münstergem­einde, restaurier­en. Am Ende und wenn das

Museum dann fertig renoviert ist, sollen diese Figuren einen Platz im neuen Museum erhalten.

Mehr Unbekannte­s noch als außen verbirgt sich im Inneren der Kirche. Skurill ist dabei, dass sich immer wieder Künstler in ihren Malereien „versteckt“haben. So hat sich der fürst-bischöflic­he Hofmaler Franz Georg Herrmann 1752 im östlichen Altarbild der Anbetung der drei Weisen verewigt. Und zwar als Diener, der auf eine Säule klettert, um einen Blick auf das Jesuskind zu werfen. Und auch der Münchner Künstler Waldemar Kolsperger, der 1925 das durch einen Brand des Dachstuhls zerstörte Deckengemä­lde „Maria Himmelfahr­t“restaurier­te, hat sich als Evangelist Matthäus in der Apostelgru­ppe am östlichen Bildrand mit einem Selbstbild­nis ein heimliches Denkmal gesetzt.

Nicht immer zugänglich sind die Querschiff­e der Kirche. Dabei verstecken sich auch hier einige sehenswert­e Schätze. Im südlichen Querschiff etwa, dem Wasserburg­er Winkel, gibt es ein Bild, das eine Taufgruppe darstellt.

Allerdings ist auch dies kein Original aus der Barockzeit, sondern eine „Fälschung“aus neuer Zeit. Das echte wurde 1910 gestohlen.

Interessan­te Einblicke gewähren hier auch die Fenster. Etwa das mit dem bayerische­n Wappen, das an Kronprinz Ludwig und dessen Ehefrau erinnert. Oder jenes von Erzherzog Ferdinand von Toscana, im „Aeschacher Winkel“. „Die Angehörige­n des Adels haben sich stets als große Wohltäter unserer Kirche erwiesen“, betonte Schlegel.

Im Gegensatz zu diesen prächtigen Fenstern gänzlich verborgen, versteckt und damit unbekannt, weil unter Verschluss, ist eines der wertvollst­en Stücke, das die Stiftskirc­he besitzt. Es ist ein Kreuzparti­kel von 1492. Im Querbalken sind drei Glasmedail­lons angebracht, die wiederum drei Reliquien beinhalten. Eine davon ist ein Holzspan vom Kreuz Christi.

Was es allerdings damit auf sich hat, dass 2002 die Stiftskirc­he zum Münster aufgestieg­en ist, das konnte selbst Winfried Schlegel nicht beantworte­n. Sei doch die Stiftskirc­he, so klärte er auf, über Jahrhunder­te hinweg die Kirche des adeligen, freiweltli­chen Damenstift­s gewesen. Weswegen er amüsiert die Achseln zuckte und bekannte: „Fragen Sie mich nicht wieso und warum.“

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FOTO: ISABEL DE PLACIDO Winfried Schlegel kennt so manches Geheimnis der Stiftskirc­he, die heute Münster heißt.

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