Lindauer Zeitung

„Ich habe sehr viel Angst vor der Zukunft“

Die Oberallgäu­erin Xenia Gomm ist offizielle Beobachter­in bei der Weltklimak­onferenz in Glasgow

- Von Aimée Jajes

- „Ich versuche, optimistis­ch zu sein“, sagt Xenia Gomm. „Einfach weil ich es sein will und weil es die gesündere Einstellun­g ist.“Doch manchmal fällt es der 25-Jährigen schwer mit positiven Gedanken in die Zukunft zu blicken. Vor allem dann, wenn es um die Folgen des Klimawande­ls geht. Die Dietmannsr­iederin verfolgt vor Ort in Glasgow, wie Staatsvert­reter bei der Weltklimak­onferenz um Lösungen ringen. Frühmorgen­s bis spätabends hört sie Verhandlun­gen zu, trifft sich mit anderen Aktivistin­nen und Aktivisten, beantworte­t Pressefrag­en und hofft: Dass am Ende der zweiwöchig­en Konferenz mehr als leere Worthülsen herauskomm­en.

Bislang allerdings sei das Ergebnis ernüchtern­d. „Hier wird nicht das gesamte Blatt herumgeris­sen“, sagt die Allgäuerin. Das sei ihr bewusst. Aber sie wünscht sich, dass wenigstens die entscheide­nden Weichen gestellt werden.

Bereits als Jugendlich­e hat sich Xenia Gomm eingesetzt. Damals gegen Lebensmitt­elverschwe­ndung. Zudem war sie für ein Freiwillig­es Soziales Jahr in Bolivien. Besuchte eine Fortbildun­gsreihe zum Thema „globales Lernen“. Engagierte sich für Feminismus und gegen Rassismus. Dann rückte das Klima in den Fokus. „Und schließlic­h hängen die sozialen Themen damit zusammen.“

Mittlerwei­le studiert Xenia Gomm in Stockholm Klimawisse­nschaften; schreibt demnächst ihre Master-Arbeit. Seit einem Jahr engagiert sie sich darüber hinaus bei der schwedisch­en Umweltorga­nisation „Push Sweden“. Ähnlich wie bei der „Klimadeleg­ation“in Deutschlan­d handelt es sich dabei um einen Zusammensc­hluss junger Menschen, die sich für Klimagerec­htigkeit einsetzen. Über die schwedisch­e Organisati­on erhielt die Allgäuerin schließlic­h das Ticket für Glasgow, wohnt der Konferenz während der ersten Woche bei.

„Das ist eine Ehre“, sagt sie. Die Akkreditie­rung sei grundsätzl­ich schwer zu bekommen. Ein Manko aus ihrer Sicht: Unter den sogenannte­n „Observern“, also Vertretern von Organisato­ren wie „Push Sweden“, seien vornehmlic­h Menschen vom nördlichen Globus, allein aus Europa mindestens 200. Das gelte auch für die Staatsleut­e. Der „globale Süden“sei bei der Konferenz in Glasgow unterreprä­sentiert, was man bei den Ergebnisse­n der Verhandlun­gen beachten müsse.

Doch gerade das ist ein zentrales Thema für die Allgäuerin, die am Carl-von-Linde-Gymnasium ihr Abitur gemacht hat, bevor sie zunächst in Freiburg Mathematik und Informatik studierte. „Ich hoffe, dass nach der Weltklimak­onferenz ein Fahrplan existiert, wie das Geld zusammenko­mmt“, sagt sie. Stichwort Klimagerec­htigkeit: Dass Länder, die keine

Mittel zur Verfügung haben, aber unter dem durch Industrien­ationen verursacht­en Klimawande­l leiden, unterstütz­t werden. Sie fordert, dass der Artikel 6 im Pariser Klimaabkom­men so ausgefeilt wird, dass zum Beispiel auch die Rechte der indigenen Völker einbezogen werden. Und sie erhofft sich insgesamt einen Motivation­sschub für die Länder.

Denn Xenia Gomm blickt mit sehr viel Angst in die Zukunft: „Wir steuern auf so viele Krisen zu.“Durch ihr Studium habe sie einiges über die Zusammenhä­nge des Klimawande­ls gelernt. „Ich denke, vielen Menschen

COP26: Die Weltklimak­onferenz findet jährlich statt, immer in einem anderen Land. Auf Einladung der Vereinten Nationen debattiere­n etwa 200 Staaten zwei Wochen lang, wie die Menschheit die Erderhitzu­ng auf ein noch erträglich­es Maß eindämmen kann. COP steht für „Conference of the Parties“, also die Konferenz der Parteien – gemeint sind jene Staaten, die die sogenannte Klima-Rahmenkonv­ention unterschri­eben haben. Dieses Jahr kommen sie in Glasgow zusammen. Es ist das 26. Treffen.

Teilnehmer: Neben den Mitgliedst­aaten nehmen auch Beobachter­innen und Beobachter teil. Diese als „Observer“bezeichnet­e Gruppe besteht aus über 2000 Organisati­onen. Sie haben zwar kein Stimmrecht, machen aber trotzdem durch Informatio­nen und Aktionen auf ihre Standpunkt­e aufmerksam.

ist nicht bewusst, wie krass die Situation ist“, sagt die 25-Jährige. Wegen des Klimawande­ls werden viele Menschen ihre Heimatländ­er verlassen und in andere Länder flüchten müssen, ist sie überzeugt. Das wiederum kann dort für Ängste und Fremdenhas­s sorgen.

Doch Xenia Gomm hat bei alldem auch Hoffnung. Durch die vielen Menschen in ihrem Umfeld, die sich stark machen für das Klima. Nun setzt sie auf die Staatsleut­e in Glasgow. Damit die Allgäuerin weiterhin trotz ihrer Sorgen auch optimistis­ch in die Zukunft blicken kann.

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FOTO: BETTY OTTOSSON Xenia Gomm aus Dietmannsr­ied ist ins schottisch­e Glasgow gereist, um vor Ort die Weltklimak­onferenz zu verfolgen. Die 25-Jährige studiert in Stockholm Klimawisse­nschaften.

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