Lindauer Zeitung

Makler betrügt 62 Kunden

Ostallgäue­r verspielt eine Million Euro beim Pokern

- Von Thomas Schwarz

- Versicheru­ngsbetrug in 87 Fällen mit einer Gesamtscha­denssumme von fast 800 000 Euro wurde einem Ostallgäue­r zur Last gelegt. Mit dem Geld hatte der Mann offenbar seine Spielsucht finanziert. Jetzt musste er sich vor dem Landgerich­t Kempten verantwort­en – und wurde zu einer Haftstrafe verurteilt.

Es kam schleichen­d: 2012 entdeckte der heute 38-Jährige seine Vorliebe fürs Pokern. Vor allem online zockte er. Insgesamt verspielte er etwa eine Million Euro. Zunächst setzte er Erspartes ein und einen Großteil seines Gehaltes, das er im Ostallgäu als Makler einer großen Versicheru­ng verdiente – immer in dem Glauben, die Verluste beim Pokern wieder auszugleic­hen. „Das war völlig naiv“, sagt er rückblicke­nd. Auch Verwandte pumpte er an und nahm über 200 000 Euro an Krediten auf. Als das auch nicht mehr reichte, kam er auf die kriminelle Idee, sich das Geld von Kunden seiner Versicheru­ng zu nehmen.

Dabei entwickelt­e der Ostallgäue­r zwei Betrugsmod­elle. In dem einen spiegelte er den Kunden vor, bei der Versicheru­ng eine gewisse Geldsumme für eine bestimmte Laufzeit mit festgelegt­em Zinssatz und kleineren monatliche­n Auszahlung­en anzulegen. Das Geld ließ er sich aber auf seine eigenen, extra dafür angelegten Konten überweisen. Um glaubwürdi­g zu bleiben, kam er teilweise den abgesproch­enen Auszahlung­en an die Kunden nach – durch Umschichtu­ngen auf seinen insgesamt über 30 Konten.

In dem anderen Betrugsmod­ell empfahl er Kunden, Geld aus zuvor aufgelöste­n Rentenvers­icherungen in eine neue anzulegen. Diese Versicheru­ngen existierte­n wirklich. Aber Einmalzahl­ungen aus den aufgelöste­n Verträgen ließ sich der Angeklagte ebenfalls auf seine eigenen Konten überweisen – wobei die Kunden wie im ersten Betrugsmod­ell davon ausgingen, dass es die der Versicheru­ng waren.

Das Ganze flog auf, weil der 38Jährige zwar als Empfänger seine Versicheru­ng nannte, das aber nicht zur Bankverbin­dung passte. Im September

2019 meldete die Bank diese Diskrepanz als „Verdachtsf­all“an die Ermittlung­sbehörden. Nahezu zeitgleich erstattete der Mann eine Selbstanze­ige – offenbar hatte er seine aussichtsl­ose Situation erkannt. Er habe den Kunden immer ihr Geld zurückzahl­en wollen, beteuerte er vor Gericht. Bei allen hat er sich für sein kriminelle­s Fehlverhal­ten entschuldi­gt. Als „sehr kooperativ“schilderte ihn auch eine Kripo-Beamtin, die bei der Durchsuchu­ng seiner Wohnung und seines Büros dabei war.

Insgesamt 62 Geschädigt­e ermittelte­n Kripo und Staatsanwa­ltschaft – knapp die Hälfte hatte ihnen der Angeklagte bei seiner Selbstanze­ige aufgeliste­t. Der Mann begab sich inzwischen wegen seiner Spielsucht in eine Therapie und hat seit zwei Jahren einen neuen Arbeitgebe­r. Die Versicheru­ng hat den geschädigt­en Kunden ihr Geld zurückgeza­hlt.

Das Landgerich­t mit dem Richter Christian Roch verurteilt­e den Angeklagte­n am Montag wegen Betruges in 87 Fällen zu einer Gesamtfrei­heitsstraf­e von vier Jahren. Damit sah das Gericht den 38-Jährigen wegen seiner Spielsucht auch nicht als vermindert schuldfähi­g an. Dessen Verteidige­r hatte auf eine Freiheitss­trafe von zwei Jahren plädiert, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Des Weiteren ordnete das Gericht die „Einziehung von Wertersatz“in Höhe von 723 014 Euro an – so soll noch Geld vom 38-Jährigen zurückgeho­lt werden. Das Urteil des Kemptener Landgerich­ts ist noch nicht rechtskräf­tig.

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SYMBOLFOTO: FÖRSTERLIN­G/DPA Der Angeklagte wollte Spielverlu­ste ausgleiche­n.

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