„Im Nachhinein denke ich: Es ist ein Knochenjob“
Wie sie von Wangen auf den Laufsteg der Berliner Fashionweek kam, erzählt Helen Hold im Interview
(pau) - Sie ist 20 Jahre alt, studiert in Neu-Ulm Informationsmanagement und Unternehmenskommunikation. Im September ist die Wangenerin Helen Hold in Berlin bei der Fashionweek als Model auf dem Laufsteg unterwegs gewesen. Paulina Stumm hat mit ihr über Lieblingsdesigner, unseriöse Agenturen und Ambitionen für die Fernsehshow Germany’s Next Topmodel gesprochen.
Frau Hold, woher kommt Ihr Interesse für Mode?
Ein bisschen von meiner Mama. Ich klaue öfter was aus ihrem Kleiderschrank oder wir teilen uns Sachen. Wir haben dieselbe Schuh- und meistens auch Klamottengröße, das passt gut.
Haben Sie eine Lieblingsdesignerin?
Ich finde Irene Luft toll. Sie macht so ausgefallene Kleider, die würde ich gerne mal anziehen. Viele Promis tragen sie auf dem rotem Teppich.
Für welchen Designer sind Sie bei der Fashionweek gelaufen – und würden Sie das auch im Alltag tragen?
Ich wurde von fünf verschiedenen Designern aus verschiedenen Städten und Ländern gebucht. Das waren nicht so ganz große, ich kannte sie vorher nicht. Aber es waren echt tolle Sachen. Das Brautkleid, in dem könnte ich mir vorstellen zu heiraten. Oder die Mäntel einer anderen Designerin, auch die würde ich privat tragen. Ein tolles Outfit, in dem ich persönlich aber eher nicht rumlaufen würde, war der grüne Blazer mit den Dollarscheinen drauf. Es war auch ein Schmuckdesigner dabei mit ganz ausgefallenen Kreationen.
Erster großer Laufsteg und dann gleich von fünf Designern gebucht...
Ich war überrascht, dass ich von so vielen gebucht wurde. Eine Designerin hat mich sogar kurz vor der Show gefragt, ob ich nicht laufen will, sie hatte noch ein paar mehr Kleider mit und mich vorher laufen sehen. Dabei bin ich eigentlich nicht so in der Laufsteg-Typ. Ich bin zwar schon mal bei regionaleren Modeschauen gelaufen, aber Berlin war schon ein Highlight.
Und ganz praktisch: Wie kommt man als Mädchen aus dem Allgäu auf den Laufsteg der Berliner Fashionweek – Wangen ist nun ja nicht unbedingt als Mode-Metropole bekannt?
Das kam über Instagram (bildreiche Social-Media-Plattform, Anmk. d. Red.). Der Auftakt der Fashionshow wurde von einer Agentur organisiert, und die haben mich dort gesehen und angeschrieben. Jetzt bin ich bei denen unter Vertrag. Die meisten Jobs bekommt man über Agenturen, aber seit ich auf Instagram eine gewisse Reichweite habe, fragen auch Kunden direkt dort nach.
Was hat Sie an der Fashionweek am meisten überrascht?
Ich bin da schon mit einer gewissen Vorstellungen hin, aber im Nachhinein denke ich: Es ist ein Knochenjob. Wer das eine Woche lang von morgens bis abends macht: Hut ab. Man stellt sich das Modelsein immer als Glamourjob vor, aber ich war von früh morgens bis nachts auf den Beinen, wurde geschminkt und angezogen am laufenden Band, ohne g’scheite Mittagspause und es war sehr stressig. Aber trotzdem war es sehr cool, ich habe tolle Leute kennen gelernt aus verschiedenen Städten und Ländern.
Promis?
Naja, ein paar kennt man von Germany’s Next Topmodel (GNTM, Model-Casting-Fernsehshow mit Heidi Klum, Anmk. d. Red.) oder hat sie schon auf Instagram gesehen. Aber ein internationales Topmodel war jetzt nicht dabei.
Apropos GNTM. Haben sie hier Ambitionen?
Ich muss sagen, das reizt mich schon ganz viele Jahre. Es geht dabei ja schon lange nicht mehr darum, das neu Topmodel zu finden. Aber es kann ein Riesenchance für einen Karrieresprung sein, um zwischen all den Vielen, die modeln wollen, herauszustechen. Ob ich aber in die
Show passe, weiß ich nicht, ich bin eher nicht so laut und ecke wenig an.
Zurück zur Fashionweek: Wie viel Diät und Hunger steckt noch in den Modelmaßen?
Auf der Show, wo ich war, war es ok. Man hat schon welche gesehen, wo ich mich gefragt habe, ob das noch gesund ist. Das ändert sich zwar etwas, auch Curvy Models laufen, aber auf den großen Shows sieht man auch ungesunde Figuren. Ich würde dafür nicht gebucht werden. Dafür bin ich fünf Zentimeter zu klein und habe eine zu sportliche Figur, und ich würde mich dafür auch nicht abhungern.
Welche sonst?
Fotoshootings, Werbung für ein Modemagazin, Beautysachen oder für die Bahn – dafür war ich mit einem Bierkrug und einer Weißwurst zu sehen, das hing als Poster in Stuttgart. Ein anderes Mal war ich ein Arbeiter. Es sind also nicht nur glamourös geschminkte Sachen, sondern auch
Aufträge machen
TRAUERANZEIGEN
Sie ganz Normales, was man mal sieht, wenn man durch die Stadt läuft.
Wie sind Sie denn überhaupt zum Modeln gekommen?
Von mir gibt es ganz, ganz unterschiedliche Fotos als Baby und als Kind, für die meine Mutter mich in ganz unterschiedliche Kleider gesteckt hat. Später hat ein Fotograf meine Mutter angesprochen, ob ich nicht als Kindermodel arbeiten will. Das wollte ich aber nicht, ich war sehr schüchtern bis ich so 14, 15 war. Aber das hat sich einfach gewandelt, ich bin offener und selbstbewusster geworden. Dann hat es von ein paar Jahren angefangen, dass ich mehr Bilder auf Instagram gestellt habe und mich bei verschiedenen Agenturen gemeldet habe.
Schon mal Erfahrungen mit unseriösen Agenturen gemacht?
Gott sei Dank nicht. Aber ich bin auch immer ganz vorsichtig und schaue mir sehr genau an, wo ich mitmache und was ich mache. Da muss man, gerade als junge Frau,
echt aufpassen.
Gibt es einen heimlichen ModelTraum-Auftrag?
Ich würde super gerne etwa ins Schauspielern rein: Werbeviedeos oder so, das würde ich gerne mal machen. Das fände ich cool. Ich bin da auch schon dran: Ich habe mir jetzt einen Schauspielworkshop gebucht.
Noch läuft das Modeln ja nebenher, planen Sie, es zum Beruf zu machen?
Mir macht es sehr viel Spaß, aber ich bleibe realistisch. Ich will mich nicht nur darauf fokussieren, die Konkurrenz ist hart. Es ist also nicht das einzige, wo ich mich sehe.
Und was machen Sie so, wenn Sie nicht gerade vor der Kamera posieren?
Das ganz normale Leben: Ich studiere, treffe Freude, gehe mit meinem Hund spazieren. Und ich mache fünf Mal die Woche Leichtathletik. Das hilft für den Kampfgeist und die Kondition auf dem Laufsteg.