Lindauer Zeitung

Kabinett setzt auf 71-Milliarden-Euro-Etat

Klimaschut­z und Digitalisi­erung sind Schwerpunk­te – Corona fordert weiter Tribut

- Von Marco Hadem, Christoph Trost und Michael Donhauser

(dpa) - Die unabsehbar­en Folgen der vierten Corona-Welle zwingen die Bayerische Staatsregi­erung auch im kommenden Jahr zur Aussetzung der in der Verfassung verankerte­n Schuldenbr­emse. In dem am Montag vom Kabinett beschlosse­nen Haushaltse­ntwurf für 2022 mit einem Gesamtvolu­men von 71 Milliarden Euro sind Kreditermä­chtigungen von 5,9 Milliarden Euro vorgesehen. Damit würde die Regierung aber den bereits vom Landtag gebilligte­n Kreditrahm­en zur Bewältigun­g der Pandemie von maximal 20 Milliarden Euro einhalten. Die restlichen 14,1 Milliarden wurden bereits verplant.

„Das zeigt, wir haben sorgsam gewirtscha­ftet“, sagte Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU). Die einzelnen Ministerie­n hätten bei der Aufstellun­g des Etats einen Konsolidie­rungsbeitr­ag von rund 700 Millionen Euro geleistet. Er hoffe, dass dadurch und durch die sich verbessern­de Steuerschä­tzung die wegfallend­en Steuereinn­ahmen ohne neue Kredite ausgeglich­en werden könnten. Der Landtag muss den Entwurf der Staatsregi­erung final beschließe­n. Wegen der Mehrheit von CSU und Freien Wählern ist die Zustimmung sicher.

Zumindest für die Bereiche Klimaschut­z und Digitalisi­erung sieht der Entwurf aber Haushaltsp­osten in Milliarden­höhe vor – so ist etwa das Programm „Klimaland Bayern“mit einer Milliarde Euro hinterlegt. Das Programm ist Teil der vom Kabinett beschlosse­nen Neufassung des Klimaschut­zgesetzes. Die gleiche Summe steht für die Hightech-Agenda zur Verfügung. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) nannte den Haushaltse­ntwurf ein „Gesamtkuns­twerk“, welches seriös und stabil die richtigen Akzente in schwierige­n Zeiten setze. „Die Zeit dreht sich weiter, ob mit oder ohne Corona.“

Wichtige Eckdaten des Etatplans: Größter Posten ist wie in jedem Jahr der Bereich Bildung – insgesamt sind hierfür 24,7 Milliarden Euro vorgesehen. Die Investitio­nsausgaben belaufen sich auf 11,3 Milliarden Euro, damit liegt die Investitio­nsquote bei 15,9 Prozent. Weit mehr als jeder dritte Euro (38,7 Prozent) ist für Personalau­sgaben eingeplant. 10,6 Milliarden Euro sind für den kommunalen

Finanzausg­leich vorgesehen, 7,5 Milliarden Euro für den Bereich Sicherheit und Rechtsschu­tz sowie 5,6 Milliarden Euro für den Gesundheit­sschutz. 4,8 Milliarden Euro fließen in den Sonderfond­s Corona-Pandemie, sind also unter anderem zur Finanzieru­ng der Corona-Tests an Schulen, Impfungen und ähnliches vorgesehen.

Die Steuerschä­tzung: Der Freistaat Bayern darf bis 2023 auf deutlich steigende Steuereinn­ahmen hoffen. Füracker berichtete, bei der November-Steuerschä­tzung sei – verglichen mit der vom Mai – für das laufende Haushaltsj­ahr ein Plus von 2,6 Milliarden Euro prognostiz­iert worden, für 2022 1,9 Milliarden und für 2023 nochmals 1,6 Milliarden Euro. Dank der verbessert­en Steuerschä­tzung können im Haushalt für das kommende Jahr die dennoch vorhandene­n Einnahmeve­rluste wohl ohne neue Schulden ausgeglich­en werden.

Das Klimaschut­zgesetz: Lange Monate waren sich CSU und Freie Wähler bei der Novelle ihres eigenen Klimaschut­zgesetzes nicht einig.

Nun konnten sie sich auf die Neufassung einigen. Zentrales Ziel sei, den Freistaat bis 2040 klimaneutr­al zu machen, sagte Söder. Als Startschus­s sollen 2022 eine Milliarde Euro bereitgest­ellt werden. Zentrale Punkte sind eine Photovolta­ikpflicht für Gewerbedäc­her und der Bau von PVAnlagen entlang von Autobahnen sowie die Aufforstun­g von Wäldern und die Wiedervern­ässung von Mooren. Insgesamt sollen rund 50 neue Maßnahmen die bisherige Klimaschut­zpolitik der Staatsregi­erung ergänzen. Die umstritten­e 10HMindest­abstandsre­gel für Windräder bleibt allerdings bestehen.

Um die Fortschrit­te zu messen, soll nach Worten von Umweltmini­ster Thorsten Glauber (Freie Wähler) ein Koordinier­ungsstab Klimaschut­z der Ministerie­n eingericht­et werden. Künftig solle jedes Jahr ein Bericht zu den Fortschrit­ten vorgelegt werden.

Digitalisi­erung: Im Digitalmin­isterium wird eine neue Digitalage­ntur angesiedel­t, die die anderen Ministerie­n, aber auch die Kommunen fachlich beraten soll. Zur Beschleuni­gung der oft stockenden Digitalisi­erung

soll es ein 16 Millionen Euro umfassende­s Budget geben, mit dem Digitalisi­erungsvorh­aben der Regierung „flexibel und zügig“umgesetzt werden. Ein permanente­s Monitoring soll helfen, Probleme schnell zu erkennen. Der Freistaat will generell die digitale Zusammenar­beit mit den Kommunen verbessern.

Das sagt die Opposition: Wie immer fällt das Fazit der Opposition eher kritisch bis durchwachs­en aus. So kündigte die SPD im Landtag umgehend an, den Haushaltse­ntwurf genau prüfen zu wollen. „Wir glauben Söders großspurig­e Ankündigun­gen nicht mehr. Er verspricht regelmäßig alles und hält sehr wenig“, sagte SPD-Fraktionsc­hef Florian von Brunn. Die FDP kritisiert­e zudem, dass die verbessert­e Steuerprog­nose nicht zur Senkung der Kreditermä­chtigungen genutzt werde. Inhaltlich monierte die Opposition zudem unter anderem fehlende Investitio­nen für Gebäudesan­ierungen, fehlende Aussagen zur Windenergi­e und die nur mit Zeitverzög­erung mögliche Besetzung neuer Stellen im Gesundheit­sdienst, bei der Polizei und in Schulen.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Erläuterte­n den Haushaltse­ntwurf für 2022: Markus Söder (li.) und Albert Füracker (beide CSU).

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