Ausgebremste Einsatz- und Rettungskräfte
Welche Rettungswege problematisch sind – Neue Radunterführung geht nur im Notfall
- Wenn Einsatz- und Rettungskräfte durch wild parkende Autos ausgebremst werden oder gar im Stau stehen, geht wertvolle Zeit verloren. Das passiert im Sommer vor allem auf und vor der Insel immer wieder. Wie die Lindauer Einsatzkräfte diesen Sommer erlebt haben, welche Rettungswege problematisch sind und welche Rolle die neue Radunterführung im Notfall spielt.
Autokolonnen wälzen sich auf die Insel, ignorieren Hinweisschilder auf besetzte Parkplätze und Absperrbaken, auf den Zufahrtsstraßen zur Lindauer Insel staut es sich: auch in diesem Sommer ein gewohntes Bild. Wenn sich im Ernstfall Feuerwehr oder Notarzt einen Weg durch die Autos bahnen müssen, wird es eng.
Für Max Witzigmann ist das nichts Neues. Trotzdem sagt der Lindauer Feuerwehrkommandant: „In diesem Sommer war es schon relativ krass.“Die Feuerwehr sei mehrfach im Stau gestanden. „Dann laufen die Minuten runter.“Die Rettungsfrist einzuhalten, sei unter diesen Umständen eine Herausforderung. „Das war eher knapp.“Christian Skibak, Leiter des Rettungsdiensts vom BRK Lindau, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Auch wenn seine Mitarbeiter die Rettungsfrist einhalten konnten, seien auch sie wiederholt „sehr knapp“dran gewesen.
Seit dem Wegfall der Schranken gibt es zwei Wege, wenn Rettungsund Einsatzkräfte schnell auf oder von der Insel müssen: über die Inselstraße, also die neue Unterführung, und über die Ladestraße. Bei der Inselstraße sei das große Problem, dass die Autos bei großem Verkehrsaufkommen den Einsatzfahrzeugen kaum ausweichen können. Umso wichtiger ist für die Feuerwehr die Ladestraße: Doch auch hier sei die Situation diesen Sommer „angespannt“gewesen, berichtet Witzigmann. Nicht nur das Be- und Entladen bremse die Feuerwehr aus. Es sei auch schwer, am Ende der Ladestraße auf die Bregenzer Straße einzubiegen. „Kurz vor der Unterführung ist es schwer durchzukommen“, so die Erfahrung des Kommandanten.
Die Feuerwehr müsse bis zum Europaplatz immer wieder ihre Fahrt unterbrechen – wegen Autofahrern, die auf Höhe der Stadtverwaltung auf der Suche nach einem Parkplatz sind, dort einparken oder wenden, weil sie keinen Parkplatz finden. Dieses „Tetris“-Spiel sei eine Herausforderung für die Feuerwehr.
Viele Besucher, die angespannte Parksituation, immer wieder Baustellen: „Die Gesamtsituation ist für uns schwierig“, so Witzigmann. Denn wenn die Insel an Sommertagen voll ist, wird allein schon die Anfahrt der Feuerwehrmänner und -frauen zum Feuerwehrhaus auf der Insel schwierig, weil es sich vor dem Parkhaus zurückstaut. „Die kommen da schon mal nicht hin.“
„Es gab diverse akute Gespräche nach Einsätzen“, sagt Witzigmann. Wichtig sei, dass die Polizei die Feuerwehranfahrtszonen sichert und das absolute Halteverbot überwacht. „Sonst haben wir ein Problem, die Insel zu erreichen.“
Eine andere Alternative als die beiden Zufahrten gibt es für die Feuerwehr nicht. Denn die neue Radunterführung, die im Notfall von Polizei, Notarzt und Krankenwagen genutzt werden kann, kommt für die Feuerwehr wegen der geringen Höhe nicht in Frage. Bei einer Anfahrtsprobe im Juli seien sie zwar mitsamt der Drehleiter durchgekommen – aber nur im Schritttempo und mit nur einer Handbreit Platz, sagt Witzigmann.
Damit sei bewiesen, was vorher schon feststand: „Alarmmäßig können wir da nicht durchfahren.“Aber auch der Rettungsdienst des BRK hat die Unterführung bislang noch nicht genutzt. Die Unfallgefahr sei zu groß, findet Skibak. „Die Leute, die von oben mit dem Rad runterkommen, sehen gar nichts“, sagt er. Für ihn ist die Rad-Unterführung nur dann eine Alternative, „wenn gar nichts mehr geht“.
Staus werden sich bei der Zufahrt auf das „Nadelöhr“Insel nie vermeiden lassen, stellt Thomas Steur, Leiter der Polizeiinspektion Lindau, klar. Umso wichtiger sei die gesicherte Zufahrt über die Ladestraße. Doch auch er sieht den Bereich der alten Bregenzer Straße bis hin zum Kreisverkehr Europaplatz als kritisch an. Im Hinblick auf die dort parkenden und wendenden Autofahrer und die vielen Radfahrer sagt er: „Da wird es verdammt eng. Da müsste dringend was gemacht werden.“Sein Vorschlag: „Zumindest in Richtung Insel sollten keine Autos parken dürfen.“Am besten wäre es, wenn man die Ladestraße für den Autoverkehr sperrt, meint Steur.
Auch wenn es bei einzelnen Einsätzen Verzögerungen gegeben hat: Menschen seien dadurch nicht gefährdet gewesen, betont Witzigmann, der sich bereits auf verschiedene Szenarien bei Herbstmarkt und Hafenweihnacht vorbereitet hatte. Bereitschaftsdienste mit Feuerwehrkräften, die schon im Feuerwehrhaus sind, sollten für Sicherheit sorgen. „Wir sind aber auch auf die Vernunft der anfahrenden Gäste angewiesen“, betont er. Beim Herbstmarkt war die Bregenzer Straße bis zur Ladestraße auf beiden Seiten zugeparkt.
sagt der Lindauer Feuerwehrkommandant Max
Witzigmann.
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