Ein gewiefter Chef ist gefragt
Dass die CDU in einer schwierigen Phase nach der Wahlschlappe steckt, ist bekannt. Dass der Machtkampf um den Parteivorsitz aber langweilig ist, das kann kaum jemand behaupten. Denn die kurzweiligen Gedankenspiele, wer denn nun der wahrscheinliche Oppositionsführer im Parlament gegen den wahrscheinlichen Kanzler Olaf Scholz (SPD) sein werde, münden schnell in hitzige Debatten, wie denn der Kurs der Zukunft ausfallen soll.
Alles läuft auf ein Duell zwischen Norbert Röttgen und Friedrich Merz hinaus. Helge Brauns Kandidatur verstehe, wer will. Röttgen und Merz sind sogenannte Alphatiere und versiert in puncto Strategie und kurzfristiger Taktik. Auch schrecken beide nicht zurück vor politischem Druck auf Parteifreunde, die nicht so wollen, wie sie möchten.
Das Gute an beiden ist, dass sie in Zeiten, in denen sich die globalen Probleme auftürmen, über einen außenpolitischen Kompass verfügen. Im Zweifelsfall spielt dieser bei der Entscheidung der Mitglieder, wer die Christdemokraten in Zukunft führen soll, aber keine wesentliche Rolle. Denken beide doch sehr vergleichbar europäisch wie atlantisch. Also geht es in die sogenannten Niederungen der Parteipolitik.
Landmannschaftlicher Proporz ist wichtig, die Kanalisierung aller innerparteilichen Strömungen von großer Bedeutung. Modern – was immer das heißen mag – wollen beide sein. Wird die CDU mit anderen bürgerlichen Parteien in Europa verglichen, dann sollte darauf hingewiesen werden, dass der künftige Parteichef ein Mann des Übergangs wird. In Italien spielen Christdemokraten keine Rolle mehr, in Frankreich sind die Gaullisten an den Rand gedrängt und in Großbritannien gaben sich nach 15 Jahren Margaret Thatcher die Parteibosse die Klinke in die Hand. Angela Merkel lässt grüßen.
Die Union braucht einen rhetorisch gewieften Oppositionsführer, sollte Scholz seinerseits einen Startbonus bei den Menschen erhalten. Wer es wird, muss nach dem Amt des Fraktionschefs im Bundestag greifen. Nur so geht Augenhöhe mit Scholz. Alles andere kommt später.