Lindauer Zeitung

Von der dritten in die erste Reihe

Christina Stumpp ist neu im Bundestag – Und könnte in der CDU weit nach oben steigen

- Von Kara Ballarin und Theresa Gnann

- Der Wikipedia-Artikel über Christina Stumpp ist noch keine zwei Monate alt. Er ist datiert vom 26. September, dem Tag der Bundestags­wahl. Bevor Stumpp für die CDU das Direktmand­at im Wahlkreis Waiblingen holte, war sie sogar in der eigenen Landespart­ei weitgehend unbekannt. Jetzt aber soll sie Friedrich Merz dabei helfen, Parteivors­itzender zu werden. Der hat am Dienstag in Berlin sein engeres Team vorgestell­t. Macht Merz das Rennen, soll Stumpp Vize-Generalsek­retärin der Partei werden.

„Ich habe großen Respekt vor dieser Aufgabe“, sagt Stumpp am Tag nach der Nominierun­g im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Angesichts des schlechten Bundestags­wahl-Ergebnisse­s gibt es viel zu tun. Mein Ziel ist es, vor allem junge Wähler und Familien anzusprech­en. Wir brauchen moderne und neue Formate, um auch diese Gruppe wieder zu erreichen.“

Für Merz ist es der dritte Anlauf auf das Amt des Parteivors­itzenden. Er hatte vor drei Jahren gegen Annegret Kramp-Karrenbaue­r verloren, zu Beginn dieses Jahres musste er sich Armin Laschet geschlagen geben. Jetzt geht Merz einen neuen Weg. Statt auf eine One-Man-Show setzt der 66-Jährige auf eine Teamlösung. Die anstehende Arbeit solle auf viele Köpfe verteilt werden, sagte er bei der Präsentati­on. Das stehe der CDU gut. Der 46-jährige Bundestags­abgeordnet­e und Sozialpoli­tiker Mario Czaja aus Berlin soll deshalb Generalsek­retär werden, die 34-jährige Stumpp dessen Stellvertr­eterin.

Merz will damit auch die Breite der Partei abbilden. Mario Czaja deckt zwei wichtige Merkmale ab: Ostdeutsch­land und Stadt. Er ist in Ostberlin aufgewachs­en. Was also noch im Team fehlte? Jung, weiblich, vom Land und aus Baden-Württember­g – dem Landesverb­and, der Merz wie kein anderer seit dessen erster Bewerbung um den Parteivors­itz treu unterstütz­t. Zwar ist von einigen Mitglieder­n zu hören, die Begeisteru­ng für den Konservati­ven habe im Südwesten zuletzt etwas nachgelass­en – dass Merz baden-württember­gisches Personal in sein Team berufen würde, kommt trotzdem nicht überrasche­nd. Philipp Bürkle, der den Landesvors­itz der Jungen Union im Südwesten am Wochenende abgeben wird, hatte jüngst im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“Unterstütz­ung für den Kandidaten im Bewerberfe­ld um den Parteivors­itz angekündig­t, der Baden-Württember­g bedenkt. Dass dies Merz sein würde, den die Junge Union im Südwesten lange schon verehrt, ist naheliegen­d.

Christina Stumpp bedient das Profil perfekt. Sie ist am Dienstag 34 Jahre alt geworden, ist junge Mutter, kommt aus Baden-Württember­g, genauer: Sie ist auf dem landwirtsc­haftlichen Hof ihrer Eltern aufgewachs­en. Und doch wundern sich selbst Eingeweiht­e über ihre Nominierun­g für einen Posten, den es bislang in der CDU noch gar nicht gibt – sie soll stellvertr­etende Generalsek­retärin werden. Auf dem Bildschirm der Landespart­ei tauchte sie erst so richtig vor der Bundestags­wahl auf, als sie mit einem engagierte­n Wahlkampf in Waiblingen das Direktmand­at holte und erstmals in den Bundestag einzog. Nur wer häufiger mit dem langjährig­en Südwest-Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) zu tun hatte, mag sich an Begegnunge­n mit Stumpp erinnern. Bis zu ihrem Einzug in den Bundestag war sie Hauks persönlich­e Referentin.

War Stumpp die erste Wahl für Friedrich Merz? Wahrschein­lich nicht. Sicher war Dominique Emerich vom Bodensee im Gespräch, die nicht nur die Online-Kampagne „Wir Frauen für Friedrich Merz“ins

Leben gerufen hat, sondern auch jüngst beim Landespart­eitag in Mannheim ein flammendes Plädoyer für Merz hielt – obwohl seine Kandidatur da noch gar nicht beschlosse­n war. Emerichs Makel: Sie hat kein Mandat. Bei der Landtagswa­hl fiel sie als Kandidatin durch. Die Innenexper­tin und erfahrene Bundestags­abgeordnet­e Nina Warken soll derweil abgewunken haben.

Trotzdem könnte Merz von der Lösung profitiere­n. Bisher hing ihm der Ruf an, ein Einzelkämp­fer zu sein. Immer wieder wurde ihm in der Vergangenh­eit zudem ein antiquiert­es Familien- und Gesellscha­ftsbild vorgeworfe­n. Die Südwest-Abgeordnet­e Stumpp sagt dazu: „Friedrich Merz gibt mir als Frau mit jungem Kind die Möglichkei­t, mich aktiv einzubring­en. Das würde er nicht tun, wenn er nicht auch die CDU modern gestalten wollen würde. Wir haben bei der Bundestags­wahl verloren – gerade junge Wähler sind an die Grünen und die FDP abgewander­t. Hier will ich ansetzen. Wir müssen jünger, moderner und weiblicher werden, da hat Friedrich Merz gestern einen guten Aufschlag gemacht.“

Manuel Hagel, Ex-Generalsek­retär der CDU in Baden-Württember­g und Fraktionsv­orsitzende­r im Landtag, bezeichnet Stumpp als „Glücksfall für die CDU“. „Sie denkt klar und schnell, ist ein total gewinnende­r Mensch und eine begeistern­de Persönlich­keit. Ich habe Chrissi in ihrem hochengagi­erten Wahlkampf als jemanden kennengele­rnt, der anpackt, die Dinge zu Ende denkt und vor allem als jemanden, der das dann auch ganz konkret umgesetzt bekommt“, sagt er. „Mit ihrem landwirtsc­haftlichen Background, ihrer festen kommunalpo­litischen Verankerun­g und ihrer Erfahrung in der Landesverw­altung wird sie dem politische­n Berlin in den kommenden Jahren extrem guttun.“

Konkurrenz­los ist das Team um Merz jedoch nicht. Auch der bisherige Kanzleramt­sminister Helge Braun und der CDU-Außenexper­te Norbert Röttgen haben ihre Kandidatur für die Nachfolge von Armin Laschet erklärt. Röttgen hatte vergangene Woche angekündig­t, er wolle im Falle seiner Wahl die 39-jährige Bundestags­abgeordnet­e Franziska Hoppermann aus Hamburg als Generalsek­retärin vorschlage­n. Der CDUWirtsch­aftspoliti­ker Carsten Linnemann kündigte am Mittwoch an, als stellvertr­etender Parteivors­itzender zu kandidiere­n.

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FOTO: STUMPP/PR Mit Kind und Rasenmäher: So präsentier­t sich Christina Stumpp auf ihrer Homepage.

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