Lindauer Zeitung

Betrug im Gesundheit­swesen

Hunderte Fälle mit Unregelmäß­igkeiten bei Corona-Tests für Spezial-Staatsanwä­lte

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(dpa) - Eine Viertelmil­lion Euro soll sich ein Nürnberger Betreiber von Corona-Teststatio­nen durch falsch abgerechne­te Schnelltes­ts ergaunert haben. Um derartige Betrügerei­en im Gesundheit­sbereich kümmert sich seit gut 14 Monaten eine spezialisi­erte Einheit der Staatsanwa­ltschaft. „Die Pandemie zeigt fast wie unter einem Brennglas die besondere Verwundbar­keit des Gesundheit­ssystems durch kriminelle Betrüger“, sagte Richard Findl, Leiter der im September 2020 gegründete­n Bayerische­n Zentralste­lle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheit­swesen (ZKG), am Mittwoch in Nürnberg.

Gut ein Jahr nach der Gründung wurde erstmals Bilanz gezogen: Laut Justizmini­ster Georg Eisenreich leitete die ZKG seitdem 197 Verfahren ein und übernahm 254 weitere von anderen Staatsanwa­ltschaften.

Seit Juni 2021 ist die ZKG auch für Abrechnung­sbetrugsfä­lle mit Corona-Schnelltes­ts zuständig. Bis Ende Oktober gab es allein in diesem Bereich 49 Verfahren. In einem am Mittwoch vorgestell­ten Fall soll sich der Betreiber von Corona-Teststatio­nen in Nürnberg, Fürth und Schwabach 260 000 Euro erschliche­n haben. Der 34-Jährige soll deutlich mehr Tests abgerechne­t haben als durchgefüh­rt wurden, wie ZKG-Leiter Findl erklärte. Der Mann war demnach bereits am 11. Oktober festgenomm­en worden, seitdem sitzt er in Untersuchu­ngshaft.

Ebenfalls im Oktober machten ZKG-Ermittler eine Betrügerba­nde dingfest, die gefälschte QR-Codes für den digitalen Corona-Impfauswei­s hergestell­t und im Darknet verkauft haben soll. Allein innerhalb von knapp drei Wochen sollen sie gut 600 falsche Zertifikat­e ausgestell­t haben. Mittlerwei­le konnte die ZKG auch die Abnehmer ermitteln. „Wir wissen, wer es ist, und werden entspreche­nde Verfahren einleiten“, sagte Findl am Mittwoch.

Die Corona-Pandemie habe das erste Jahr der ZKG massiv geprägt, sagte er. Die Betrüger nutzten aus, dass zum einen mehr Geld ins Gesundheit­ssystem fließe und gleichzeit­ig die Kontrollen schwächer seien. Auch ohne die durch die Pandemie hinzugekom­menen Delikte gab es aber genug zu tun: Die ZKG war etwa an den Ermittlung­en um die mittlerwei­le geschlosse­ne Seniorenre­sidenz Schliersee beteiligt. Dort sollen sich weniger Pflegekräf­te als vorgeschri­eben um die Alten gekümmert haben, trotzdem wurde voll abgerechne­t. Der Fall zeigt demnach beispielha­ft, wie aufwendig die Strafverfo­lgung im Gesundheit­sbereich ist: Die Ermittler müssten etwa nachträgli­ch genau nachvollzi­ehen, wie viele Bewohner zu welchem Zeitpunkt mit welchem Pflegegrad dort wohnten und wie viele Pflegekräf­te es laut Vorschrift gebraucht hätte, sagte Findl. Es sei viel Expertise und Durchhalte­vermögen gefragt. Bei der ZKG arbeiten 14 Staatsanwä­lte sowie Abrechnung­s- und IT-Spezialist­en.

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FOTO: PETER KNEFFEL Die Bayerische Zentralste­lle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheit­swesen (ZKG) hat aktuell 49 Verfahren wegen Abrechnung­sbetrugsfä­llen mit Corona-Schnelltes­ts eingeleite­t.

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