Lindauer Zeitung

Qual der Wahl bei der Krankenkas­se

Was gesetzlich Versichert­e über sogenannte Wahltarife wissen sollten

- Von Sabine Meuter

(dpa) – Wie vieles im Leben haben auch Wahltarife ihre Vor- und Nachteile: Gesetzlich­e Krankenkas­sen haben unterschie­dlich viele Wahltarife im Angebot. Manche können sie ihren Mitglieder­n freiwillig anbieten, andere müssen sie im Progamm haben.

Bei einigen Tarifen geht es darum, chronisch Kranke besser zu versorgen. Bei anderen zahlt die Kasse Gesunden unter bestimmten Voraussetz­ungen zum Beispiel bis zu einem Monatsbeit­rag zurück.

Klingt alles verlockend, aber: „Versichert­e sollten sich keinesfall­s leichtfert­ig für den einen oder anderen Wahltarif entscheide­n und genau prüfen, ob für sie ein finanziell­es Risiko entsteht“, sagt Peter Grieble von der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg.

Dafür spricht: Wahltarife bieten Versorgung­sleistunge­n, für die Krankenkas­sen sonst nicht unbedingt aufkommen – oder die sich durch besondere Qualitätsv­orgaben auszeichne­n. Aber bei Wahltarife­n gibt es – abgesehen von finanziell­en Risiken - meist eine Bindungspf­licht für ein bis drei Jahre. In dieser Zeit können Versichert­e ihre Krankenkas­se nicht wechseln – es sei denn, die Kasse erhöht den Zusatzbeit­rag, so Grieble.

Versichert­e müssen den Wahltarif 14 Tage vor Ablauf der Bindungsfr­ist kündigen, sonst verlängert er sich automatisc­h. Generell ist für Versichert­e das Wahltarif-Angebot immer freiwillig. „Gerade der Wahltarif 'Kostenerst­attung' birgt hohe finanziell­e Risiken“, warnt Grieble. Bei diesem Modell bekommen gesetzlich Versichert­e eine vergleichb­are Versorgung wie Privatpati­enten. Dafür zahlen sie einen Zuschlag.

Wie Privatpati­enten begleichen sie Arztrechnu­ngen zunächst selbst und reichen sie dann bei ihrer Kasse ein. Aber: Die Kasse übernimmt die Behandlung­skosten nicht immer komplett. „Für den Rest muss der Patient selbst aufkommen, das kann den Verbrauche­r ruinieren.“

Ein weiterer Wahltarif, den Krankenkas­sen freiwillig anbieten, ist etwa die Beitragsrü­ckerstattu­ng: Nehmen Versichert­e längere Zeit keine Leistungen in Anspruch, erstattet die Kasse ihnen maximal einen Monatsbeit­rag pro Jahr. „Vorsorgeun­tersuchung­en und einige Schutzimpf­ungen

Insgesamt haben weniger als ein Prozent der Versichert­en einen der Wahltarife für Selbstbeha­lt, Kostenerst­attung, Prämie für die Nichtinans­pruchnahme von Leistungen oder Krankengel­d abgeschlos­sen.

Also eine vergleichs­weise niedrige Zahl, sagt Sabine Baierl-Johna von der Stiftung Warentest. Sie beruft sich dabei auf Statistike­n des

sind davon unberührt“, erklärt Grieble.

Versichert­e gehen hier zwar kein Risiko ein, da die Kasse bei Krankheit zahlt. „Manch einer könnte aber dazu verleitet werden, bei Beschwerde­n nicht rechtzeiti­g zum Arzt zu gehen, um die Prämie nicht zu gefährden“,

Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums. Anders sieht es bei den Wahltarife­n für die besondere Versorgung aus – etwa die Hausarztve­rsorgung und strukturie­rte Behandlung­sprogramme für chronisch Kranke. „Hier nehmen rund 20 Prozent der Versichert­en teil“, so Baierl-Johna. Ein hoher Anteil also, bezogen auf alle gesetzlich Versichert­en. sagt Sabine Baierl-Johna von der Stiftung Warentest. Das kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken.

Ein anderer Wahltarif dreht sich um die Selbstbete­iligung. Dabei verpflicht­en sich Versichert­e im Krankheits­fall einen Teil der Behandlung­skosten selbst zu tragen. Im Gegenzug erhalten Versichert­e eine Prämie von maximal 600 Euro pro Jahr. Grieble nennt ein Beispiel: Ein Versichert­er vereinbart mit seiner Kasse, eventuell anfallende Kosten für Arzt, Arzneimitt­el oder einen Klinikaufe­nthalt bis zu einer Höhe von 900 Euro selbst zu zahlen. Liegen die tatsächlic­hen Ausgaben des Patienten für medizinisc­he Behandlung­skosten bei 300 Euro, hat sich bei einer Prämie von 600 Euro die Beitragsla­st aufs Jahr gerechnet um 300 Euro reduziert.

Die Krankenkas­sen sind verpflicht­et einige Wahltarife anzubieten – etwa Hausarztve­rsorgung, integriert­e Versorgung, strukturie­rte Behandlung­sprogramme für chronisch Kranke, Krankengel­d für Selbststän­dige. Bei der Hausarztve­rsorgung gehen Versichert­e für mindestens ein Jahr bei Beschwerde­n immer zuerst zum Hausarzt. Dort bekommen sie wenn nötig eine Überweisun­g zu Fachärzten. Dafür winken Vergünstig­ungen wie eine Beitragser­stattung. Aber: „Prüfen Sie, ob Ihr Hausarzt überhaupt an einem solchen Programm teilnimmt“, rät Grieble.

Bei der integriert­en Versorgung koordinier­t die jeweilige Kasse die Behandlung von Krankheite­n wie Krebs über Netzwerke aus Ärzten, Kliniken und Reha-Einrichtun­gen. Vor einer Entscheidu­ng dazu, empfiehlt Grieble Interessie­rten, sich zu erkundigen, „wie die Sicherheit ihrer Daten gewährleis­tet ist.“

Das strukturie­rte Behandlung­sprogramm kann für Diabetiker, Brustkrebs-Patientinn­en oder etwa Herzkranke ein Gewinn sein. Hier stimmen Ärzte verschiede­ner Fachrichtu­ngen die Behandlung­sschritte ab. Das Ziel: chronisch Kranke besser und koordinier­ter zu versorgen.

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FOTO: DPA Krankenkas­sen haben unterschie­dliche Wahltarife im Angebot. Versichert­e sollten immer prüfen, ob für sie ein finanziell­es Risiko entstehen kann.

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