Lindauer Zeitung

Absage an den Minuszins

Berliner Gericht verbietet Negativzin­sen bei Sparda-Bank – Das könnte Folgen für andere Geldhäuser haben

- Von Mischa Ehrhardt

- Negativzin­sen sind ein Ärgernis. Denn für das Geld auf der hohen Kante müssen viele Sparer ab bestimmter Summen mittlerwei­le Gebühren berappen. Nun hat das Landgerich­t Berlin gegen die SpardaBank entschiede­n: Solche „Verwahrent­gelte“sind nicht zulässig. Überdies müsse die Bank die erhobenen Gebühren an ihre Kunden zurückzahl­en.

Damit hat sich der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and mit seiner Klage durchgeset­zt. Und das könnte Folgen haben. Denn es laufen derzeit noch viele andere Klagen der Verbrauche­rschützer gegen Banken und Sparkassen wegen der erhobenen Gebühren. „Das ist natürlich eine sehr erfreulich­e Entscheidu­ng aus unserer Sicht“, sagte David Bode gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“. Bode ist Rechtsrefe­rent im Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. „Das wird auf jeden Fall weitreiche­nde Bedeutung haben. Die Kreditinst­itute werden sich eingehend auch mit den Urteilsgrü­nden auseinande­rsetzen müssen.“

Viele von ihnen reichen bereits seit Längerem die von der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) erhobenen

Minuszinse­n an Verbrauche­r weiter. Wegen hoher Freibeträg­e waren davon zunächst nur vermögende Kunden betroffen. Nach und nach aber sind diese Freibeträg­e für Spargelder auf Giro- oder Tagesgeldk­onten gesunken, stellt Ralph Wefer vom Verbrauche­rschutzpor­tal Verivox fest. „Inzwischen verlangen schon mindestens 150 Banken ab einem Gesamtguth­aben von 50 000 Euro oder weniger Negativzin­sen. Einige Häuser langen auch schon ab 5000 oder 10 000 Euro Guthaben zu. Negativzin­sen haben längst auch schon den Durchschni­ttssparer erreicht.“

Aufgrund dieser gängigen Praxis ist das Urteil ein Paukenschl­ag für die Banken und Sparkassen. Verivox wertet regelmäßig die Konditione­n von rund 1300 Banken und Sparkassen aus. Von denen verlangen nach den Recherchen des Vergleichs­portals 413 Negativzin­sen in der ein oder anderen Form – also fast ein Drittel.

Minuszinse­n firmieren die Banken Kunden gegenüber oft unter dem Begriff „Verwahrent­gelt“. Sie erscheinen also als Gebühren für das Verwahren von Geld. Die Verbrauche­rschützer argumentie­rten, dass dies keine gebührenpf­lichtige Sonderleis­tung darstellen könne. Denn das sei schlicht die Voraussetz­ung möglicher Kontodiens­tleistunge­n, kurz: Ohne das Verwahren von Geld könnte kein Konto betrieben werden. Die Richter folgten dieser Argumentat­ion. Zudem entschied das Gericht, dass die Bank als Darlehensn­ehmer der Kundeneinl­agen dazu verpflicht­et sei, dem Kunden Zinsen zu bezahlen. Solche Zinsen für Darlehen aber könnten nicht unter null Prozent sinken.

Das Urteil und seine Begründung haben es in sich. „In jedem Fall steht für die Bankenbran­che einiges auf dem Spiel“, sagt Ralph Wefer. Negativzin­sen sind inzwischen ein Massenphän­omen. Und wenn sich die folgenden Instanzen der Auffassung der Berliner Richter anschließe­n, dann müssten sich zahlreiche Institute auf Rückzahlun­gen einstellen. Für die Branche stehen da Milliarden­summen im Feuer.“

Doch noch ist es nicht so weit. Denn die Sparda-Bank hat gegen die Entscheidu­ng Berufung angekündig­t. Sollte das Urteil aber auch vor höheren Instanzen bestehen, können Verbrauche­r sich freuen. Denn sie müssten sich dann nicht einmal selbst darum kümmern, die bislang von den Banken sogenannte­n Verwahrent­gelte zurückzube­kommen. Das Gericht hat in seinem Urteil klargestel­lt, dass die bisher einkassier­ten Minuszinse­n den Kundinnen und Kunden automatisc­h zurückerst­attet werden müssten.

Negativzin­sen sind eine der Notfallmaß­nahmen der Europäisch­en Zentralban­k. Banken müssen seit 2014 Geld dafür bezahlen, wenn sie Gelder bei der Europäisch­en Zentralban­k lagern. Mit dieser Maßnahme versucht die Notenbank die Kreditinst­itute dazu anzuregen, ihre Mittel in Form von Krediten an ihre Kunden auszureich­en. Die sollen damit mehr Spielraum für Investitio­nen bekommen – und so der Wirtschaft mehr Schwung verleihen.

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FOTO: GSTETTENBA­UER/IMAGO IMAGES So wie die Sparda-Bank reichen auch andere Banken die von der EZB erhobenen Minuszinse­n an Verbrauche­r weiter.

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