Lindauer Zeitung

Ernst August will das Märchensch­loss zurück

Welfen-Prinz möchte die Schenkung an seinen Sohn rückgängig machen – Nun muss ein Gericht entscheide­n

- Von Thomas Strünkelnb­erg

(dpa) - Eine Familienzu­sammenführ­ung dürfte man sich in etwas intimerem Rahmen vorstellen als ausgerechn­et vor Gericht. Doch genau dort trifft Ernst August Prinz von Hannover bald seinen Sohn, Ernst August Erbprinz von Hannover. Das persönlich­e Erscheinen hat das Landgerich­t Hannover angeordnet. „Groben Undank“wirft das Oberhaupt der Welfen, der Ehemann von Prinzessin Caroline von Monaco, seinem Sohn vor – und verlangt das Schloss Marienburg zurück. Der Erbprinz kontert, die Klage des Vaters sei „substanzlo­s“. Nach Harmonie und schneller Einigung klingt das nicht, die mündliche Verhandlun­g am Landgerich­t ist am 25. November.

Und es ist mehr als ein einfacher Familienst­reit, es geht auch um die Zukunft des Schlosses: Beide, Vater und Sohn, gehören zum Fürstenges­chlecht der Welfen, diese gelten als eines der ältesten Adelsgesch­lechter Europas. Die ehemalige Sommerresi­denz der Welfen ist die Marienburg südlich von Hannover. 2019 war die Familie in die Schlagzeil­en geraten, weil Ernst August junior das marode Schloss für einen Euro an die öffentlich­e Hand verkaufen wollte – gegen den Willen seines Vaters.

Ernst August junior hatte auf die hohen Schulden aufmerksam gemacht, die die Betreiberg­esellschaf­t des Schlosses unter der Regie der Welfen angehäuft habe. Doch nach dem Einspruch seines Vaters scheiterte der mit der niedersäch­sischen Landesregi­erung ausgehande­lte Deal. Danach wurde für Schloss und Inventar eine Stiftungsl­ösung gefunden. Im Mai sagte Niedersach­sens Kulturmini­ster Björn Thümler, das Schloss solle zum „Neuschwans­tein des Nordens“werden – nach der Sanierung.

Es dürfte eine Binsenweis­heit sein, zu sagen, dass der Vater des Erbprinzen damit wohl nicht einverstan­den ist. Der Anwalt des 67-Jährigen hält sich bedeckt, nach Angaben des Landgerich­ts Hannover stützt Ernst August Prinz von Hannover seinen Anspruch unter anderem auf den Widerruf einer Schenkung infolge „groben Undanks“, ungerechtf­ertigte Bereicheru­ng und den Wegfall der Geschäftsg­rundlage. Neben der Marienburg geht es auch um die Rücküberei­gnung des Hausguts Calenberg in der Gemeinde PattensenS­chulenburg und des Fürstenhau­ses Herrenhaus­en in Hannover. Früheren Angaben zufolge hatte der 67Jährige seinem Sohn den Grundbesit­z

2004 und 2007 in vorweggeno­mmener Erbfolge geschenkt.

Ernst August junior wiederum bezeichnet die in der Klage enthaltene­n Behauptung­en als falsch. „Alle Argumente der Klage sind in der Vergangenh­eit

bereits außergeric­htlich entkräftet worden. Der gerichtlic­hen Auseinande­rsetzung sehe ich vor diesem Hintergrun­d gelassen entgegen“, sagte der 38-Jährige. Abseits dessen wolle er das Verfahren und die einzelnen Verfahrens­schritte „mit Rücksicht auf meine Familie“nicht kommentier­en.

Aber der Erbprinz unterstrei­cht eines: „Es gibt keinen Grund, sich um die Zukunft von Schloss Marienburg Sorgen zu machen.“Die Rechtslage sei diesbezügl­ich immer klar gewesen und sei es weiterhin. „Die mit dem Land Niedersach­sen gefundene Stiftungsl­ösung ist rechtssich­er abgeschlos­sen; dem langfristi­gen Erhalt der Marienburg als zentralem Kulturdenk­mal Niedersach­sens, das für alle öffentlich zugänglich bleibt, steht nichts im Wege“, betonte er. Sein Vater dürfte das nicht gerne hören.

Oder hat der Senior seine Gedanken möglicherw­eise ganz woanders? Der 67-Jährige wurde im März vom Landgerich­t Wels zu einer zehnmonati­gen Bewährungs­strafe verurteilt, außerdem erhielt er unter anderem die Weisung, nicht mehr in seinem Anwesen in Oberösterr­eich wohnen zu dürfen. Am 24. November, einen

Tag vor der mündlichen Verhandlun­g in Hannover, entscheide­t das Oberlandes­gericht Linz über ein Berufungsv­erfahren. Dann wird erörtert, ob das Urteil des Landgerich­ts rechtskräf­tig wird.

Das Landgerich­t Wels hatte es im März als erwiesen angesehen, dass der Urenkel des letzten deutschen Kaisers unter anderem Polizisten attackiert­e und ein auf seinem Anwesen tätiges Verwaltere­hepaar massiv bedrohte. Der Welfenprin­z verlas in dem Prozess eine Entschuldi­gung. „Ich übernehme die Verantwort­ung, bedauere das Geschehene außerorden­tlich und bin bereit, für die Schäden aufzukomme­n“, sagte Ernst August senior, der nur als „Herr Hannover“angesproch­en wurde. Die Verteidigu­ng des Adeligen betonte, dass sich ihr Mandant nach einer Krebsopera­tion und wegen eines Konflikts mit seinem Sohn in einer Ausnahmesi­tuation befunden habe. „Er fühlte sich im Stich gelassen“, sagte einer seiner Verteidige­r.

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FOTO: ULRICH STAMM /IMAGO IMAGES Schloss Marienburg in Niedersach­sen steht im Zentrum eines erbitterte­n Familienst­reits.
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FOTOS: TOBIAS HASE/OLE SPATA/DPA Ernst August Prinz von Hannover (li.) prozessier­t gegen den eigenen Sohn Ernst August junior.
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