Realschule soll Sozialarbeiter bekommen
Schon vor zwei Jahren hat die Schule beim Kreis angefragt – Fachbereich stellt jetzt Bedarf
- Sozialarbeiter an Schulen werden immer dringender gebraucht. Auch die Lindauer Realschule im Dreiländereck wünscht sich einen – schon seit zwei Jahren. Jetzt ist es vielleicht bald so weit.
Oft sieht es nach Banalitäten aus, sagt Michael Rechtsteiner, die aber eigentlich gar keine sind. Hat ein Schüler übermäßig viele Fehltage, erledigt oft seine Hausaufgaben nicht rechtzeitig oder kommt anderen Verpflichtungen nicht nach, braucht er vielleicht schon Hilfe. „Manche Schüler kommen einfach mit einem flauen Gefühl im Bauch in die Schule und brauchen dann jemanden, dem sie sich anvertrauen können“, sagt der Schulleiter der Lindauer Realschule im Dreiländereck. „Der Bedarf ist dringend da“, sagt Rechtsteiner weiter und meint damit die Notwendigkeit, einen Schulsozialarbeiter an die Realschule zu bekommen.
Die Gründe seien vielschichtig. Von einem Sozialarbeiter an der Schule profitieren würden vor allem Kinder mit schwierigen Familiensituationen und Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen.
Schon vor über zwei Jahren hat die Schulleitung der Realschule beim Fachbereich Jugend und Familie des Landratsamts eine Jugendsozialarbeit angefragt. In der Zwischenzeit wurde der Bedarf untersucht und offenbar erkannt. In der anstehenden Sitzung des Jugendhilfeausschusses an diesem Donnerstag soll diskutiert werden, ob die Stelle genehmigt wird.
Veränderungen der Gesellschaft, des Arbeitslebens, der Strukturen in Familien, genauso wie die Digitalisierung und der damit verbundene Medienkonsum – das alles seien Gründe, warum auf Schulen immer neue Herausforderungen zukommen, so heißt es in der Sitzungsvorlage des
Ausschusses. „Die dadurch entstehenden Bedarfe zeigen sich insbesondere in Form von erheblichen erzieherischen, psychosozialen und familiären Problemen, Schul- und Leistungsverweigerung, erhöhten Aggressionen, Mobbing und sozialer Isolation.“
Klar ist: Während der Krise mussten Schülerinnen und Schüler einiges über sich ergehen lassen. Homeschooling, Wechselunterricht, keinen strukturierten Alltag und neue Lernbedingungen mit Tablet und Laptop. „Mit den Umständen der Pandemie haben die Schüler sich einen anderen Rhythmus zugelegt“, sagt Rechtsteiner. Aus dem wieder herauszukommen, sei für manche nicht einfach.
Mittlerweile findet Unterricht wieder weitestgehend normal statt. Manche Schüler bräuchten noch Zeit, um sich auf den normalen Schulalltag einzupendeln. So falle es im Unterricht vielen noch schwer, sich zu konzentrieren und zu motivieren. Ein Schultag in der Schule sei einfach etwas ganz anderes, als einer zu Hause, sagt Rechtsteiner. „Das war schon sehr anstrengend und herausfordernd.“
An der Lindauer Realschule, die bis vergangenes Jahr nur Jungen besuchten, sind bislang Vertrauenslehrer
Jugendsozialarbeit an Schulen
(JaS) ist eine Leistung der Jugendhilfe. „Sie soll sozial benachteiligte junge Menschen bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützen und fördern“, heißt es auf der Homepage des bayerischen Kultusministeriums. Dadurch sollten deren Chancen auf Teilhabe und eine eigenverantwortliche sowie gemeinschaftsfähige Lebensgestaltung verbessert werden. Studien würden demnach zeigen,
und eine psychologische Beratungsfachkraft für die Schüler da. Letztere ist für mehrere Schulen zuständig und kann deshalb nicht den vollen Umfang abdecken.
Der Pluspunkt bei einer Person von außerhalb sei, dass diese unabhängig sei und nicht zum Kollegium gehöre. „Wir brauchen eine externe Person, der sich die Schüler anvertrauen können.“Dabei gehe es aber nicht nur darum, für Schüler da zu sein, sondern genauso auch für deren Eltern und die ganze Familie.
In den vergangenen beiden Jahren war bereits ein Mitarbeiter des Jugendamts in der Schule und bot niederschwellige Beratung an, so Rechtsteiner. Der Mitarbeiter sei mit Schülern und Eltern auch außerhalb des Schulalltags ins Gespräch gekommen und habe Probleme besprochen.
Damit begründet das Landratsamt die Notwendigkeit einer Stelle eines
Sozialarbeiters an der Realschule. dass der soziale und familiäre Hintergrund junger Menschen sowie eine positive Persönlichkeitsentwicklung in einem förderlichen Umfeld mitentscheidend für den schulischen Erfolg sind. Deshalb sollten durch eine sinnvolle Ergänzung und enge Verknüpfung von Jugendhilfe und Schule die Chancen, das Wissen und Können junger Menschen in Bayern verbessert werden, so das Kultusministerium. (rst)
Somit wurde der Bedarf ermittelt – das sei eine Übergangslösung gewesen, mit der Perspektive, dass bald eine Stelle kommt, sagt Rechtsteiner. Das Ergebnis laut Sitzungsvorlage: Die Schule mit 270 Schülerinnen und Schülern soll eine halbe Stelle zugesprochen werden. Gefördert werden soll diese über das staatliche Programm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“. Laut Vorlage rechnet der Fachbereich Jugend mit einer Förderung von über 24 000 Euro für das kommende Jahr, mit etwas über 17 000 Euro für 2023 und ab dem Jahr 2024 mit 8180 Euro. Würde man den Zuschuss nicht bekommen, müsse die Stelle über die Jugendhilfe bezahlt werden. Wie bei allen Stellen der Jugendsozialarbeit an Schulen im Landkreis Lindau verantwortet das Landratsamt als Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch diese.
Bislang sei es für Realschulen nicht so einfach gewesen, einen Jugendsozialarbeiter zu bekommen, sagt Rechtsteiner. Die Jugendämter vor Ort stellen im Rahmen der Jugendhilfeplanung fest, an welchen Schulen die Stelle nötig ist. „Ich bin optimistisch, dass wir sie bekommen“, sagt Michael Rechtsteiner. „Nötig haben wir sie.“
Ob die Lindauer Realschule eine Stelle für einen Jugendsozialarbeitenden bekommt, wird Thema in der öffentlichen Sitzung des Jugendhilfeausschusses des Kreises sein am Donnerstag, 18. November.