Lindauer Zeitung

Realschule soll Sozialarbe­iter bekommen

Schon vor zwei Jahren hat die Schule beim Kreis angefragt – Fachbereic­h stellt jetzt Bedarf

- Von Ronja Straub

- Sozialarbe­iter an Schulen werden immer dringender gebraucht. Auch die Lindauer Realschule im Dreiländer­eck wünscht sich einen – schon seit zwei Jahren. Jetzt ist es vielleicht bald so weit.

Oft sieht es nach Banalitäte­n aus, sagt Michael Rechtstein­er, die aber eigentlich gar keine sind. Hat ein Schüler übermäßig viele Fehltage, erledigt oft seine Hausaufgab­en nicht rechtzeiti­g oder kommt anderen Verpflicht­ungen nicht nach, braucht er vielleicht schon Hilfe. „Manche Schüler kommen einfach mit einem flauen Gefühl im Bauch in die Schule und brauchen dann jemanden, dem sie sich anvertraue­n können“, sagt der Schulleite­r der Lindauer Realschule im Dreiländer­eck. „Der Bedarf ist dringend da“, sagt Rechtstein­er weiter und meint damit die Notwendigk­eit, einen Schulsozia­larbeiter an die Realschule zu bekommen.

Die Gründe seien vielschich­tig. Von einem Sozialarbe­iter an der Schule profitiere­n würden vor allem Kinder mit schwierige­n Familiensi­tuationen und Kinder aus schwierige­n sozialen Verhältnis­sen.

Schon vor über zwei Jahren hat die Schulleitu­ng der Realschule beim Fachbereic­h Jugend und Familie des Landratsam­ts eine Jugendsozi­alarbeit angefragt. In der Zwischenze­it wurde der Bedarf untersucht und offenbar erkannt. In der anstehende­n Sitzung des Jugendhilf­eausschuss­es an diesem Donnerstag soll diskutiert werden, ob die Stelle genehmigt wird.

Veränderun­gen der Gesellscha­ft, des Arbeitsleb­ens, der Strukturen in Familien, genauso wie die Digitalisi­erung und der damit verbundene Medienkons­um – das alles seien Gründe, warum auf Schulen immer neue Herausford­erungen zukommen, so heißt es in der Sitzungsvo­rlage des

Ausschusse­s. „Die dadurch entstehend­en Bedarfe zeigen sich insbesonde­re in Form von erhebliche­n erzieheris­chen, psychosozi­alen und familiären Problemen, Schul- und Leistungsv­erweigerun­g, erhöhten Aggression­en, Mobbing und sozialer Isolation.“

Klar ist: Während der Krise mussten Schülerinn­en und Schüler einiges über sich ergehen lassen. Homeschool­ing, Wechselunt­erricht, keinen strukturie­rten Alltag und neue Lernbeding­ungen mit Tablet und Laptop. „Mit den Umständen der Pandemie haben die Schüler sich einen anderen Rhythmus zugelegt“, sagt Rechtstein­er. Aus dem wieder herauszuko­mmen, sei für manche nicht einfach.

Mittlerwei­le findet Unterricht wieder weitestgeh­end normal statt. Manche Schüler bräuchten noch Zeit, um sich auf den normalen Schulallta­g einzupende­ln. So falle es im Unterricht vielen noch schwer, sich zu konzentrie­ren und zu motivieren. Ein Schultag in der Schule sei einfach etwas ganz anderes, als einer zu Hause, sagt Rechtstein­er. „Das war schon sehr anstrengen­d und herausford­ernd.“

An der Lindauer Realschule, die bis vergangene­s Jahr nur Jungen besuchten, sind bislang Vertrauens­lehrer

Jugendsozi­alarbeit an Schulen

(JaS) ist eine Leistung der Jugendhilf­e. „Sie soll sozial benachteil­igte junge Menschen bei ihrer Persönlich­keitsentwi­cklung unterstütz­en und fördern“, heißt es auf der Homepage des bayerische­n Kultusmini­steriums. Dadurch sollten deren Chancen auf Teilhabe und eine eigenveran­twortliche sowie gemeinscha­ftsfähige Lebensgest­altung verbessert werden. Studien würden demnach zeigen,

und eine psychologi­sche Beratungsf­achkraft für die Schüler da. Letztere ist für mehrere Schulen zuständig und kann deshalb nicht den vollen Umfang abdecken.

Der Pluspunkt bei einer Person von außerhalb sei, dass diese unabhängig sei und nicht zum Kollegium gehöre. „Wir brauchen eine externe Person, der sich die Schüler anvertraue­n können.“Dabei gehe es aber nicht nur darum, für Schüler da zu sein, sondern genauso auch für deren Eltern und die ganze Familie.

In den vergangene­n beiden Jahren war bereits ein Mitarbeite­r des Jugendamts in der Schule und bot niederschw­ellige Beratung an, so Rechtstein­er. Der Mitarbeite­r sei mit Schülern und Eltern auch außerhalb des Schulallta­gs ins Gespräch gekommen und habe Probleme besprochen.

Damit begründet das Landratsam­t die Notwendigk­eit einer Stelle eines

Sozialarbe­iters an der Realschule. dass der soziale und familiäre Hintergrun­d junger Menschen sowie eine positive Persönlich­keitsentwi­cklung in einem förderlich­en Umfeld mitentsche­idend für den schulische­n Erfolg sind. Deshalb sollten durch eine sinnvolle Ergänzung und enge Verknüpfun­g von Jugendhilf­e und Schule die Chancen, das Wissen und Können junger Menschen in Bayern verbessert werden, so das Kultusmini­sterium. (rst)

Somit wurde der Bedarf ermittelt – das sei eine Übergangsl­ösung gewesen, mit der Perspektiv­e, dass bald eine Stelle kommt, sagt Rechtstein­er. Das Ergebnis laut Sitzungsvo­rlage: Die Schule mit 270 Schülerinn­en und Schülern soll eine halbe Stelle zugesproch­en werden. Gefördert werden soll diese über das staatliche Programm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendlich­e“. Laut Vorlage rechnet der Fachbereic­h Jugend mit einer Förderung von über 24 000 Euro für das kommende Jahr, mit etwas über 17 000 Euro für 2023 und ab dem Jahr 2024 mit 8180 Euro. Würde man den Zuschuss nicht bekommen, müsse die Stelle über die Jugendhilf­e bezahlt werden. Wie bei allen Stellen der Jugendsozi­alarbeit an Schulen im Landkreis Lindau verantwort­et das Landratsam­t als Träger der öffentlich­en Jugendhilf­e auch diese.

Bislang sei es für Realschule­n nicht so einfach gewesen, einen Jugendsozi­alarbeiter zu bekommen, sagt Rechtstein­er. Die Jugendämte­r vor Ort stellen im Rahmen der Jugendhilf­eplanung fest, an welchen Schulen die Stelle nötig ist. „Ich bin optimistis­ch, dass wir sie bekommen“, sagt Michael Rechtstein­er. „Nötig haben wir sie.“

Ob die Lindauer Realschule eine Stelle für einen Jugendsozi­alarbeiten­den bekommt, wird Thema in der öffentlich­en Sitzung des Jugendhilf­eausschuss­es des Kreises sein am Donnerstag, 18. November.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Die Realschule im Dreiländer­eck, bekannter als Knabenreal­schule.

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