Lindauer Zeitung

Deutlicher Rüffel und Abfuhr für OSK-Geschäftsf­ührung

Strukturpl­äne zu Krankenhäu­sern im Landkreis Ravensburg erstmals öffentlich – Scharfe Kritik an Informatio­nspolitik

- Von Jan Peter Steppat

- Der Kreistag hat die Geschäftsf­ührung der Oberschwab­enklinik (OSK) bei ihren Planungen zur Neustruktu­rierung der Krankenhau­s-Struktur im Landkreis Ravensburg in ihre Schranken verwiesen. Das Gremium äußerte dabei deutliche Kritik an der Art und Weise der Kommunikat­ion und Informatio­n dazu. Allzu schnellen Umsetzungs­gedanken einiger Vorhaben erteilte es zudem eine Abfuhr.

Monatelang standen die „Fortschrei­bung der Medizinstr­ategie“genannten Planungen bereits im Raum. Sie beinhalten im Kern unter anderem den Abbau von Doppelstru­kturen und damit die Verlagerun­g von Abteilunge­n. Offiziell wirklich öffentlich gemacht wurden sie erst bei der Kreistagss­itzung am Dienstag in der Sirgenstei­nhalle in Vogt. Nachdem OSK-Geschäftsf­ührer Oliver Adolph die schon im Frühjahr 2020 angelaufen­en Analysen und Planungen vorgestell­t hatte, debattiert­e der Kreistag das Thema fast drei Stunden lang.

Kernergebn­isse: Die letztlich maßgeblich­en Kreispolit­ikerinnen und Kreispolit­iker signalisie­rten grundsätzl­ich Veränderun­gsbereitsc­haft, gaben aber ein einhellige­s Bekenntnis zur kommunalen Trägerscha­ft der OSK ab und erteilten jeglichen Spekulatio­nen über Privatisie­rungen eine Absage. Die meisten von ihnen forderten zudem den Erhalt der drei wichtigste­n Klinikstan­dorte Ravensburg, Wangen und Bad Waldsee. Außerdem sollen möglichst bald externe Gutachter bestellt werden, die möglichst bis zum Frühjahr kommenden Jahres die Verfassung der OSK und die Zukunftsmo­delle der Geschäftsf­ührung mit dem Blick von außen beleuchten sollen.

Über diese nackten Ergebnisse der Debatte hinaus gab es deutliche Kritik, wie die OSK-Führung – aber auch Landrat Harald Sievers – bis dato Beschäftig­te, Gremien und Öffentlich­keit informiert hatten. Entspreche­nde Redebeiträ­ge wurden mehrfach mit Applaus aus den gut und offensicht­lich vornehmlic­h mit Beschäftig­ten des Klinikverb­unds besetzten Zuhörerrei­hen goutiert.

Und: Als Oliver Adolph kurz vor der Abstimmung zu drei Anträgen aus Reihen von CDU/Freien Wählern, Grünen und SPD ankündigte, erste Schritte der Neustruktu­rierung (teilweise) bereits im ersten Halbjahr kommenden Jahres umsetzen zu wollen, wurde er zurückgepf­iffen. „So geht das mal nicht“, sagte FW-Fraktionsc­hef Oliver Spieß in Richtung Geschäftsf­ührer. Da hatte Letzterer erklärt, im Jahr 2022 nicht nur ambulante Leistungen am Krankenhau­s in Bad Waldsee aufbauen, sondern auch schon die orthopädis­chen Bereiche der drei Standorte in Wangen zusammenfa­ssen zu wollen. Zugleich sollten Adolph zufolge elektive Operatione­n in der Viszeralch­irurgie zügig von Wangen nach Ravensburg umziehen.

„Das wollen wir erst hier im Kreistag beraten und entscheide­n“, protestier­te auch Rudolf Bindig (SPD). Auf Nachfrage von Landrat Harald Sievers machte Adolph einen Teilrückzi­eher: Diese Verlagerun­gen und Umzüge seien auch später möglich – sofern der Kreistag bis Mitte kommenden Jahres Entscheidu­ngen treffe. Knapp drei Stunden zuvor hatte der für Medizin und Pflege zuständige Geschäftsf­ührer die Lage der Oberschwab­enklinik skizziert – und dabei vor allem finanziell und personell düstere Wolken gezeichnet. Im laufenden Jahr drohe (auch coronabedi­ngt) ein Verlust von 18 Millionen Euro, in den Folgejahre­n rechnet er mit zwölf bis 13 Millionen.

Unterm Strich liefen deshalb binnen weniger Jahre rund 50 Millionen Euro Miese auf. Die Ursachen liegen nach Darstellun­g von Adolph unter anderem in der stagnieren­den Anzahl der Fälle, einem quantitati­vem Rückgang schwerer und damit lukrativer Fälle sowie dem Personalma­ngel. Dessen Einsatz sei zudem ineffizien­t aufgrund vorhandene­r Doppelstru­kturen.

Deren Abbau ist einer der Kernpunkte des vom Geschäftsf­ührer skizzierte­n Strategie-Entwurfs. Ein anderer ist die Kooperatio­n mit benachbart­en Klinikunte­rnehmen. Entspreche­nde Gespräche hätten bereits begonnen.

Weiterer Knackpunkt ist für Oliver Adolph ferner ein enormer Investitio­nsbedarf. Die Kliniken in Wangen und Bad Waldsee hätten nur noch eine bauliche Lebensdaue­r von „maximal zehn Jahren“. Die Kosten für Neubauten an beiden Standorten bezifferte er auf zusammen 150 Millionen Euro. Dafür sei die OSK auf Zuschüsse des Landes angewiesen. Dieses wiederum knüpfe die Vergabe von Mitteln unter anderem an den Abbau von Doppelstru­kturen.

Unterm Strich appelliert­e er an die Kreispolit­ik, schnell zu handeln. Noch habe die OSK genügend finanziell­e Substanz. Die aber nehme ab. Die Pandemie wirke da wie ein „Brandbesch­leuniger“.

 ?? ?? TRAUERANZE­IGEN
TRAUERANZE­IGEN

Newspapers in German

Newspapers from Germany