Deutlicher Rüffel und Abfuhr für OSK-Geschäftsführung
Strukturpläne zu Krankenhäusern im Landkreis Ravensburg erstmals öffentlich – Scharfe Kritik an Informationspolitik
- Der Kreistag hat die Geschäftsführung der Oberschwabenklinik (OSK) bei ihren Planungen zur Neustrukturierung der Krankenhaus-Struktur im Landkreis Ravensburg in ihre Schranken verwiesen. Das Gremium äußerte dabei deutliche Kritik an der Art und Weise der Kommunikation und Information dazu. Allzu schnellen Umsetzungsgedanken einiger Vorhaben erteilte es zudem eine Abfuhr.
Monatelang standen die „Fortschreibung der Medizinstrategie“genannten Planungen bereits im Raum. Sie beinhalten im Kern unter anderem den Abbau von Doppelstrukturen und damit die Verlagerung von Abteilungen. Offiziell wirklich öffentlich gemacht wurden sie erst bei der Kreistagssitzung am Dienstag in der Sirgensteinhalle in Vogt. Nachdem OSK-Geschäftsführer Oliver Adolph die schon im Frühjahr 2020 angelaufenen Analysen und Planungen vorgestellt hatte, debattierte der Kreistag das Thema fast drei Stunden lang.
Kernergebnisse: Die letztlich maßgeblichen Kreispolitikerinnen und Kreispolitiker signalisierten grundsätzlich Veränderungsbereitschaft, gaben aber ein einhelliges Bekenntnis zur kommunalen Trägerschaft der OSK ab und erteilten jeglichen Spekulationen über Privatisierungen eine Absage. Die meisten von ihnen forderten zudem den Erhalt der drei wichtigsten Klinikstandorte Ravensburg, Wangen und Bad Waldsee. Außerdem sollen möglichst bald externe Gutachter bestellt werden, die möglichst bis zum Frühjahr kommenden Jahres die Verfassung der OSK und die Zukunftsmodelle der Geschäftsführung mit dem Blick von außen beleuchten sollen.
Über diese nackten Ergebnisse der Debatte hinaus gab es deutliche Kritik, wie die OSK-Führung – aber auch Landrat Harald Sievers – bis dato Beschäftigte, Gremien und Öffentlichkeit informiert hatten. Entsprechende Redebeiträge wurden mehrfach mit Applaus aus den gut und offensichtlich vornehmlich mit Beschäftigten des Klinikverbunds besetzten Zuhörerreihen goutiert.
Und: Als Oliver Adolph kurz vor der Abstimmung zu drei Anträgen aus Reihen von CDU/Freien Wählern, Grünen und SPD ankündigte, erste Schritte der Neustrukturierung (teilweise) bereits im ersten Halbjahr kommenden Jahres umsetzen zu wollen, wurde er zurückgepfiffen. „So geht das mal nicht“, sagte FW-Fraktionschef Oliver Spieß in Richtung Geschäftsführer. Da hatte Letzterer erklärt, im Jahr 2022 nicht nur ambulante Leistungen am Krankenhaus in Bad Waldsee aufbauen, sondern auch schon die orthopädischen Bereiche der drei Standorte in Wangen zusammenfassen zu wollen. Zugleich sollten Adolph zufolge elektive Operationen in der Viszeralchirurgie zügig von Wangen nach Ravensburg umziehen.
„Das wollen wir erst hier im Kreistag beraten und entscheiden“, protestierte auch Rudolf Bindig (SPD). Auf Nachfrage von Landrat Harald Sievers machte Adolph einen Teilrückzieher: Diese Verlagerungen und Umzüge seien auch später möglich – sofern der Kreistag bis Mitte kommenden Jahres Entscheidungen treffe. Knapp drei Stunden zuvor hatte der für Medizin und Pflege zuständige Geschäftsführer die Lage der Oberschwabenklinik skizziert – und dabei vor allem finanziell und personell düstere Wolken gezeichnet. Im laufenden Jahr drohe (auch coronabedingt) ein Verlust von 18 Millionen Euro, in den Folgejahren rechnet er mit zwölf bis 13 Millionen.
Unterm Strich liefen deshalb binnen weniger Jahre rund 50 Millionen Euro Miese auf. Die Ursachen liegen nach Darstellung von Adolph unter anderem in der stagnierenden Anzahl der Fälle, einem quantitativem Rückgang schwerer und damit lukrativer Fälle sowie dem Personalmangel. Dessen Einsatz sei zudem ineffizient aufgrund vorhandener Doppelstrukturen.
Deren Abbau ist einer der Kernpunkte des vom Geschäftsführer skizzierten Strategie-Entwurfs. Ein anderer ist die Kooperation mit benachbarten Klinikunternehmen. Entsprechende Gespräche hätten bereits begonnen.
Weiterer Knackpunkt ist für Oliver Adolph ferner ein enormer Investitionsbedarf. Die Kliniken in Wangen und Bad Waldsee hätten nur noch eine bauliche Lebensdauer von „maximal zehn Jahren“. Die Kosten für Neubauten an beiden Standorten bezifferte er auf zusammen 150 Millionen Euro. Dafür sei die OSK auf Zuschüsse des Landes angewiesen. Dieses wiederum knüpfe die Vergabe von Mitteln unter anderem an den Abbau von Doppelstrukturen.
Unterm Strich appellierte er an die Kreispolitik, schnell zu handeln. Noch habe die OSK genügend finanzielle Substanz. Die aber nehme ab. Die Pandemie wirke da wie ein „Brandbeschleuniger“.