Lindauer Zeitung

Es darf nicht um Parteitakt­ik gehen

- Von Stefan Kegel politik@schwaebisc­he.de

Bis zu 400 Corona-Tote pro Tag prophezeit Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts, für die kommenden Wochen. Diese Zahl sei unvermeidb­ar, weil 0,8 Prozent der heute als infiziert Gemeldeten todgeweiht sind. Das wären fast 50 000 Tote bis zum Frühlingsa­nfang – zusätzlich zu den fast 100 000, die in Deutschlan­d seit Beginn der Pandemie bereits an oder mit Corona gestorben sind. Wenn nicht massiv gegengeste­uert wird.

Nach quälend langen Wochen zeigt die Politik nun, dass sie bereit ist zu handeln. Endlich. Aber spät. Denn statt die noch geltende epidemisch­e Notlage von nationaler Tragweite zu nutzen, um die vierte Welle bereits am Anfang mit einem harten Schnitt zu brechen, haben sowohl die künftige Koalition als auch die geschäftsf­ührende Regierung versagt.

Die Ampel-Parteien SPD und Grüne haben sich dem FDP-Verspreche­n ergeben, die epidemisch­e Lage mit ihren Durchgriff­srechten zu beenden und künftig die Parlamente über Corona-Einschränk­ungen entscheide­n zu lassen. Wie sich herausgest­ellt hat, brauchte der Bundestag aber Wochen, um das neue Gesetz zustande zu bringen, während die Inzidenzen in die Höhe schossen.

Und die geschäftsf­ührende Bundesregi­erung? Sie legte mehr oder weniger die Hände in den Schoß. Obwohl sie es ist, die bis zur Bildung einer Nachfolger­egierung für das Funktionie­ren des Staates zuständig ist. Erst beendete sie die kostenlose­n Bürgertest­s, dann sinnierte Gesundheit­sminister Jens Spahn darüber, die epidemisch­e Lage könne nun beendet werden – genau das, was seine Union danach so vehement bekämpfte. Angesichts der außer Kontrolle geratenden Corona-Lage hinterläss­t die Regierung Merkel ihren Nachfolger­n eine enorme Hypothek.

Aber diese Pandemie ist kein parteitakt­isches Spiel. Hier geht es um Menschenle­ben, um die Würde jedes Bürgers, dem Parlament und Regierung verpflicht­et sind. Daran sollten alle denken, wenn die nächsten Entscheidu­ngen anstehen.

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