Kunst mit Spaßfaktor
Das Museum Villa Rot zeigt zeitgenössische Arbeiten mit Tiefgang zum Thema Lachen
- Ein Bett, in das sich ein Lulatsch zwängt, ein Stuhl, der sich selbst hinsetzt, Fotos von begossenen Pudeln und eine gigantische Bärenfalle. Dazu Experimente mit dem Körper und der Stimme zum Mitmachen. Der neue Museumsleiter Thomas Schmäschke gibt seinen Einstand in der Villa Rot bei Laupheim mit zeitgenössischer Kunst zum Schmunzeln und Lachen. Eine Gute-Laune-Ausstellung, ein Lichtblick in diesen tristen Zeiten.
Lachen ist zutiefst menschlich. Mittlerweile hat auch die Wissenschaft erkannt, dass Lachen gesund ist. Glückshormone werden ausgeschüttet und bis zu 300 Muskeln im Körper aktiviert. Doch Lachen ist nicht gleich Lachen. Es gibt das höfliche Lächeln, das leichte Schmunzeln, das fröhliche Kichern und das sich Schlapplachen, bis der Bauch wehtut. Dann gibt es noch das gequälte Haha, das spöttische Grinsen, das höhnische Gelächter und das aggressive Auslachen.
Wer in der Villa Rot zwischen den Leinwänden von Peter Land steht, weiß nicht so recht, ob der Künstler über uns oder für uns lacht. Der Däne scheint sich in den beiden Videos bestens zu amüsieren, aber weil alles in Zeitlupe abläuft, klingt es nicht herzlich, sondern eher befremdlich, fast schon gruselig. Irgendwann hört er sich mal wie ein blöckendes Schaf an, sodass man einfach Loslachen muss. Und schon hat sich die Situation entspannt.
Museumsleiter Thomas Schmäschke (36) untersucht in seiner Ausstellung „Lachen, was passiert, wenn wir uns freuen“mit Arbeiten von zeitgenössischen Künstlern ganz unterschiedliche Perspektiven des Lachens. Dazu kommt eine eigene Spur mit Redensarten auf Konfettibuttons. Auf diesen schafft Sprichwortpapst Rolf-Bernhard Essig mit seinen Erklärungen zu Ursprung und Bedeutung unterhaltsamen Mehrwert.
Schon der Auftakt bricht den Erwartungshorizont des Publikums. Es geht ums „Zähne zeigen“– mehr soll hier nicht verraten werden. Für Schmäschke, gebürtiger RheinlandPfälzer, gehört das ebenso zum Lachen. Aus der einstigen Drohgebärde, die Stärke demonstrieren sollte, sei längst ein Signal der Offenheit geworden. Allerdings nicht überall auf der Welt. In Asien zum Beispiel zeigt man beim Lachen besser keine Zähne. Deshalb werden beim Rundgang durchs Haus auch kulturelle Unterschiede angesprochen. Selbst die Kirche bekommt da ihr Fett ab. Tatsächlich
war das Lachen in der Kirche über Jahrhunderte hinweg verboten und galt als unchristlich.
Zugleich geht es in der Ausstellung ums kindliche Spiel, um Kommunikation, um Distanz und Nähe. Fotografin Herlinde Koelbl beispielsweise zeigt in einer amüsanten Schwarz-Weiß-Serie die Wirkungen der „Stillen Post“. Doch die Besucherinnen und Besucher können auch selber aktiv werden und an der einen oder anderen Stelle schmunzeln, lächeln oder einen spontanen Brüller lassen: Das Kölner Künstlerkollektiv ///fur/// lädt in einer Nische im Erdgeschoss zum wunderbar schrägen Akustik-Flipper ein, während Erwin Wurm ein Stockwerk höher das Publikum mit der Frage konfrontiert, wie viel Humor sich jeder einzelne eigentlich selbst zuschreibt. Wie der österreichische Künstler das macht? Mit seinen berühmten „One Minute Sculptures“, in denen er dazu anregt, sich mit grotesken Körperstellungen im Museum selber auf die Schippe zu nehmen. Sehr witzig ist etwa die Aktion mit den Putzlappen. Wie heißt es doch im Volksmund so treffend: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
Beim Humor kommt es natürlich aufs Timing an. Nicht nur der Auslöser des Lachens, sondern auch die Gefühlsäußerung selbst ist ein zeitliches Phänomen – oft geht es so flugs vorüber, wie es gekommen ist. Kurz gesagt: Kein Lachen ist von Dauer. Die Bärenfalle von Guido Weggenmann in der Kunsthalle spielt auf diesen Moment an, wenn die Pointe eines Witzes zuschnappt. Auch der Aspekt der Überspitzung kommt hier zum Tragen. Denn das normalerweise im Unterholz versteckte Objekt ist kolossal vergrößert und in grellem Orange lackiert. Kunst zum Thema Lachen, aber mit Tiefgang.
Wer sich mit so etwas schwertut, findet gleich nebenan plakative PopArt, die auf Comics und Cartoons zurückgreift. Leichte Kost bieten zudem Loriots berühmter Fernsehsketch von zwei Herren in der Badewanne, präsentiert im Bad der Villa Rot, sowie Stummfilmstar Buster Keaton – zum Schmunzeln und Lachen gibt es in dieser Ausstellung mehr als genug.
Dauer: bis 6. Februar 2022, Öffnungszeiten: Mi.-Sa. 14-17 Uhr, So. und Fei. 11-17 Uhr. Katalog zur Schau: 96 Seiten, 14 Euro. Weitere Infos zum Rahmenprogramm: www.villa-rot.de, darunter sind auch zwei Kuratorenführungen mit anschließender Lachyoga-Performance am 5. Dezember und 6. Februar, jeweils um 14 Uhr.