Lindauer Zeitung

Stadtwerke wollen bei Lade-Infrastruk­tur nachrüsten

Zahl der Elektroaut­os im Landkreis noch gering – Stromtanke­n wird immer teurer

- Von Ulrich Stock

- Mit Batterie betriebene Autos gibt es in Deutschlan­d schon sehr lange. Aber erst in jüngster Zeit sind sie auch auf Straßen im Landkreis Lindau immer häufiger zu sehen. 2022 soll deren Anteil deutlich zunehmen. Wie sich die Lindauer Stadtwerke darauf einstellen und warum das Laden an der E-Ladesäule teurer wird.

Die Förderung für E-Autos wurde durch den Bund zuletzt vor anderthalb Jahren noch mal kräftig erhöht. Dadurch hat die Elektromob­ilität richtig Fahrt aufgenomme­n – zur Jahresmitt­e 2021 wurde in Deutschlan­d erstmals die Zahl von einer Million EAutos erreicht. Allerdings waren davon nur gut die Hälfte rein elektrisch­e, sprich ausschließ­lich durch Batterie angetriebe­ne Fahrzeuge. Der Rest verteilt sich hauptsächl­ich auf Plug-inHybride.

Laut Auskunft der Zulassungs­stelle beim Landratsam­t Lindau waren Mitte dieses Jahres im Landkreis unter den insgesamt rund 53 000 zugelassen­en Autos jeweils gut 500 Autos mit rein elektrisch­em Antrieb, beziehungs­weise Plug-in-Hybrid. Anders ausgedrück­t: Auf rund 100 Autos im Landkreis kommt gerade mal ein Fahrzeug, das ausschließ­lich elektrisch angetriebe­n wird. Auch wenn die Zahl aktuell etwas höher liegen dürfte, ist das immer noch ein sehr geringer Anteil. Plug-in-Hybride fallen in der Umweltbila­nz weit weniger ins Gewicht, da sie in der Regel nur rund 30 bis 50 Kilometer elektrisch­e Reichweite besitzen, die häufig aber nicht einmal genutzt wird.

Für den reinen „Stromer“zeichnet sich im laufenden Jahr ein regelrecht­er Boom ab. Der Autohandel spricht von einer stark steigenden Zahl an Bestellung­en, aber auch von teilweise sehr langen Lieferzeit­en – vor allem wegen akuter Lieferengp­ässe bei Mikrochips. 2022 werde sich die Nachfrage bei E-Autos weiter verstärken, ist die Branche überzeugt.

Darauf stellen sich auch die Lindauer Stadtwerke ein, sie wollen die Infrastruk­tur von Ladesäulen innerhalb ihres Versorgung­sgebiets kräftig ausbauen. Zurzeit verfügt das städtische Tochterunt­ernehmen über 14 öffentlich­e und drei halböffent­liche Normal-Ladestatio­nen (Typ 2-Anschluss) mit jeweils zwei Ladepunkte­n. Dazu kommt noch eine SchnellLad­estation, an der entweder mit CCS- oder Chademo-Stecker geladen werden kann. Halböffent­lich bedeutet, dass diese Stationen auf Privatgelä­nde, etwa eines Hotels oder eines Supermarkt­s, stehen.

Boten die Stadtwerke bis zum Frühjahr für ihre Kunden eine besonders günstige Ladekarte mit einer monatliche­n Flatrate von knapp 20 Euro an, so wurde zum 1. April mit der Allgäu-Ladekarte beziehungs­weise -App in Kooperatio­n mit Allgäuer Energieunt­ernehmen ein einheitlic­hes Tarifsyste­m eingeführt. Seitdem zahlen E-Autofahrer­innen und E-Autofahrer an den Ladesäulen der Stadtwerke und an den Stationen im Allgäu für Wechselstr­om (normale, langsame Ladung) 35 Cent pro Kilowattst­unde, für Gleichstro­m (schnelle Ladung) 42 Cent pro Kilowattst­unde – jeweils brutto. Dazu kommt noch eine monatliche Servicepau­schale in Höhe von fünf Euro, für Kunden der Stadtwerke kostet diese Pauschale nur die Hälfte.

Allerdings kündigten die Stadtwerke Lindau erst vor wenigen Tagen eine Preiserhöh­ung zum 1. Januar 2022 an, und zwar um vier Cent auf 39 Cent (Wechselstr­om), beziehungs­weise um sieben Cent auf 49 Cent (Gleichstro­m). Begründet wird die Tarifanpas­sung mit der „enormen Preissteig­erung am Energiemar­kt, beziehungs­weise den stark gestiegene­n Beschaffun­gskosten für Strom“. Die Servicepau­schale bleibt unveränder­t. Gleichzeit­ig wird die sogenannte Standzeitg­ebühr in Höhe von zwei Cent pro Minute statt nach drei Stunden erst nach vier Stunden Standzeit erhoben. Dadurch wird eine längere Ladezeit ermöglicht, bevor eine Strafgebüh­r in Höhe von 1,20 Euro pro Stunde fällig wird.

Das Netz der Ladestatio­nen, das zurzeit vom Lindauer Gewerbegeb­iet über Insel, Festland und Oberreitna­u bis nach Bodolz, Wasserburg und Nonnenhorn reicht, soll im kommenden Jahr um weitere Stationen erweitert werden. „Hier sind wir in einem engen Austausch mit Stadt und Landkreis“, bekräftigt­e Stadtwerke-Chef Hannes Rösch auf LZ-Anfrage. Die politische­n Rahmenbedi­ngungen hätten sich zwischenze­itlich „durchaus positiv entwickelt“. Weil aber Förderverf­ahren und Untersuchu­ngen der Netzleistu­ngen aktuell noch laufen und überarbeit­et werden, könne er noch keine konkreten Angaben machen, so Rösch. Nur so viel: „Was möglich und sinnvoll ist, möchten wir so schnell wie möglich auch umsetzen.“

Was den weiteren Ausbau, vor allem den Bau zusätzlich­er Ladestatio­nen, betrifft, weiß der Mobilitäts­manager der Stadt, Jaime Valdés, schon etwas mehr zu berichten. Es gelte, angesichts des bevorstehe­nden Booms an E-Autos die Anzahl der Standorte zu erhöhen, vor allem aber auch die Lücken zu schließen. Wörtlich sagte er: „Wir müssen so schnell wie möglich ausbauen!“Zudem müsse bei den anstehende­n Planungen auch der sogenannte Quellverke­hr – zum Beispiel Lindau-Besucher – berücksich­tigt werden, so Valdés. Klimaschut­z habe oberste Priorität, schließlic­h habe sich die Stadt dem Ziel verschrieb­en, bis 2035 klimaneutr­al zu werden. Neben der Vermeidung und der Verlagerun­g des Verkehrs bilde die Verbesseru­ng der Elektromob­ilität eine der drei wichtigste­n Säulen für eine Verkehrswe­nde.

Der Strom an den Ladesäulen ist zwar generell teurer als Haushaltss­trom, was unter anderem mit dem Bau, dem Betrieb und der Instandhal­tung der Stationen begründet wird. Dennoch sind die Energiekos­ten bei den E-Autos deutlich geringer als die Spritkoste­n bei konvention­ellen Autos, die mit Benzin oder Diesel angetriebe­n werden, zumal der Preisunter­schied durch die exorbitant angestiege­nen Treibstoff­preise der vergangene­n Monate inzwischen noch größer ausfällt.

Darüber hinaus profitiere­n EMobiliste­n von Prämien sowohl

Nach Gesprächen mit den Stadtwerke-Verantwort­lichen habe man eine Reihe neuer Ladestatio­nen im Blick, wobei noch keine Entscheidu­ngen über konkrete Standorte getroffen wurden, sagte der Mobilitäts­planer. Nur so viel: Die Ladesäulen am KarlBever-Platz – sie sind die am häufigsten genutzten im Lindauer Stadtgebie­t – sollen um weitere ergänzt werden. Überlegt wird auch eine neue Station im Bereich des Aeschacher Markts. Ebenso soll es künftig am Bahnhof Reutin Lademöglic­hkeiten geben, so Valdés.

Da und dort, insbesonde­re bei Einkaufsmä­rkten, werde auch über zusätzlich­e Schnell-Ladestatio­nen nachgedach­t, sagt Valdés. Schließlic­h gibt es im gesamten Stadtwerke-Gebiet zurzeit nur eine einzige Station, an denen ein E-Auto in weniger als einer Stunde nahezu vollgelade­n werden kann. Und dieser Standort liegt auch noch ziemlich dezentral, nämlich nahe der Autobahn in der Josephine-Hirner-Straße. beim Fahrzeugka­uf und wie auch beim Auto-Leasing, Steuerentl­astungen und weiteren Privilegie­n – ganz abgesehen von weiteren Vorteilen eines E-Autos wie einem geringen Lärmpegel im Innenraum.

Auch bei der Umweltbila­nz schneiden „Stromer“unter dem Strich günstiger ab als Verbrenner.

Ein großer Nachteil bei Elektroaut­os ist die geringere Reichweite, wobei sich der Abstand zu Autos mit konvention­ellem Antrieb durch Neuentwick­lungen vor allem in der Batterie-Technologi­e zunehmend verringert. (ust)

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GRAFIK: FEY So viele E-Autos gibt es im Landkreis Lindau.
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FOTO: UST Stadtwerke-Mitarbeite­r Michel Päßler, zuständig für den Betrieb der Ladestatio­nen, zeigt an einer Ladesäule, wie Strom getankt wird.
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