Verwirrung bei einzelnen Corona-Tests
Im Schnelltest positiv, beim anschließenden PCR-Test negativ, nur um am Ende doch PCR-positiv zu sein
- Eigentlich sollte der Selbsttest nur der Sicherheit dienen, bevor es nach einigen Tagen Homeoffice wieder ins Büro geht. Also am Morgen daheim noch das Stäbchen in die Nase schieben, was soll schon passieren. Das dachte sich ein 30Jähriger aus Kempten, der einige Tage zuvor als vollständig geimpfter Teil einer Kontaktkette war, aber keine Symptome verspürte. Ein positives Ergebnis schien unwahrscheinlich, schließlich waren alle Schnelltests und ein PCR-Test bis dahin negativ ausgefallen. Trotzdem zeichneten sich auf dem Selbsttest zwei kräftige Striche ab: positiv.
Statt zurück ins Büro ging es also erneut zum PCR-Test – der negativ blieb. Soweit, so normal. „Dass ein Schnelltest positiv ist und ein PCRTest negativ, gibt es relativ oft“, sagt Virologe Dr. Matthias Lapatschek vom Medizinisch-Diagnostischen Labor Kempten. So könnten sich die Antikörper, die man in einem Schnelltest künstlich hinzugibt, auch falsch an einem anderen Erreger anbinden. Das könne bei etwa drei Prozent der Getesteten der Fall sein, sagt Lapatschek. Bei der Polymerase-Kettenreaktion, auf Englisch als PCR abgekürzt, seien Fehler nur bei 0,03 Prozent der Fall.
Wegen einer anstehenden privaten Feier entschied der Kemptener jedoch einige Tage später auf eigene Rechnung nochmal einen PCR-Test zu machen – sicher ist sicher. Das Ergebnis fiel anders als erwartet aus, nämlich positiv. Ein weiterer PCRTest auf Anordnung des Gesundheitsamts bestätigte dies. Und auf ein positives Ergebnis kann man sich in diesem Fall offenbar verlassen. „Falsch-positive PCR-Befunde gibt es fast nicht“, sagt Virologe Lapatschek. Doch welcher Test hatte zu Beginn nun recht – und warum zeigte der Selbsttest die Infektion offenbar vor dem PCR-Test an?
Fälle, in denen der Schnelltest zuerst positiv ist, der PCR-Test dann aber negativ, habe man etwa ein, zwei Mal pro Monat, erklärt Lapatschek. Beide Test-Varianten arbeiten komplett unterschiedlich. „Der Schnelltest weist die Proteine des Virus nach, der PCR-Test die Nukleinsäure“, erklärt der Mediziner. Die PCRMethode ist jedoch deutlich genauer als die Antigen-Variante. Bei dieser liege die Nachweisgrenze bei einer Million Viren pro Milliliter – bei der PCR dagegen bei hundert bis tausend Viren pro Milliliter, „sie ist also um den Faktor 1000 bis 10 000 genauer“. Bei einem Infizierten müsse aber eigentlich beides vorhanden sein, die
Proteine und die Nukleinsäure. Woher kam also das negative PCR-Resultat?
Das könnte offenbar daran liegen, wie die Probe entnommen wurde: der Selbsttest durch die Nase, der negative PCR-Test dagegen durch den Mund. So ist es nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts möglich, PCR-Rachenabstriche entweder durch den Mund oder die Nase zu nehmen. Viren seien aber nicht immer an der gleichen Stelle, wendet Lapatschek ein. „Am Anfang vermehren sie sich meist in der Nasenschleimhaut und wandern später in den Rachen.“Zu Beginn einer Infektion könne es hier eine diagnostische Lücke geben. „Da der Schnelltest in diesem Fall in der Nase, der PCR-Abstrich
aber durch den Mund gemacht wurde, halte ich das für die wahrscheinlichste Erklärung“, sagt Lapatschek. Der PCR-Test habe einige Tage später die Infektion dann ja auch bestätigt.
Trotz dieses Grenzfalls bietet der Rachenabstrich durch den Mund auch Vorteile. Er ist Lapatschek zufolge simpler durchzuführen, da man sehen kann, ob man wirklich an der Rachenhinterwand abstreicht. „Und der Patient hat weniger das Gefühl, ihm wird gleich ins Gehirn gebohrt.“Er hat dennoch eine Empfehlung für den Abstrich durch den Mund: „Um die Sensitivität zu erhöhen, ist es sinnvoll, mit dem gleichen Stäbchen auch noch die Nasenlöcher abzustreichen.“
Dr. Matthias Lapatschek, Virologe vom Medizinisch-Diagnostischen
Labor Kempten