Es knirscht gewaltig
Bayern München reist mit reichlich „Störgeräuschen“zum Champions-League-Spiel nach Kiew
(SID) - Julian Nagelsmann entfuhr ein kurzer, aber knackiger Fluch. Das kleine Missgeschick des Trainers, dem beim Jonglieren im Abschlusstraining der Ball versprang, passte ins Bild: Es knirscht und kracht gewaltig beim FC Bayern. Das „nervige“Corona-Thema, zahlreiche QuarantäneFälle und leidige Debatten um Gehaltskürzungen: Als sich die arg dezimierte Delegation aus München am Montagnachmittag per Sonderflug auf nach Kiew machte, hatte Nagelsmann zwar nur 18 Profis, aber dafür jede Menge Sorgen an Bord.
„Ich glaube nicht, dass die Mannschaft an der Situation zerbricht“, sagte der Coach über die Dauer-Unruhe, er selbst wirkte vor dem ChampionsLeague-Spiel am Dienstag (18.45 Uhr/ DAZN) bei Dynamo Kiew aber teilweise dünnhäutig. „Die Störgeräusche“, klagte er, „gehören ein Stück weit zum FC Bayern dazu.“Und es sei sicher unglücklich, dass – wie in der Debatte um Gehaltskürzungen für das
Quarantäne-Quintett um Impfskeptiker Joshua Kimmich – „Interna ausgeplaudert werden“. Das alles aber, behauptete er, „sind keine Dinge, die unseren sportlichen Erfolg extrem gefährden“.
Wirklich? Pressesprecher Dieter Nickles mahnte die Reporter gleich mehrfach, doch bitte „sportliche Fragen“zu stellen. Nagelsmann sah sich zu einer eindringlichen Warnung an seine Stars veranlasst: „Wir dürfen nicht den Fehler machen, die Themen drumherum aufs Sportliche zu projizieren.“Er hätte „mehr Spaß, wenn alles ruhig ist und in die richtige Richtung
läuft“, bekannte er. Das ewige Gerede sei zwar normal, aber „nicht der gesündeste Teil des Business“. Ein echtes Team, betonte Nagelsmann, „muss daran wachsen und füreinander da sein. Das heißt nicht, dass man immer dieselbe Meinung hat.“
Wie das in der Praxis aussieht, erläuterte Leroy Sané. Im Team „redet man kurz ein bisschen darüber“, sagte er über die Impfdebatte. Als Gesicht der bayerischen Impfkampagne „bin ich einer, der dafür steht“, betonte der Nationalspieler. Er wolle, dass seine Kumpels Kimmich und Serge Gnabry oder die anderen Isolierten „auf dem Platz helfen können. Es sind wichtige Spieler für uns, wir wollen sie gerne dabeihaben.“Kurzfristig sieht auch Sané in der Quarantäne-Problematik noch kein größeres Gefahrenpotenzial für die Saisonziele. Aber in den Köpfen spuken sie wohl schon herum. „Man muss schauen, was in Zukunft passiert, wenn die größeren und wichtigeren Spiele dann auf einen zukommen“, sagte der Offensivspieler.
In Kiew gilt es zunächst die fünf
Quarantäne-Fälle Kimmich, Gnabry, Jamal Musiala, Eric Maxim ChoupoMoting und Michael Cuisance aufzufangen. Zudem fehlen auch Niklas Süle und Josip Stanisic (beide coronapositiv) sowie Dayot Upamecano (Gelbsperre). Die angeschlagenen Kingsley Coman und Marcel Sabitzer sind fraglich. „Es ist nicht so, dass wir mit irgendeiner Thekentruppe anreisen“, sagte Nagelsmann jedoch – und scherzte mit einem Kindergartenvergleich: „Wenn man eine Erzieherin fragen würde, ist ein Betreuungsschlüssel von 1:15 besser als 1:22.“
Ein Unentschieden würde den Bayern, die bereits fürs Achtelfinale qualifiziert sind, zum Gruppensieg reichen. „Wir haben nicht mehr den Ergebnisdruck“, meinte Nagelsmann, „aber wir machen einen großen Fehler, wenn wir da hingehen und sagen, das Spiel interessiert uns nicht mehr.“Die Champions League, warnte der 34-Jährige seine Rumpftruppe, „ist nie unwichtig – erst recht nicht für Bayern München.“Und schon gar nicht, wenn es eh überall knirscht und kracht.