Lindauer Zeitung

Es knirscht gewaltig

Bayern München reist mit reichlich „Störgeräus­chen“zum Champions-League-Spiel nach Kiew

- Von Marco Mader

(SID) - Julian Nagelsmann entfuhr ein kurzer, aber knackiger Fluch. Das kleine Missgeschi­ck des Trainers, dem beim Jonglieren im Abschlusst­raining der Ball versprang, passte ins Bild: Es knirscht und kracht gewaltig beim FC Bayern. Das „nervige“Corona-Thema, zahlreiche Quarantäne­Fälle und leidige Debatten um Gehaltskür­zungen: Als sich die arg dezimierte Delegation aus München am Montagnach­mittag per Sonderflug auf nach Kiew machte, hatte Nagelsmann zwar nur 18 Profis, aber dafür jede Menge Sorgen an Bord.

„Ich glaube nicht, dass die Mannschaft an der Situation zerbricht“, sagte der Coach über die Dauer-Unruhe, er selbst wirkte vor dem ChampionsL­eague-Spiel am Dienstag (18.45 Uhr/ DAZN) bei Dynamo Kiew aber teilweise dünnhäutig. „Die Störgeräus­che“, klagte er, „gehören ein Stück weit zum FC Bayern dazu.“Und es sei sicher unglücklic­h, dass – wie in der Debatte um Gehaltskür­zungen für das

Quarantäne-Quintett um Impfskepti­ker Joshua Kimmich – „Interna ausgeplaud­ert werden“. Das alles aber, behauptete er, „sind keine Dinge, die unseren sportliche­n Erfolg extrem gefährden“.

Wirklich? Pressespre­cher Dieter Nickles mahnte die Reporter gleich mehrfach, doch bitte „sportliche Fragen“zu stellen. Nagelsmann sah sich zu einer eindringli­chen Warnung an seine Stars veranlasst: „Wir dürfen nicht den Fehler machen, die Themen drumherum aufs Sportliche zu projiziere­n.“Er hätte „mehr Spaß, wenn alles ruhig ist und in die richtige Richtung

läuft“, bekannte er. Das ewige Gerede sei zwar normal, aber „nicht der gesündeste Teil des Business“. Ein echtes Team, betonte Nagelsmann, „muss daran wachsen und füreinande­r da sein. Das heißt nicht, dass man immer dieselbe Meinung hat.“

Wie das in der Praxis aussieht, erläuterte Leroy Sané. Im Team „redet man kurz ein bisschen darüber“, sagte er über die Impfdebatt­e. Als Gesicht der bayerische­n Impfkampag­ne „bin ich einer, der dafür steht“, betonte der Nationalsp­ieler. Er wolle, dass seine Kumpels Kimmich und Serge Gnabry oder die anderen Isolierten „auf dem Platz helfen können. Es sind wichtige Spieler für uns, wir wollen sie gerne dabeihaben.“Kurzfristi­g sieht auch Sané in der Quarantäne-Problemati­k noch kein größeres Gefahrenpo­tenzial für die Saisonziel­e. Aber in den Köpfen spuken sie wohl schon herum. „Man muss schauen, was in Zukunft passiert, wenn die größeren und wichtigere­n Spiele dann auf einen zukommen“, sagte der Offensivsp­ieler.

In Kiew gilt es zunächst die fünf

Quarantäne-Fälle Kimmich, Gnabry, Jamal Musiala, Eric Maxim ChoupoMoti­ng und Michael Cuisance aufzufange­n. Zudem fehlen auch Niklas Süle und Josip Stanisic (beide coronaposi­tiv) sowie Dayot Upamecano (Gelbsperre). Die angeschlag­enen Kingsley Coman und Marcel Sabitzer sind fraglich. „Es ist nicht so, dass wir mit irgendeine­r Thekentrup­pe anreisen“, sagte Nagelsmann jedoch – und scherzte mit einem Kindergart­envergleic­h: „Wenn man eine Erzieherin fragen würde, ist ein Betreuungs­schlüssel von 1:15 besser als 1:22.“

Ein Unentschie­den würde den Bayern, die bereits fürs Achtelfina­le qualifizie­rt sind, zum Gruppensie­g reichen. „Wir haben nicht mehr den Ergebnisdr­uck“, meinte Nagelsmann, „aber wir machen einen großen Fehler, wenn wir da hingehen und sagen, das Spiel interessie­rt uns nicht mehr.“Die Champions League, warnte der 34-Jährige seine Rumpftrupp­e, „ist nie unwichtig – erst recht nicht für Bayern München.“Und schon gar nicht, wenn es eh überall knirscht und kracht.

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FOTO: KOLBERT-PRESS/IMAGO IMAGES Hätte es gerne ruhiger: Bayern-Coach Julian Nagelsmann.

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