Superheld und Schurkenrolle
Mercedes feiert Formel-1-Star Hamilton – Red Bull eckt an
(SID) - Sein Chef hatte ihm gerade Superkräfte bescheinigt, die Fachwelt staunte über das Comeback im Titelkampf – Lewis Hamilton selbst hatte nach einem einsamen Abend an der Spitze des Feldes indes einen bescheidenen Wunsch. „Ich freue mich schon, die Wiederholung zu schauen“, sagte der Formel-1Weltmeister nach dem Sieg in Katar, „ich will sehen, was hinter mir so passiert ist.“Denn ein Rennen so ganz ohne Gegnerkontakt, wie zu Zeiten der größten Mercedes-Dominanz, das war Hamilton gar nicht mehr gewohnt. Enge Duelle mit Max Verstappen hatte er sich zuletzt monatelang geliefert, sein Bolide war teilweise unterlegen – nach den Siegen in Brasilien und nun am Persischen Golf sieht die Welt aber wieder völlig anders aus.
Der Mercedes ist wieder das beste Paket, wie es in der Formel 1 heißt, er ist auf allen Strecken ein Auto, mit dem man gewinnen kann. Und drin sitzt ein Fahrer, der das dann auch vollendet. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff hielt sich nicht zurück bei seiner Lobrede. „Lewis ist voll da“, sagte er, „brutal, kaltblütig. Wenn ihm Widrigkeiten begegnen, ist er in der Lage, die Kräfte eines Superhelden zu entwickeln.“Vor zwei Wochen, nach dem Rennen in Mexiko, lag Hamilton schon 19 Punkte zurück, Verstappens Auto schien in der Endphase der Saison zu stark. Und als nächstes wartete das Rennen in São Paulo – nach allem, was man damals wusste, eine Red-Bull-Strecke.
Aber es kam ja alles anders. Hamilton gewann dort, obwohl er zweimal von der Rennleitung rückversetzt wurde, und auch in Katar konnte Verstappen nun nicht folgen. Aus Sicht von Red Bull ging das alles etwas zu schnell. Teamchef Christian Horner eckte in den vergangenen Wochen immer wieder an, „weil ich alles geradeheraus sage“, wie der Brite meint. Und besonders häufig sagte er zuletzt, dass mit dem Mercedes irgendetwas nicht stimmt. „Was wir dort sehen, ist ein nicht normaler Speed auf den Geraden“, so Horner.
Irgendetwas sei mit dem Motor, vielleicht auch mit dem Heckflügel, viel konkreter wurden die Äußerungen nie. Und von den Kontrolleuren des Weltverbandes FIA gibt es auch keine Beanstandungen. Die anhaltenden Unterstellungen aber sorgen langsam dafür, dass Horner und Red Bull selbst in die Schurkenrolle rutschen. Dabei ist die Wahrheit möglicherweise ganz einfach: Der Mercedes war die ganze Saison schon ein Siegerauto, und die für Silber schwierigsten Strecken sind geschafft. Zudem hat Hamilton nun – ganz offiziell – wieder einen frischen Motor zur Verfügung.