Lindauer Zeitung

EU-Parlament beschließt künftige Agrarpolit­ik

Bundesregi­erung muss nun Strategiep­lan vorlegen – Ökolandbau befürchtet Kürzung

- Von Dominik Guggemos und Benjamin Wagener

- Das EU-Parlament hat die Gemeinsame Agrarpolit­ik (GAP) für die Jahre 2023 bis 2027 am Dienstag auch formal beschlosse­n. Die Ausgestalt­ung der Finanzieru­ng aus dem EU-Budget für die Landwirte war Ende Juni nach äußerst zähen Verhandlun­gen im sogenannte­n Trilog zwischen EU-Parlament, Kommission und Mitgliedss­taaten ausgehande­lt worden. Als Kern der Reform gelten die sogenannte­n Öko-Regelungen (Eco-Schemes).

Nach einer Übergangsf­rist werden 25 Prozent der Zahlungen an solche Umweltaufl­agen geknüpft. Was darunter fällt, bestimmen die Mitgliedss­taaten für sich, allerdings muss die Kommission die Pläne genehmigen. 75 Prozent der Überweisun­gen aus dem EU-Haushalt landen weiterhin an der Fläche orientiert als Direktzahl­ungen bei den Landwirten.

Als Verlierer der Reform sehen sich die Ökolandwir­te. Die EcoSchemes würden weder der Umwelt noch den Ökobauern helfen, sagt Hubert Heigl, Präsident des Ökolandbau-Verbands Naturland. Er befürchtet, dass die Förderung unterm Strich sogar gekürzt werden könnte. Der Vorsitzend­e des Landwirtsc­haftsaussc­husses des Europäisch­en Parlaments Norbert Lins (CDU) bewertet die Reform als gute Balance aus Nachhaltig­keit, Ernährungs­sicherheit, Wettbewerb­sfähigkeit und sozialer Gerechtigk­eit. „Die neue GAP wird vor allem kleinere und Familienbe­triebe fördern. Diese gerechtere Verteilung der Direktzahl­ungen war für mich ein Kernthema der Reform“, sagte Lins nach der Abstimmung im Parlament. „Mit einer erstmalig verpflicht­enden Umverteilu­ng von zehn Prozent unterstütz­en wir jetzt gezielt Bäuerinnen und Bauern mit kleineren Höfen. Dadurch gehen in Zukunft mehr als 80 Prozent der Zahlungen an Betriebe bis 250 Hektar – das ist ein großer Erfolg.“EU-Landwirtsc­haftskommi­ssar Janusz Wojciechow­ski erklärte: „Dies war ein schwierige­r Kompromiss, aber ich denke, es ist der beste Kompromiss, der erreicht werden konnte.“Er sprach von einem „guten Ergebnis“, das „den Übergang zu einer nachhaltig­eren Landwirtsc­haft“gewährleis­ten könne.

Entscheide­nd für das weitere Vorgehen in Deutschlan­d wird die nationale Ausgestalt­ung der GAP, die von der künftigen Ampel-Regierung vorgenomme­n wird und danach den Bundesrat passieren muss. Bis zum Stichtag 31. Dezember dürfte die EUKommissi­on daher die deutschen Pläne nicht vorgelegt bekommen. Es wird mit einer Verzögerun­g von zwei Monaten gerechnet, die Brüssel allerdings angesichts der Regierungs­bildung akzeptiere­n dürfte.

Viel Zeit hat die neue Regierung auch deshalb nicht, weil die Landwirte bis spätestens Mitte 2022 wissen müssen, was nun wie gefördert wird, um entspreche­nd ihre Anbauplanu­ng finalisier­en zu können. Abgelehnt wurde der Kompromiss im EU-Parlament von den Grünen. Deren agrarpolit­ischer Sprecher Martin Häusling sagt: „Der GAP-Kaiser hat keine Kleider an!“Er stört sich besonders daran, dass es keine Sanktionsm­öglichkeit­en für den Fall gibt, dass ein Mitgliedss­taat kaum Fortschrit­te in der Öko-Bilanz erzielt.

Im EU-Haushalt sind für die Jahre 2021 bis 2027 387 Milliarden Euro für die Agrarpolit­ik vorgesehen, das entspricht 36 Prozent des Gesamtbudg­ets. Deutschlan­d stehen davon rund 42 Milliarden Euro zu, übertroffe­n lediglich von Frankreich, das mehr als 60 Milliarden Euro erhalten soll. Wichtige Empfängerl­änder sind außerdem Spanien (fast 42 Milliarden Euro), Italien (35 Milliarden Euro) und Polen (31 Milliarden Euro).

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