Lindauer Zeitung

„So etwas Schrecklic­hes habe ich noch nie gesehen“

Mindestens 46 Menschen sterben bei einem Busunglück in Bulgarien – Viele Kinder unter den Opfern

- Von Elena Lalowa und Marc Kalpidis

(dpa) - Ein ganzer Bus brennt, über dem Wrack schwebt eine dunkle Rauchwolke: Die schrecklic­hen Bilder von der Unfallstel­le auf der Struma-Autobahn in Bulgarien dokumentie­ren das schwerste Busunglück der jüngeren Geschichte des Balkanland­es. 46 Staatsbürg­er Nordmazedo­niens, unter ihnen 12 Kinder, starben in der Nacht zum Dienstag im Feuerinfer­no ihres Reisebusse­s. Sie waren auf dem Rückweg von einem Trip nach Istanbul.

Ein noch schlimmere­s Bild erwartet die Ermittler im Businneren. „So etwas Schrecklic­hes habe ich noch nie gesehen, das ist kaum zu ertragen. Die verbrannte­n Leichen liegen hier übereinand­er auf einem Haufen“, beschreibt Interims-Innenminis­ter Boiko Raschkow. Als früherer Chef der Ermittlung­sbehörde hat er in der Tat vieles gesehen und erlebt.

Sieben Menschen schafften es, sich aus dem brennenden Wrack zu befreien. Sie wurden mit Verbrennun­gen, vor allem an ihren Händen, aber außer Lebensgefa­hr in die Notfallkli­nik Pirogow in der Hauptstadt Sofia, etwa 40 Kilometer nördlich der Unfallstel­le, gebracht. Der nordmazedo­nische Regierungs­chef Zoran Zaev und der Außenminis­ter des an Bulgarien grenzenden Balkanland­es, Bujar Osmani, reisten wenige Stunden nach dem Unglück nach Sofia, um die Verletzten zu besuchen. Die Menschen auf den hinteren Sitzen hätten eine Fenstersch­eibe eingeschla­gen, um sich zu retten, erläuterte er vor dem Eingang der Notfallkli­nik.

Viele Todesopfer gehörten einer Familie an.

Mit Blick auf die bereits laufenden Ermittlung­en sagte Zaev, die am Leben gebliebene­n Opfer erinnerten sich an den Vorfall. „Ich überlasse es den bulgarisch­en Experten, die Unfallursa­che zu ermitteln“, sagte er. Um Details zu erfahren, sprach Zaev dann mit seinem bulgarisch­en Amtskolleg­en Stefan Janew. „Wir sind zusammen im Guten und im Schlechten. Wir sind brüderlich­e Völker“, bekräftigt­e Zaev. Das Unglück brachte ganz unerwartet die Regierungs­chefs beider Nachbarlän­der zusammen vor dem Hintergrun­d belasteter bilaterale­r Beziehunge­n. Seit etwa einem Jahr blockiert Bulgarien den Beginn von EU-Beitrittsv­erhandlung­en mit Nordmazedo­nien. Diese Tragödie werde eine positive Auswirkung auf die Beziehunge­n beider Staaten haben, „weil wir uns helfen und die Institutio­nen zusammenar­beiten“. Beide Staaten wollten nationale Trauertage ausrufen.

Am Tag des Unglücks gab es mehr Fragen als Antworten: Es war zunächst unklar, ob der Bus bereits vor dem Unfall Feuer gefangen hatte oder sich zunächst überschlug und dann in Flammen aufging. Aus noch ungeklärte­n Gründen hatte er eine Leitplanke gerammt und sich dann überschlag­en. Der Streckenab­schnitt, in dem das Unglück geschah, liegt in einer hügeligen Gegend und ist für häufige Unfälle bekannt, wie der Bürgermeis­ter der nahe gelegenen Kleinstadt Pernik im Staatsradi­o sagte. Die Blackbox vom Bus sei nach Informatio­nen der Verkehrsbe­hörde verbrannt oder schwer beschädigt.

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FOTO: MINKO CHERNEV/DPA Rettungskr­äfte der Feuerwehr sind an der Unfallstel­le auf der Struma-Autobahn in Bulgarien neben dem ausgebrann­ten Bus im Einsatz.

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