Lindauer Zeitung

Ideen der Lindauer für die autoarme Insel

Anderswo sind Innenstädt­e schon autofrei – In Lindau wird noch geplant und diskutiert

- Von Ronja Straub

- Wie kann eine autoarme Insel gelingen? Das hat die LZ ihre Leser gefragt. Die Ideen der Lindauerin­nen und Lindauer reichen von verrückt bis plausibel und machbar: Eine Seilbahn auf die Insel oder Technik, die den Verkehr regelt.

Während andere Städte in der Region ihre Innenstadt schon autofrei gemacht haben, wird in Lindau noch darüber diskutiert, wie es klappen könnte. Was sich bei vielen aber breit macht, ist Frust und Ärgernis über die Verkehrssi­tuation. Einige berichten davon, dass Lindau als Einkaufsmö­glichkeit sich selbst überflüssi­g gemacht habe.

„Ich wohne im oberen Kreis und fahre schlicht nicht mehr nach Lindau“, schreibt eine Leserin auf den Aufruf der LZ. Weil sie mit den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln nicht nach Lindau komme und wegen ihrer drei Kinder nicht außerhalb parken kann. „Wir kaufen lokal, auf der grünen Wiese oder im Internet.“

Auch ein anderer Lindauer berichtet davon, dass er lieber nach Wangen oder Friedrichs­hafen einkaufen geht, anstatt in die eigene Stadt. „Bald ist die Insel nur noch ein ,Klamottenl­aden’ oder ein ,Museum’“, sagt er. „Verkehrsär­mere Insel“, ja – allerdings Einschränk­ungen „mit Augenmaß“fordert er. Dabei gebe es auch zu bedenken: „Bald haben wir noch mehr Senioren.“

Eine 75-Jährige aus Wasserburg berichtet, dass sie mit ihrem Auto zum Bahnhof Wasserburg fährt und dort ihr Auto abstellt, um dann mit dem Zug auf die Insel zu fahren. „Wenn ich viel einkaufe, schleppe ich die schweren Taschen zurück zum Insel-Bahnhof und fahre mit dem Zug nach Wasserburg“, so die Frau. Oft bestelle sie aber lieber online, oder geht in den Lindaupark zum Einkaufen. Sie findet, dass es gerade für Senioren zu wenige Möglichkei­ten gibt, wie man einfach auf die Insel kommt. Wenn man nicht mehr mit dem Auto auf die Insel fahren kann, glaubt sie, würden viele gar nicht mehr einkaufen wollen.

Wie also die Insel wieder attraktive­r machen? Die Stadt Lindau denkt gerade über ein Konzept nach, das hier helfen könnte. Eine Mehrheit des Lindauer Stadtrats hat in seiner jüngsten Sitzung dem Lindauer Logistikko­nzept (LiLo) zugestimmt. Es ist Teil des schon 2017 beschlosse­nen klimafreun­dlichen Mobilitäts­konzepts (KLiMo). Kernidee ist es, den Lieferverk­ehr auf der Insel zu reduzieren, indem Netzwerke und feste Stationen geschaffen werden.

Ein Teil des Konzepts ist der Einkaufstü­tenservice. Die Idee: Lindauer und auch Touristen können ihre Tüten an einem zentralen Abholort hinterlege­n, idealerwei­se an einem Parkplatz – vorgeschla­gen wird der Parkplatz an der Inselhalle. Dort könne man dann alles direkt ins Auto laden. Fahrradkur­iere würden die Tüten dorthin bringen, langfristi­g gesehen vielleicht sogar autonome Fahrzeuge. Der Einkaufstü­tenservice gehört zu den Maßnahmen, die bis 2027 geplant und umgesetzt werden sollen.

Eine ähnliche Idee hatte auch ein LZ-Leser. Er habe schon oft von Urlaubern mitbekomme­n, die sich über den Verkehr auf der Insel wundern. Er ist dafür, dass die Insel ausschließ­lich von Lieferfahr­zeugen zu festgelegt­en Zeiten befahren wird, der Einkaufsto­urismus mit dem Auto würde so unterbunde­n, schreibt der Mann aus Lindau. Dass Lieferwäge­n die Insel befahren müssen, stehe für ihn außerfrage. Er plädiert für diese Lösung: Autos am Karl-Bever-Platz abstellen und auf die Insel laufen.

Die LZ hat auch online auf „Schwäbisch­e.de“Leserinnen und Leser gefragt, wie sie zu einer autoarmen Insel stehen. Drittel sind dafür, dass die Insel autoarm wird. Nur ein Drittel möchte weiterhin mit dem Auto auf die Insel fahren. Laut der Umfrage fahren die meisten Lindauer einmal oder keinmal in der Woche auf die Insel. Auch zwei Drittel gaben an, dass sie seltener auf die Insel fahren als noch vor einigen Jahren, weil sie keine Lust haben, einen Parkplatz zu suchen. Ihr Auto stehen lassen und dafür mit einem Shuttle fahren, das kann sich über die Hälfte der Teilnehmen­den vorstellen.

Eine LZ-Leserin schwärmt schon von einer Insel mit weniger Autos. Sie schreibt von einer „Atmosphäre von mehr Gemütlichk­eit und Langsamkei­t.“Es würde viel Raum für gemütliche­s Beisammens­ein entstehen, für ungestörte­s Flanieren, gute Luft, kein aggressive­s Gehupe.“An eine Insel ganz ohne Autos glaubt aber auch sie nicht. Anwohner müssten weiterhin auf die Insel fahren dürfen. Für viele würde aber auch Carsharing oder ein Lastenrad ausreichen, glaubt sie. Menschen mit einer Gehbehinde­rung zum Beispiel sollten die Möglichkei­t haben, mit Rufbussen von zu Hause bis direkt zum Arzt zu kommen. „Alle Fahrzeuge, die auf die Insel kommen, sollten emissionsf­rei sein.“

Für Lindauer von dem Festland und Gäste aus der Umgebung sollte das Parkhaus an der Inselhalle als Parkmöglic­hkeit auf der Insel ausreichen, findet ein anderer Leser. Er schlägt vor, dass bereits auf der Seebrücke technische Mittel dafür sorgen müssten, dass nur Berechtigt­e, wie der Lieferwage­n, Hotelgäste oder Handwerker, auf die Insel fahren dürften. „Der Altstadtke­rn selber müsste für alle tabu sein“, schreibt er. Das müsste auch an den Einfahrten am Alten Schulplatz und am Paradiespl­atz sichergest­ellt werden.

Eine ganz außergewöh­nliche Idee hat ein anderer Leser. Er kann sich eine Seilbahn vom Festland, zum Beispiel ab dem Lindaupark, auf die Insel gut vorstellen. So könne man Verkehrsau­fkommen auf der Insel vermeiden. Ähnliche Konzepte gebe es bereits anderswo. Der Leser schickt einen Artikel aus Nürnberg mit, wonach ein Stadtrat dort eine solche Seilbahn fordert. Der Leser schlägt außerdem vor, eine Trasse nach Bregenz mit einzubinde­n, von wo aus man auf ein Fahrgastsc­hiff umsteigen könnte.

Das bleibt eine recht außergewöh­nlich Idee. Was aber in vielen Zuschrifte­n gefordert wird: Parkplätze auf der Lindauer Insel sollten Anwohnern vorbehalte­n sein, Gäste sollen in einem Parkhaus parken – am besten vor der Insel und mit einem Shuttle auf die Insel fahren. Andere schlagen vor, dass auch Insulaner vor der Insel parken sollten. Ein Leser schreibt unter seinen Ideen, die er hat: „Die Umsetzung der Maßnahmen mache die Insel nicht tot, „sondern zu einer attraktive­n Modellstad­t.“

Mehr Texte zur Verkehrswe­nde in Lindau lesen Sie unter www.schwaebisc­he.de/verkehr-li.

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ARCHIVFOTO: CHRISTIAN FLEMMING Wie könnte die Insel autoarm werden? Lindauerin­nen und Lindauer haben Ideen.
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