Region könnte Unesco-Label bekommen
Der Startschuss für das Projekt Biosphärengebiet Oberschwaben ist gefallen
- Der Startschuss für das mögliche Biosphärengebiet Oberschwaben ist gefallen. Das hat das Regierungspräsidium Tübingen in einer Pressemitteilung bekannt gegeben. Das Projekt Biosphärengebiet Oberschwaben, das ein Gebiet von Bad Buchau über Bad Waldsee bis hin zur Adelegg bei Isny und Wilhelmsdorf/Ostrach umfassen soll, geht jetzt also in die erste Phase. Was am Ende des Prozesses herauskommt, ist allerdings noch fraglich.
Vor Kurzem hat es ein erstes Treffen der Landräte der Landkreise Sigmaringen (Stefanie Bürkle), Biberach (Heiko Schmid) und Ravensburg (Harald Sievers) mit dem beim Umweltministerium zuständigen Abteilungsleiter Karl-Heinz Lieber und Regierungspräsident Klaus Tappeser gegeben. Ziel des Gespräches sei es gewesen, den gemeinsamen Fahrplan für das mögliche Biosphärengebiet festzulegen.
Dem Biosphärengebiet, das Teil des grün-schwarzen Koalitionsvertrages ist, geht in Oberschwaben eine lange Diskussion voraus. Zum einen gab es die Forderung aus der Bürgerschaft nach einem Landschaftsschutzgebiet Altdorfer Wald mit mehr als 13 000 Unterschriften. Zum anderen haben die Grünen im Ravensburger Kreistag die Idee für ein Biosphärengebiet aufgebracht. Landrat Harald Sievers hat die Debatte um einen Naturpark angestoßen. Im Juli 2020 hatte Sievers dabei schon ein erstes Gespräch im Umweltministerium geführt.
Jetzt also geht es um ein Biosphärengebiet, das in seiner Ausdehnung deutlich größer werden soll als das, was bisher angedacht wurde, weil das vorgesehene Gebiet gleich drei Landkreise umfasst. Das Land Baden-Württemberg wird für den Prozess das Geld zur Verfügung stellen und zudem zwei Personalstellen einrichten.
Thema des Gebietes in Oberschwaben soll bekanntlich die Moorlandschaft sein. „Typisch für Oberschwaben sind die zahlreichen Moore mit ihrem Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen sowie dem wertvollen CO2-Speicher. Aus diesem Grund hat sich die Landesregierung Baden-Württemberg die Initiierung eines möglichen dritten Biosphärengebiets als Aufgabe für die laufende Legislaturperiode gesetzt“, heißt es dazu vonseiten des Regierungspräsidiums.
Dabei könnte auch der Altdorfer Wald eine Rolle spielen, denn auch im Altdorfer Wald gibt es solche Flächen und zahlreiche Flächen, die schon heute Schutzgebiete sind. Parallel wird derzeit geprüft, den Waldburger Rücken als Landschaftsschutzgebiet auszuweisen.
Aber was ist nun ein Biosphärengebiet? Ein Biosphärengebiet – auch Biosphärenreservat genannt – ist ein Schutzgebiet, das in Paragraf 25 des Bundesnaturschutzgesetzes geregelt ist. Es kommt für Gebiete in Betracht, die „großräumig und für bestimmte Landschaftstypen charakteristisch sind“, die in „wesentlichen Teilen ihres Gebiets die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets, im Übrigen überwiegend eines Landschaftsschutzgebiets erfüllen“und darüber eine Arten- und Biotopvielfalt aufweisen. Sie gelten dann als Modellregionen. Auch die Schwäbische Alb und der Schwarzwald sind solche Modellregionen. Ein Biosphärengebiet muss zudem den Standards der Unesco entsprechen. Weltweit gibt es 714 von der Unesco anerkannte Biosphärengebiete in 129 Staaten. Um von der Unesco ausgezeichnet zu werden, müssen rund 40 Kriterien in einem umfangreichen Antrag erfüllt und nachgewiesen werden.
Dazu zählt die Gebietskulisse mit einer Mindestgröße von 30 000 Hektar und einer Maximalgröße von 150 000 Hektar. Biosphärengebiete sind in drei Zonen aufgeteilt: Kern-, Pflege und Entwicklungszone. Somit sind in einem Biosphärengebiet sowohl Naturschutz, Wirtschaften, Energiegewinnung, Wohn- und Gewerbeentwicklung möglich – allerdings nur in den jeweiligen Zonen. Somit soll eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung im Einklang von Mensch und Natur möglich sein.
Die Landräte, Vertreter von Umweltministerium und Regierungspräsidium sehen jetzt den wichtigsten Schritt in den kommenden Monaten darin, Gespräche mit den regionalen Akteuren aus Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Wirtschaft und Naturschutz, Städte und Gemeinden sowie der Bürgerschaft zu führen. „Wir müssen zu allererst darüber informieren, was hinter der Idee eines Biosphärengebiets steckt, welche Chancen und Herausforderungen es mit sich bringt und wie die Rahmenbedingung für ein von der Unesco anerkanntes Gebiet aussehen“, werden Karl-Heinz Lieber und Klaus Tappeser zitiert, „erst dann kann die Region über ein mögliches Biosphärengebiet beschließen.“
Eine Entscheidung, ob und wie ein Biosphärengebiet in Oberschwaben gestaltet werden kann, wird laut Regierungspräsidium nach Abschluss der Gespräche gemeinsam und maßgeblich von den Städten und Gemeinden der Region getroffen. Sie spielen eine wichtige Rolle, denn letztendlich würden die Gemeinderäte für jede Kommune selbst entscheiden, ob und mit welchem Teil sie einem möglichen Biosphärengebiet beitreten wollen. Bei dem Treffen sei betont worden, dass man „ergebnisoffen“in den Prozess starte und so lange sprechen wolle, „bis alle Fragen geklärt sind“.
In der Region hat es schon einmal den Versuch gegeben, ein Biosphärengebiet einzurichten. 2010 wagte Claus Zengerle aus dem Allgäu einen Vorstoß, der jedoch seinerzeit am Widerstand aus der Landwirtschaft und von einigen Kommunen gescheitert ist.