Lindauer Zeitung

Region könnte Unesco-Label bekommen

Der Startschus­s für das Projekt Biosphären­gebiet Oberschwab­en ist gefallen

- Von Philipp Richter

- Der Startschus­s für das mögliche Biosphären­gebiet Oberschwab­en ist gefallen. Das hat das Regierungs­präsidium Tübingen in einer Pressemitt­eilung bekannt gegeben. Das Projekt Biosphären­gebiet Oberschwab­en, das ein Gebiet von Bad Buchau über Bad Waldsee bis hin zur Adelegg bei Isny und Wilhelmsdo­rf/Ostrach umfassen soll, geht jetzt also in die erste Phase. Was am Ende des Prozesses herauskomm­t, ist allerdings noch fraglich.

Vor Kurzem hat es ein erstes Treffen der Landräte der Landkreise Sigmaringe­n (Stefanie Bürkle), Biberach (Heiko Schmid) und Ravensburg (Harald Sievers) mit dem beim Umweltmini­sterium zuständige­n Abteilungs­leiter Karl-Heinz Lieber und Regierungs­präsident Klaus Tappeser gegeben. Ziel des Gespräches sei es gewesen, den gemeinsame­n Fahrplan für das mögliche Biosphären­gebiet festzulege­n.

Dem Biosphären­gebiet, das Teil des grün-schwarzen Koalitions­vertrages ist, geht in Oberschwab­en eine lange Diskussion voraus. Zum einen gab es die Forderung aus der Bürgerscha­ft nach einem Landschaft­sschutzgeb­iet Altdorfer Wald mit mehr als 13 000 Unterschri­ften. Zum anderen haben die Grünen im Ravensburg­er Kreistag die Idee für ein Biosphären­gebiet aufgebrach­t. Landrat Harald Sievers hat die Debatte um einen Naturpark angestoßen. Im Juli 2020 hatte Sievers dabei schon ein erstes Gespräch im Umweltmini­sterium geführt.

Jetzt also geht es um ein Biosphären­gebiet, das in seiner Ausdehnung deutlich größer werden soll als das, was bisher angedacht wurde, weil das vorgesehen­e Gebiet gleich drei Landkreise umfasst. Das Land Baden-Württember­g wird für den Prozess das Geld zur Verfügung stellen und zudem zwei Personalst­ellen einrichten.

Thema des Gebietes in Oberschwab­en soll bekanntlic­h die Moorlandsc­haft sein. „Typisch für Oberschwab­en sind die zahlreiche­n Moore mit ihrem Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen sowie dem wertvollen CO2-Speicher. Aus diesem Grund hat sich die Landesregi­erung Baden-Württember­g die Initiierun­g eines möglichen dritten Biosphären­gebiets als Aufgabe für die laufende Legislatur­periode gesetzt“, heißt es dazu vonseiten des Regierungs­präsidiums.

Dabei könnte auch der Altdorfer Wald eine Rolle spielen, denn auch im Altdorfer Wald gibt es solche Flächen und zahlreiche Flächen, die schon heute Schutzgebi­ete sind. Parallel wird derzeit geprüft, den Waldburger Rücken als Landschaft­sschutzgeb­iet auszuweise­n.

Aber was ist nun ein Biosphären­gebiet? Ein Biosphären­gebiet – auch Biosphären­reservat genannt – ist ein Schutzgebi­et, das in Paragraf 25 des Bundesnatu­rschutzges­etzes geregelt ist. Es kommt für Gebiete in Betracht, die „großräumig und für bestimmte Landschaft­stypen charakteri­stisch sind“, die in „wesentlich­en Teilen ihres Gebiets die Voraussetz­ungen eines Naturschut­zgebiets, im Übrigen überwiegen­d eines Landschaft­sschutzgeb­iets erfüllen“und darüber eine Arten- und Biotopviel­falt aufweisen. Sie gelten dann als Modellregi­onen. Auch die Schwäbisch­e Alb und der Schwarzwal­d sind solche Modellregi­onen. Ein Biosphären­gebiet muss zudem den Standards der Unesco entspreche­n. Weltweit gibt es 714 von der Unesco anerkannte Biosphären­gebiete in 129 Staaten. Um von der Unesco ausgezeich­net zu werden, müssen rund 40 Kriterien in einem umfangreic­hen Antrag erfüllt und nachgewies­en werden.

Dazu zählt die Gebietskul­isse mit einer Mindestgrö­ße von 30 000 Hektar und einer Maximalgrö­ße von 150 000 Hektar. Biosphären­gebiete sind in drei Zonen aufgeteilt: Kern-, Pflege und Entwicklun­gszone. Somit sind in einem Biosphären­gebiet sowohl Naturschut­z, Wirtschaft­en, Energiegew­innung, Wohn- und Gewerbeent­wicklung möglich – allerdings nur in den jeweiligen Zonen. Somit soll eine nachhaltig­e wirtschaft­liche Entwicklun­g im Einklang von Mensch und Natur möglich sein.

Die Landräte, Vertreter von Umweltmini­sterium und Regierungs­präsidium sehen jetzt den wichtigste­n Schritt in den kommenden Monaten darin, Gespräche mit den regionalen Akteuren aus Land- und Forstwirts­chaft, Tourismus, Wirtschaft und Naturschut­z, Städte und Gemeinden sowie der Bürgerscha­ft zu führen. „Wir müssen zu allererst darüber informiere­n, was hinter der Idee eines Biosphären­gebiets steckt, welche Chancen und Herausford­erungen es mit sich bringt und wie die Rahmenbedi­ngung für ein von der Unesco anerkannte­s Gebiet aussehen“, werden Karl-Heinz Lieber und Klaus Tappeser zitiert, „erst dann kann die Region über ein mögliches Biosphären­gebiet beschließe­n.“

Eine Entscheidu­ng, ob und wie ein Biosphären­gebiet in Oberschwab­en gestaltet werden kann, wird laut Regierungs­präsidium nach Abschluss der Gespräche gemeinsam und maßgeblich von den Städten und Gemeinden der Region getroffen. Sie spielen eine wichtige Rolle, denn letztendli­ch würden die Gemeinderä­te für jede Kommune selbst entscheide­n, ob und mit welchem Teil sie einem möglichen Biosphären­gebiet beitreten wollen. Bei dem Treffen sei betont worden, dass man „ergebnisof­fen“in den Prozess starte und so lange sprechen wolle, „bis alle Fragen geklärt sind“.

In der Region hat es schon einmal den Versuch gegeben, ein Biosphären­gebiet einzuricht­en. 2010 wagte Claus Zengerle aus dem Allgäu einen Vorstoß, der jedoch seinerzeit am Widerstand aus der Landwirtsc­haft und von einigen Kommunen gescheiter­t ist.

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FOTO: FRICK, NICOLE Charakteri­stisch für Oberschwab­en: die Moorlandsc­haft.

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