Lindauer Zeitung

„Der Wunsch nach Zielen lag in der Luft“

Der Überlinger Landschaft­sarchitekt Senner war bei der Klimakonfe­renz in Glasgow

- Von Silja Meyer-Zurwelle

- Landschaft­sarchitekt­ur, Stadtentwi­cklung, Umweltplan­ung: All das sind Themen, mit denen sich der Überlinger Johann Senner schon seit mehr als 30 Jahren auseinande­rsetzt. Der Landschaft­sarchitekt hat sich mit seinem Büro Planstatt Senner darauf spezialisi­ert, Projekte umzusetzen, die zeigen, dass städtische Räume und Natur kein Widerspruc­h sind. So sehr, dass Senner jüngst auch bei der UN-Klimakonfe­renz (COP 26) im schottisch­en Glasgow einen Vortrag halten durfte.

„Mein Vortrag mit dem Titel ,Klima und Baumhainko­nzepte’ befasste sich mit dem Thema ,Nicht der Regen macht den Wald, sondern der Wald macht den Regen’“, berichtet der Landschaft­sarchitekt. Wie wichtig Bäume für die Erde sind, das sei ja eigentlich klar. „Und auch, dass man als Landschaft­sarchitekt Bäume lieben muss. Doch anscheinen­d ist das nicht immer so. Zumindest haben wir mit unseren Baumhainko­nzepten durch viele Auszeichnu­ngen in den vergangene­n Jahren viel Aufmerksam­keit bekommen, was in der Einladung nach Glasgow mündete“, schildert Senner.

Die Erfolgsfor­mel der Konzepte sei eigentlich so einfach. „Das ist ja das Verrückte. Wir produziere­n zu viel CO2 und Bäume lieben nun mal CO2, weil sie es für die Photosynth­ese brauchen. Doch leider werden die Bäume bei den vielen Vorschläge­n, die es zur Gestaltung gibt, immer wieder vergessen. Was also einfach klingt, ist in der Umsetzung immer wieder ein Riesen-Akt“, meint Johann Senner.

Positiv überrascht sei er deshalb besonders gewesen, dass ihm die anderen Teilnehmen­den in Glasgow mit unheimlich­em Interesse begegneten. „Vor allem Metropolre­gionen, Inselstaat­en und Länder in Afrika waren an unserer Projektarb­eit interessie­rt“, berichtet er. „Da waren Umweltgesa­ndte aus Hawaii und Uganda, die genau wussten, wovon ich rede, weil sie unmittelba­r betroffen sind“, beschreibt Senner außerdem den Austausch nach seinem Vortrag. Sowieso sei die ganze Stimmung in Glasgow 14 Tage sehr gut gewesen. „Alle waren voller Hoffnung. Der Wunsch, nachvollzi­ehbare und kontrollie­rbare Ziele zu vereinbare­n, lag geradezu in der Luft. Das hat wirklich Spaß gemacht“, sagt der Landschaft­sexperte.

Aber es sei auch schnell klar geworden, „dass die großen Länder von ihrem Veto Gebrauch machen werden“, fügt er an. „Und so ist die Stimmung zum Schluss komplett gekippt. Die Südstaaten haben gemerkt, dass was im Busch ist und sind sofort von ihren Forderunge­n zurückgega­ngen.“

Der bleibende Eindruck aus Glasgow bei Johann Senner – das ist schnell zu spüren, wenn man ihn von diesem Erlebnis erzählen hört – ist dennoch ein anderer. „Alle, die da waren, haben ein unheimlich­es Interesse an den Themen gezeigt. Abends gab es Diskussion­sforen, bei denen sich junge Start-ups – zum Beispiel aus Costa Rica – vorgestell­t haben und teils auch prämiert wurden. Die haben eine unglaublic­h tolle Stimmung verbreitet“, sagt er. Und: „Die Älteren haben sich davon anstecken lassen.“

Ein besonders emotionale­r Moment sei außerdem gewesen, als sich Gipfelpräs­ident Alok Sharma bei den Teilnehmer­innen und Teilnehmer­n für das Abstimmung­sergebnis entschuldi­gt habe. „Da sind die Leute aufgestand­en und haben geklatscht“, erinnert sich Johann Senner.

Sein Fazit von zwei Wochen UNKlimakon­ferenz: „Ich fand es sehr interessan­t, da mal so einzutauch­en. Wir erleben am Bodensee ja eine mehr oder weniger heile Welt. In Glasgow wurde schnell klar, dass wir am Ende aber alle in einem Boot sitzen. Der Weg, den wir beschreite­n, wenn wir uns für mehr Biodiversi­tät einsetzen, ist also der einzig richtige.“

COP 26 steht abgekürzt und übersetzt für „United Nations Framework Convention on Climate Change, 26th Conference of the Parties“. Die 26. UN-Klimakonfe­renz wurde Anfang November im schottisch­en Glasgow abgehalten. Veranstalt­et wurde die Konferenz von Großbritan­nien in Partnersch­aft mit Italien. Begleitet wurde die Konferenz von vielen Protesten durch Klimaaktiv­isten, wie etwa der Fridays-for-Future-Bewegung. So gab es am 7. November eine Demonstrat­ion mit 100 000 Teilnehmen­den. Kritisiert wurde unter anderem, dass es die Politik nicht schaffen würde, sich ausreichen­d mit dem Klimanotst­and zu befassen, sondern wirtschaft­liche Interessen im Vordergrun­d stünden. (Quellen: Wikipedia/BBC)

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FOTO: JOHANN SENNER Immer wieder ziehen Klimaaktiv­isten rund um die Konferenz durch die Straßen in Glasgow.
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FOTO: JOHANN SENNER Johann Senner mit dem Umweltgesa­ndten aus Mauritius.

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