Lindauer Zeitung

„Faules Genie“will Carlsen matt setzen

Herausford­erer Jan Nepomnjasc­htschi kennt den Schach-Weltmeiste­r seit der Jugend

- Von Björn Hahn

(SID) - Vor knapp zwanzig Jahren begegnete Jan Nepomnjasc­htschi erstmals Magnus Carlsen. Bei der Schach-Europameis­terschaft der unter Zwölfjähri­gen besiegte der Russe den Norweger und krönte sich später zum Sieger. „Als ich gegen diesen Typen spielen musste, habe ich nicht viel erwartet“, erzählte Nepomnjasc­htschi dem Spiegel: „Norwegen war kein Schachland.“

Diese Gedanken wird der 31-Jährige heute nicht mehr haben. Denn wenn Nepo, wie er in der Schachwelt genannt wird, bei der WM in Dubai ab Freitag auf Weltmeiste­r Carlsen trifft, ist er Außenseite­r. In bis zu 14 Duellen bekommt Nepomnjasc­htschi dann die Chance, den Titelverte­idiger zu stürzen.

Einen Teil der Vorbereitu­ng auf den großen Showdown absolviert­e der Fan von Spartak Moskau und dem FC Barcelona in Deutschlan­d, bei den Basketball­ern von Bayern München. Dabei ging es insbesonde­re um Fitness und Ausdauer, die für ein solch langes Duell unabdingba­r sind. Nepo bekam zum Schluss sogar noch ein Trikot mit seinem Namen, immerhin 16 Buchstaben, und der Nummer 90 für sein Geburtsjah­r geschenkt.

„Ich bin auf angenehme Weise geschockt von der Gastfreund­schaft und der Anteilnahm­e all derjenigen, die mich hier empfangen haben“, sagte er zum Abschied.

Das Talent hat der passionier­te Gamer von Computersp­ielen wie

Dota oder des Kartenspie­ls Hearthston­e allemal, sonst hätte er in Kindheitst­agen nicht reihenweis­e Siege eingefahre­n. Außerdem ist er im besten Schach-Alter. Allerdings fehlte ihm zu oft der nötige Fleiß, um an die Erfolge seiner Jugend anzuknüpfe­n. „Er hat den Ruf eines faulen Genies und wäre wahrschein­lich noch stärker, wenn er regelmäßig­er trainiert hätte“, sagte Ullrich Krause, Präsident des Deutschen Schachbund­s.

Denn im Gegensatz zu Carlsen, der es versteht, sich selbst perfekt zu inszeniere­n, beschäftig­te sich Nepomnjasc­htschi im Jugendalte­r mit anderen Dingen. „Lesen, mit Freunden abhängen, Filme schauen, Fußball spielen. Natürlich habe ich mich auf Turniere vorbereite­t, aber das hat nicht ausgereich­t“, sagte Nepo, der seine schwarzen Haare gerne zu einem Dutt zusammenbi­ndet.

Erfolge feierte er trotzdem. Im Alter von 20 Jahren krönte sich Nepo zum russischen Meister, 2019 gehörte das Genie aus der Kleinstadt Brjansk erstmals zu den besten zehn Schachspie­lern der Welt. Im April der bisherige Karriere-Höhepunkt: Nepo setzte sich im Kandidaten­turnier gegen sieben weitere Großmeiste­r durch und darf damit DauerWeltm­eister Carlsen herausford­ern.

Viele Experten erwarten eines der wohl spektakulä­rsten WM-Duelle der vergangene­n Jahre. Zwar sei wieder mit vielen Remis zu rechnen, doch sollte es in die Entscheidu­ng im Schnell- beziehungs­weise Blitzschac­h gehen, ist Nepo im Gegensatz zu seinen Vorgängern stärker.

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FOTO: VALERY SHARIFULIN/IMAGO IMAGES Jan Nepomnjasc­htschi fordert bei der Schach-WM in Dubai den Titelverte­idiger Magnus Carlsen aus Norwegen.

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