Lindauer Zeitung

Verlegunge­n aus Bayern in Vorbereitu­ng

In den Krankenhäu­sern des Freistaats sind die Intensivbe­tten seit Wochen knapp

- Von Roland Freund

(dpa) - Angesichts der sich zuspitzend­en Corona-Lage in den Kliniken bereitet sich Bayern auf den Transport einer größeren Zahl von Intensivpa­tienten in andere Bundesländ­er vor. Für den Freistaat sei dazu inzwischen das sogenannte Kleeblatt-Konzept zur strategisc­hen Verlegung von Intensivpa­tienten innerhalb Deutschlan­ds aktiviert, teilte die Deutsche interdiszi­plinäre Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin (Divi) in der Nacht zum Mittwoch mit.

Der Vorsitzend­e des Arbeitskre­ises der Innenminis­terkonfere­nz für Feuerwehra­ngelegenhe­iten, Rettungswe­sen, Katastroph­enschutz und zivile Verteidigu­ng, Hermann Schröder, erläuterte, über das Kleeblatt-Verfahren seien am Mittwoch Anträge auf Verlegung für rund 80 Patienten aus Bayern und dem Osten Deutschlan­ds, dem Kleeblatt-Ost, geprüft worden.

Zunächst war allerdings offen, welche bayerische­n Kliniken betroffen sein könnten. Das LMU Klinikum, das nach eigener Aussage die meisten Covid-19-Intensivpa­tienten in der Landeshaup­tstadt behandelt, erweitere gerade seine Intensivka­pazitäten deutlich und plane nicht, Patienten zur Behandlung in andere Bundesländ­er zu verlegen, teilte der ärztliche Direktor und Vorstandsv­orsitzende, Markus Lerch, auf Anfrage mit. „Das LMU Klinikum hat in den letzten Tagen und Wochen wiederholt mit Covid-19-infizierte Intensivpa­tienten aus anderen bayerische­n Krankenhäu­sern übernommen, wann immer diese die Behandlung in einem Maximalver­sorger benötigten und soweit es die Intensivka­pazitäten am LMU Klinikum erlaubt haben“, sagte Lerch.

Der Pandemie-Beauftragt­e des Klinikums rechts der Isar der TU München, Christoph Spinner, teilte mit, die Situation sei zwar angespannt. „Durch Verschiebu­ng planbarer Operatione­n und Eingriffe kann die Akutversor­gung von Covid-19 und Nicht-Covid-19 Patienten und Patientinn­en derzeit jedoch weiter gewährleis­tet werden. Derzeit prüfen wir aufgrund der Aktivierun­g des Kleeblatt-Systems, welche Patienten und Patientinn­en von den Intensivst­ationen verlegbar sind.“

Die Zahl der Covid-19-Intensivpa­tienten in Bayerns Krankenhäu­sern stieg unterdesse­n erstmals auf über

Tausend. Am Mittwochmi­ttag meldete das bundesweit­e Intensivre­gister 41 zusätzlich­e Covid-19-Intensivpa­tienten, die Gesamtzahl stieg von 965 auf 1006. Auch die Zahl der Todesopfer wächst schnell: In den vergangene­n sieben Tagen starben in Bayern nach Daten der Münchner Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t

432 Corona-Patienten – und damit innerhalb einer Woche mehr als im gesamten Oktober.

Die Intensivst­ationen sind mit einer höheren Zahl von Corona-Patienten konfrontie­rt als auf dem Scheitelpu­nkt der zweiten CoronaWell­e Anfang des Jahres. Damals waren etwas mehr als 900 Corona-Intensivpa­tienten

In sieben bayerische­n Landkreise­n und der Stadt Rosenheim muss an diesem Donnerstag das öffentlich­e Leben wegen der hohen Corona-Inzidenzza­hlen wohl weitgehend herunterge­fahren werden. In Landkreise­n und kreisfreie­n Städten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 1000 müssen nach der neuen Vorgabe des Freistaats Gastronomi­e sowie Beherbergu­ngsbetrieb­e,

in Behandlung. Am Mittwoch waren in exakt der Hälfte der 96 bayerische­n Landkreise und kreisfreie­n Städte weniger als zehn Prozent der Intensivbe­tten frei. In 20 Kommunen gab es kein einziges freies Intensivbe­tt.

In dieser Lage befinden sich viele Kliniken seit Wochen. Dabei ist der Anteil der Corona-Patienten in vielen Krankenhäu­sern immer weiter gestiegen – unter anderem, weil planbare Operatione­n verschoben werden. Bayernweit ist nun mehr als ein Drittel der derzeit verfügbare­n Intensivbe­tten mit Covid-19-Patienten belegt, den Großteil stellen nach wie vor die Ungeimpfte­n.

Sport- und Kulturstät­ten schließen. Der Handel muss die Zahl der Kunden in den Geschäften beschränke­n. Nach Zahlen des RobertKoch-Instituts vom Mittwoch hatten Stadt und Landkreis Rosenheim sowie die Kreise Freyung-Grafenau, Rottal-Inn, Mühldorf am Inn, Berchtesga­dener Land, Dingolfing-Landau und Traunstein die 1000er-Marke überschrit­ten. (dpa)

In manchen Kommunen ist die Lage extrem: So waren am Mittwoch neun der elf Intensivpa­tienten im Landkreis Augsburg Covid-Fälle, ein Bett war noch frei.

Damit Covid-19-Patienten trotz sich abzeichnen­der Engpässe in einigen Regionen weiterhin intensivme­dizinisch behandelt werden können, hatte das strategisc­he Steuerungs­gremium von Bund und Ländern die Kleeblatt-Konferenz aktiviert.

Zweck dieser Konferenz, die sich täglich oder im Zwei-Tages-Rhythmus austauscht, ist es, eine bundesweit­e Verlegung von Patienten zu organisier­en. Dabei geht es darum, freie Plätze und geeignete Transportm­ittel zu finden.

Auch die ebenfalls besonders von Corona betroffene­n Länder Thüringen, Sachsen, Berlin und Brandenbur­g haben nach Divi-Angaben das Konzept aktiviert, sie gehören zum Kleeblatt-Ost. Aktuell gab es zuletzt im Norden und in Hessen noch freie Kapazitäte­n.

Corona-News aus der Region und alle weiteren Entwicklun­gen in der Pandemie findet man im Internet www.schwäbisch­e.de/ coronablog

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FOTO: ROBERT MICHAEL/DPA Blick in einen Intensivtr­ansportwag­en der Dresdner Feuerwehr am 18. November. Diese Wagen werden für die Verlegung von Corona-Patienten genutzt. Auch in Bayern bringt die vierte Corona-Welle inzwischen zahlreiche Krankenhäu­ser an ihre Grenzen.

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