Kretschmann schließt Lockdown nicht aus
Ministerpräsident erwartet „heftige Proteste“gegen Impfpflicht – Hilfsflüge ab Memmingen
- Die vierte Welle der Corona-Pandemie breitet sich in Deutschland weiter aus: Die Zahl der Infizierten steigt tagtäglich weiter an – auch in Baden-Württemberg und Bayern. Manche Kliniken im Süden sind inzwischen derart überfüllt, dass Corona-Erkrankte in andere Bundesländer gebracht werden. Der Ruf nach einer Bund-Länder-Konferenz zum baldmöglichsten Zeitpunkt wird lauter. Im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“schloss sich Südwest-Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den Forderungen an. „Ich bin für eine rasche Ministerpräsidentenkonferenz.“Die Länder benötigten „das volle Instrumentarium aus dem Infektionsschutzgesetz“.
Im Kampf gegen die Pandemie und die neu aufgetauchte Virusvariante aus Südafrika würde Kretschmann auch zu drastischen Maßnahmen greifen. „Einen Lockdown für alle schließe ich nicht aus“, sagte der Regierungschef.
Kretschmann verteidigte zudem erneut seinen Vorstoß für eine allgemeine Impfpflicht. „Die Hoffnung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und mir ist, dass eine Impfpflicht mittelfristig die Gesellschaft befriedet“, sagte der Regierungschef. Angesichts der Spaltung der Gesellschaft müsse „der Staat diese Frage an sich ziehen und die Entscheidung für die Bürger treffen“. Zum einen werde so die Pandemie beendet, zum anderen, „weil sich die Bürger dann nicht mehr gegenseitig moralische Vorwürfe machen müssen“. Die ablehnende Haltung vieler Menschen zur Impfung belaste ihn. „Dass manche Menschen trotz eindeutiger Fakten unbelehrbar bleiben, das macht mir echt auch mental schwer zu schaffen.“Daher geht Kretschmann davon aus, dass bei Einführung der Impfpflicht die Konflikte „noch einmal aufflammen, es kann zu heftigen Protesten kommen“.
Wegen des drohenden Zusammenbruchs einer geregelten medizinischen Versorgung in Bayern hat derweil die Luftwaffe am Freitag erstmals Hilfsflüge aufgenommen, um Corona-Intensivpatienten aus dem Freistaat innerhalb Deutschlands zu verlegen. Ein Sanitätsflugzeug vom Typ A310 MedEvac startete am Allgäu Airport in Memmingen, um von dort sechs schwer Erkrankte nach Nordrhein-Westfalen zu bringen. Mit an Bord waren im Bundeswehr-Airbus ein Arzt und ein Intensivpfleger des Ulmer Bundeswehrkrankenhauses. Nach Angaben der Luftwaffe sind weitere Flüge in den nächsten Tagen geplant, außerdem sollen auch zivile Intensivtransporthubschrauber weitere Patienten nach West- und Norddeutschland bringen, um die Überlastung im Süden zu mildern.