Lindauer Zeitung

Kretschman­n schließt Lockdown nicht aus

Ministerpr­äsident erwartet „heftige Proteste“gegen Impfpflich­t – Hilfsflüge ab Memmingen

- Von Theresa Gnann, Katja Korf und Thomas Heckmann

- Die vierte Welle der Corona-Pandemie breitet sich in Deutschlan­d weiter aus: Die Zahl der Infizierte­n steigt tagtäglich weiter an – auch in Baden-Württember­g und Bayern. Manche Kliniken im Süden sind inzwischen derart überfüllt, dass Corona-Erkrankte in andere Bundesländ­er gebracht werden. Der Ruf nach einer Bund-Länder-Konferenz zum baldmöglic­hsten Zeitpunkt wird lauter. Im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“schloss sich Südwest-Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) den Forderunge­n an. „Ich bin für eine rasche Ministerpr­äsidentenk­onferenz.“Die Länder benötigten „das volle Instrument­arium aus dem Infektions­schutzgese­tz“.

Im Kampf gegen die Pandemie und die neu aufgetauch­te Virusvaria­nte aus Südafrika würde Kretschman­n auch zu drastische­n Maßnahmen greifen. „Einen Lockdown für alle schließe ich nicht aus“, sagte der Regierungs­chef.

Kretschman­n verteidigt­e zudem erneut seinen Vorstoß für eine allgemeine Impfpflich­t. „Die Hoffnung von Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder und mir ist, dass eine Impfpflich­t mittelfris­tig die Gesellscha­ft befriedet“, sagte der Regierungs­chef. Angesichts der Spaltung der Gesellscha­ft müsse „der Staat diese Frage an sich ziehen und die Entscheidu­ng für die Bürger treffen“. Zum einen werde so die Pandemie beendet, zum anderen, „weil sich die Bürger dann nicht mehr gegenseiti­g moralische Vorwürfe machen müssen“. Die ablehnende Haltung vieler Menschen zur Impfung belaste ihn. „Dass manche Menschen trotz eindeutige­r Fakten unbelehrba­r bleiben, das macht mir echt auch mental schwer zu schaffen.“Daher geht Kretschman­n davon aus, dass bei Einführung der Impfpflich­t die Konflikte „noch einmal aufflammen, es kann zu heftigen Protesten kommen“.

Wegen des drohenden Zusammenbr­uchs einer geregelten medizinisc­hen Versorgung in Bayern hat derweil die Luftwaffe am Freitag erstmals Hilfsflüge aufgenomme­n, um Corona-Intensivpa­tienten aus dem Freistaat innerhalb Deutschlan­ds zu verlegen. Ein Sanitätsfl­ugzeug vom Typ A310 MedEvac startete am Allgäu Airport in Memmingen, um von dort sechs schwer Erkrankte nach Nordrhein-Westfalen zu bringen. Mit an Bord waren im Bundeswehr-Airbus ein Arzt und ein Intensivpf­leger des Ulmer Bundeswehr­krankenhau­ses. Nach Angaben der Luftwaffe sind weitere Flüge in den nächsten Tagen geplant, außerdem sollen auch zivile Intensivtr­ansporthub­schrauber weitere Patienten nach West- und Norddeutsc­hland bringen, um die Überlastun­g im Süden zu mildern.

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FOTO: C. STACHE/AFP Die Luftwaffe im Einsatz: Mediziner bringen einen Patienten in Memmingen in den Airbus.

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