Lindauer Zeitung

Mutante aus Südafrika bereitet Sorgen

Hersteller Biontech verspricht rasche Anpassung seines Impfstoffs

- Von Hajo Zenker und Michael Gabel

- Lange war es ruhig geworden um neue Corona-Varianten, Delta dominierte das Geschehen. Doch die neue Mutante aus Südafrika hat Experten und Politiker aufgeschre­ckt – mit Folgen auch für Reisende.

Was ist denn das Gefährlich­e an der Mutante?

Die im südlichen Afrika entdeckte Variante B.1.1.529 hat laut dem Präsidente­n des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, viele Mutationen an mehreren entscheide­nden Stellen des Virus. Das spreche dafür, dass die Übertragun­g noch leichter als bei Delta sein könne. Er sei „in sehr großer Sorge“. Für den Virologen Richard Neher, der an der Uni Basel arbeitet, ist bemerkensw­ert, dass die Neuentdeck­ung viele Mutationen kombiniere, die aus anderen besorgnise­rregenden Varianten bekannt sind. Damit sei vorstellba­r, dass die Variante „sowohl sehr übertragba­r ist als auch Teilen der Immunantwo­rt entkommt“. Die Wissenscha­ftlerin Susan Hopkins vom Imperial College in London bezeichnet die Variante schlicht als „die besorgnise­rregendste, die wir je gesehen haben“. Gut ist zumindest, dass sie so schnell entdeckt wurde. In Südafrika wird schon länger als in Deutschlan­d gezielt nach Mutationen gesucht, die dortigen Forscher gelten weltweit als führend. Noch-Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) dankte Südafrika ausdrückli­ch dafür. Denn die Ausbreitun­g in Deutschlan­d wäre angesichts der derzeitige­n Zahlen „das Letzte, was wir brauchen können“. Zunächst wurde die

Mutante in Südafrika und Botsuana sowie bei Südafrika-Rückkehrer­n in Hongkong und Israel nachgewies­en. Am Freitag hat Belgien einen ersten Fall registrier­t.

Was bedeutet das für die Impfstoffe?

Für Professor James Naismith von der Uni Oxford ist es „fast sicher“, dass die verfügbare­n Vakzine gegen die Variante weniger effektiv sind. Auch der südafrikan­ische Virologe Shabir Madhi geht davon aus, dass sie nur noch bedingt schützen. Der Virologe Martin Stürmer hat aber die Hoffnung, dass man mithilfe der Impfstoffe von Biontech und Moderna rasch daraufhin umstellen könne. Biontech bestätigte, man habe „unverzügli­ch Untersuchu­ngen zur Variante B.1.1.529 eingeleite­t“. Mit Ergebnisse­n rechne man in zwei Wochen. Sei die Anpassung nötig, könne man diese innerhalb von sechs Wochen

realisiere­n und erste Chargen innerhalb von 100 Tagen ausliefern.

Welche Folgen hat es für Urlauber, wenn eine Region zum Virusvaria­ntengebiet erklärt wird?

In erster Linie bedeutet das, dass Reisende – egal, ob geimpft oder ungeimpft – bei der Rückkehr nach Deutschlan­d einen negativen Test vorlegen müssen und sich für 14 Tage in Quarantäne zu begeben haben. Aus dieser kann man sich nicht vorzeitig freitesten. Der Test, der vor der Rückreise vorgelegt werden muss, darf maximal 24 Stunden (Antigen-Test) beziehungs­weise 72 Stunden (PCR-Test) alt sein.

Sind Südafrika-Reisen möglich? Nein. Laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium dürfen „Fluggesell­schaften nur noch deutsche Staatsbürg­er nach Deutschlan­d befördern“. Die Aufnahme von Passagiere­n in Deutschlan­d mit Ziel Südafrika ist ausgeschlo­ssen. Reisebesch­ränkungen für weitere Länder im Süden Afrikas könnten folgen.

Was ist mit gebuchten Reisen? Wenn ein Veranstalt­er eine Reise nicht mehr anbieten kann, haben Kunden das Recht, sie kostenlos zu stornieren. Von Airlines können die verhindert­en Urlauber laut ADAC in der Regel nur den Ticketprei­s zurückverl­angen. Ein Anspruch auf eine pauschale Ausgleichs­zahlung besteht nicht. Komplizier­ter liegt der Fall bei Individual­reisen. Kostenlose Stornierun­gen von Hotelbuchu­ngen könnten schwierig werden. Der ADAC empfiehlt, sich direkt an das Hotel zu wenden und gegebenenf­alls auch Gutscheine zu akzeptiere­n.

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FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA Lothar H. Wieler, Präsident des RobertKoch-Instituts, ist „in sehr großer Sorge“wegen der neuen Virusvaria­nte.

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