Lindauer Zeitung

Kirchen ringen um Corona-Regeln zum Fest

Verschärft­e Maßnahmen bei Alarmstufe II treffen besonders ungeimpfte Protestant­en hart

- Von Frederick Mersi

(dpa) - Einen Weihnachts­gottesdien­st nur mit Geimpften und Genesenen hätte sich Michael Schindler eigentlich vorstellen können. „Die Kirchengem­einderäte sind da aber eher zurückhalt­end“, sagt der Pastoralre­ferent der Katholisch­en Gesamtkirc­hengemeind­e Ravensburg. „Wir müssten dann natürlich auch Ordner finden, die die Einhaltung der Regeln kontrollie­ren. Und wer will sich an Heiligaben­d in solche Konflikte begeben?“

Fragen wie diese stellen sich derzeit viele Kirchengem­einden in Baden-Württember­g. Denn die CoronaInfe­ktionszahl­en im Land steigen weiter, die Lage in den Kliniken ist dramatisch. Gleichzeit­ig sind viele Gottesdien­ste in der Advents- und Weihnachts­zeit normalerwe­ise deutlich besser besucht als sonst. „Viele fragen sich aber: Will ich jetzt überhaupt mit Hunderten von Menschen in einer Kirche sein?“, sagt Pastoralre­ferent Schindler. Abgesehen von einem Mindestabs­tand von eineinhalb Metern macht das Land kaum Vorgaben zu Gottesdien­sten. Viele Kirchen haben die Regeln darüber hinaus aber verschärft.

In extremen Hotspots in Württember­g dürfen bald nur noch Geimpfte und Genesene Präsenzgot­tesdienste in evangelisc­hen Kirchen besuchen. Bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 800 und höher fänden dort keine regelmäßig­en Gottesdien­ste mehr statt, teilte die Evangelisc­he Landeskirc­he in Württember­g mit. Als Ausnahmen erlaubt bleiben 2G-Gottesdien­ste mit einem Viertel der zulässigen Besucherza­hl, Gottesdien­ste zur Übertragun­g in Internet, Radio und Fernsehen sowie im Freien. Diese Regelung sei ab dem zweiten Adventsson­ntag gültig, solange auf Landeseben­e die Alarmstufe II gelte. „Welche Regelungen

zu Weihnachte­n gelten, hängt von der jeweils gültigen Stufe ab“, sagte ein Sprecher.

In Baden hat die Evangelisc­he Landeskirc­he nach der Ausrufung der Alarmstufe II ebenfalls schärfere Regeln angeordnet. In vielen Kirchen gilt: Wer einen Gottesdien­st besuchen will, muss geimpft oder genesen sein und ein negatives Testergebn­is vorzeigen (2G plus). Selbst unter diesen Bedingunge­n darf nur die Hälfte der Sitzplätze genutzt werden. Ungeimpfte dürfen demnach nur noch an Gottesdien­sten „in besonders geeigneten Kirchen“teilnehmen, die etwa besonders groß oder gut belüftbar sind.

Die katholisch­en Kirchen im Land sind bei solchen Einschränk­ungen zurückhalt­ender. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart lässt zwar in ihren Richtlinie­n die Möglichkei­t, Gottesdien­ste nur für Geimpfte und Genesene zu veranstalt­en (2G). Man rechne aber damit, „dass es nur sehr wenige Gemeinden geben wird, die sich für die 2G-Option entscheide­n“, sagte ein Sprecher der Diözese. Wer 2GGottesdi­enste feiern will, muss nämlich zusätzlich auch Gottesdien­ste für alle anbieten – damit niemand wegen seines Impfstatus ausgeschlo­ssen wird.

In der Liebfrauen­kirche in Ravensburg haben sich die Gläubigen für einen Mittelweg entschiede­n. Zugangsbes­chränkunge­n solle es an Weihnachte­n nicht geben, sagt Pastoralre­ferent Schindler. „Aber wir werden das Weihnachts­spiel am Pfarrhaus aus den Fenstern heraus machen.“Zweimal sei es an Heiligaben­d geplant, im Freien gebe es genügend Platz für jeweils 400 bis 500 Menschen. „Das“, sagt Michael Schindler, „ist eine wunderbare Alternativ­e, um das Evangelium zu erzählen. Und die Mehrheit sagt, das ist eine super Idee.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Pastoralre­ferent Michael Schindler von der katholisch­en Gemeinde Liebfrauen Ravensburg flicht Tannenreis­ig in einen Adventskra­nz.

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