Wie Ruhetage ein Restaurant retten sollen
Mit attraktiven Arbeitszeiten will das Strandhaus dem Fachkräftemangel entgegentreten
- Die Strandhaus-Wirte Klaus Winter und Jasmin SchwabeWinter haben für Gastronomen eine ungewöhnliche Entscheidung getroffen. Sie wollen ihr Restaurant ab dem kommenden Jahr nur noch unter der Woche öffnen. Ruhetage sind dann am Samstag und Sonntag – die in der Branche eigentlich als die umsatzstärksten Tage gelten. Die Entscheidung fiel ihnen trotzdem leicht.
Glücklicherweise, sagt Klaus Winter, habe das Strandhaus, das für Grillspezialitäten und die Grillschule bekannt ist, ein konstantes Team. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien schon viele Jahre dabei. Doch sobald eine Stelle frei werde, sei er mit einem branchenweiten Problem konfrontiert: „Es gibt keine Leute mehr.“Die Suche nach gutem Personal ist mühsam. Das hat Winter jetzt zu spüren bekommen. Seit einem halben Jahr versucht er, einen Koch für sein Team zu finden. Sechs Monate lang schaltete er klassische Stellenanzeigen, Radiowerbung und bewarb die Stellen über die Social-Media-Kanäle des Strandhauses. Die Resonanz war niederschmetternd. „Wir haben nicht eine einzige Bewerbung bekommen, nicht einmal eine schlechte“, sagt er.
Dabei biete er attraktive Konditionen: „eine sehr gute Bezahlung und 14 Monatsgehälter, was völlig unüblich ist für unsere Branche“.
Das Problem ist altbekannt. Die Arbeitszeiten in der Gastronomie sind unattraktiv. Ob in der Küche oder im Service, die Arbeit fällt dann an, wenn fast alle anderen frei haben. Winters Ansicht nach nützt es auch nichts, wenn Restaurants nur am Sonntag schließen, um das Wochenende ein bisschen attraktiver zu machen. „Wenn man ehrlich ist: Der Sonntag allein bringt einem nichts“, sagt er. „Wenn man am Samstag arbeiten muss, muss man sich am Sonntag einfach nur ausruhen.“Außerdem sei der Samstag der Tag, an dem die meisten Feste und Veranstaltungen stattfinden, egal ob im privaten oder öffentlichen Bereich.
Winter geht davon aus, dass die Ruhetage am Wochenende durchaus dazu führen, dass im Strandhaus der Umsatz sinkt. Aber er erhofft sich auch, dass er mit der Entscheidung sein 20-köpfiges Team stärken kann, indem sich dann qualifizierte Arbeitskräfte bewerben. Und das wiederum soll es möglich machen, von Montag bis Freitag den Gästen besondere Angebote zu machen. „Wir wollen von Montag bis Freitag das attraktivste Restaurant werden“, sagt er selbstbewusst. Ideen, was das Strandhaus-Team seinen Gästen anbieten könnte, gebe es genug. Es seien auch Dinge dabei, die das Strandhaus in der Vergangenheit bereits angeboten, aufgrund des Personalmangels aber wieder aufgegeben habe. Hinzu kommen etwa Spezialitäten im Abendgeschäft, wie Spanferkel und Churasco, die es parallel zur Speisekarte geben wird.
Die Entscheidung sei auch eine Abwägung gewesen, was angesichts der aktuellen Personalsituation überhaupt noch möglich sei. „Wenn wir niemanden finden, müssen wir unser Angebot im nächsten Jahr so radikal reduzieren, dass das Strandhaus nicht mehr attraktiv ist“, sagt Winter. „Oder aber, wir halten unser hohes Level an der Qualität der Speisen und des Service aufrecht. Dann müssen wir an einer anderen Stelle Einschnitte machen.“
Schon vor Ausbruch der CoronaPandemie sei es schwierig gewesen, ausgebildete Fachkräfte zu finden, schildert Winter. Viele Köche oder Restaurantfachleute seien in andere Branchen abgewandert, etwa in den Lebensmittelhandel oder in die Industrie – häufig mit dem Argument, dass dort die Arbeitszeiten besser seien. Die Pandemie habe diesen Prozess noch beschleunigt. „Durch
ANZEIGE die monatelangen Kontaktbeschränkungen, die auch aktuell wieder im Raum stehen, ist jedem der wahre Wert und die Wichtigkeit von Freundschaften, Familie und sozialen Kontakten nochmals extrem bewusst geworden“, sagt der Wirt.
Das Strandhaus-Team habe die Nachricht von den neuen Ruhetagen mit Begeisterung aufgefasst. „Unsere Leute waren schon immer hoch motiviert – aber diese Neuigkeit hat alles, was wir jemals für unsere Kollegen intern verbessert haben, komplett in den Schatten gestellt“, berichtet Winter. Deshalb erhofft er sich jetzt einen Schub, was Stellenausschreibungen anbelangt. Nachdem er in einem Jobportal mit dem freien Wochenende geworben hat, erhielt er innerhalb von drei Tagen zwei Bewerbungen – beides qualifizierte, erfahrene Köche, die momentan ihren Beruf aber wegen der Wochenenddienste nicht mehr ausüben.
„Unser Ziel ist nicht, anderen Restaurants hier im Umkreis noch die letzten Leute wegzunehmen. Sondern wir wollen den Branchen, die uns die Leute seit Jahren wegnehmen, die Leute wieder abjagen“, stellt Winter klar. Er ist sich sicher, dass er dank des neuen Konzepts so viele Bewerbungen bekommt, dass er sich die Leute aussuchen kann.