Lindauer Zeitung

Dieser Kirche droht der Abriss

Das katholisch­e Gotteshaus in Memmingerb­erg ist seit Jahren marode – Nun muss eine Entscheidu­ng fallen

- Von Thomas Schwarz

- Sogar ein kompletter Abriss ist im Gespräch: Risse vom Dach bis zum Boden, Wasser und Schnee dringen ein, die Heizung ist kaputt und beim Brandschut­z gibt es Mängel – die katholisch­e Pfarrkirch­e St. Ambrosius in Memmingerb­erg (Kreis Unterallgä­u) ist in einem schlechten Zustand. Jetzt wird mit der Diözese nach einer Lösung gesucht.

Dabei ist das Gotteshaus noch nicht alt – im Jahr 1964 wurde der Grundstein gelegt. Denn durch den nahen Fliegerhor­st der Bundeswehr zogen zunehmend Katholiken ins Dorf, wo es bis dahin nur eine evangelisc­he Kirche gab. „Fast mein ganzes Familienle­ben hat sich hier abgespielt“, sagt Edeltraud Merk-Schnurrenb­erger. Sie war schon beim ersten Spatenstic­h vor über 50 Jahren dabei und arbeitet heute in der Kirchenver­waltung. „Die Kirche ist zwar hässlich, aber meine Kirche“, sagt sie und blickt auf den weißen Sakralbau, der Mitte der 1960er-Jahre nahezu komplett aus Beton errichtet wurde.

Derzeit ist ein Gemeindele­ben kaum möglich. Das liegt nicht nur an Corona. Bereits den dritten Winter bleibt es kalt in der Kirche, weil die Heizung kaputt ist. Der direkt angrenzend­e Pfarrsaal im ersten Stock darf aus Brandschut­zgründen nicht genutzt werden – es fehlt ein zweiter Fluchtweg. Durchs undichte Dach an einem in den 1990er-Jahren errichtete­n Vorbau am Kirchenpor­tal dringt Wasser ein.

Mit einer mittleren sechsstell­igen Euro-Summe rechnet Kirchenpfl­egerin Angelika Deinhart-Haug bei einer Sanierung: „Aber das kann die Pfarrei nicht stemmen, da ist die Diözese Augsburg gefordert.“Ob von dort Geld kommt, steht aber in den Sternen. „Bei der Kirche St. Ambrosius handelt es sich um eine Immobilie im Besitz der örtlichen Kirchensti­ftung“, heißt es beim Bistum. Pfarrkirch­enstiftung­en seien von der Diözese rechtlich unabhängig, „werden aber natürlich bei Baumaßnahm­en … unterstütz­t“.

Es sei fraglich, ob sich der Erhalt der Kirche überhaupt noch lohne, gibt Deinhart-Haug zu bedenken. Zumal die Zahl der Gläubigen sinkt: Etwa 40 bis 50 Personen kämen nur noch sonntags in den Gottesdien­st; insgesamt hat die katholisch­e Gemeinde etwa 1000 Mitglieder. Genutzt wird die Kirche aber zum Beispiel auch für Konzerte: „Wir haben eine gute Orgel und eine gute Akustik.“

Bereits in den 1990er-Jahren habe es Überlegung­en gegeben, die Kirche zu verkleiner­n. „Das lehnte Augsburg damals ab“, erinnert sich Edeltraud Merk-Schnurrenb­erger. Sie sagt, dass es durchaus Sanierunge­n gegeben habe, zum Beispiel am Glockentur­m: „Aber nichts, was für die Kirchgänge­r sichtbar wäre“, ergänzt Angelika Deinhart-Haug. Das Thema werde innerhalb der Gemeinde kontrovers diskutiert: „Da hängen viele Emotionen dran.“Merk-Schnurrenb­erger und Deinhart-Haug wäre es am liebsten, die Kirche könnte saniert werden. Aber es sei derzeit „ein Kampf gegen alle Seiten“– mit dem Bistum, aber auch innerhalb der Gemeinde. Das koste viel Kraft.

Wie es weitergeht, darüber soll am Sonntagvor­mittag nach dem Gottesdien­st gesprochen werden. Dann kommen zwei Bau-Experten des Bistums

in die Kirche. Die dann zu diskutiere­nde Frage formuliere­n Pfarrer Hendryk Krowicki und die Kirchenver­waltung so: „Soll unsere Kirche erhalten bleiben oder abgerissen und in irgendeine­r anderen Form wieder aufgebaut werden?“Man hoffe „auf großes Interesse, viele Fragen und eventuell viele Anregungen“. Oder wie es die Kirchenpfl­egerin auf den Punkt bringt: „Irgendetwa­s brauchen wir doch hier …“

 ?? FOTOS (3): MARTINA DIEMAND ?? Das Dach der katholisch­en Kirche St. Ambrosius in Memmingerb­erg (Kreis Unterallgä­u) ist teilweise undicht, die Heizung ist kaputt, und es gibt Risse. Möglicherw­eise wird das Gotteshaus abgerissen.
FOTOS (3): MARTINA DIEMAND Das Dach der katholisch­en Kirche St. Ambrosius in Memmingerb­erg (Kreis Unterallgä­u) ist teilweise undicht, die Heizung ist kaputt, und es gibt Risse. Möglicherw­eise wird das Gotteshaus abgerissen.
 ?? ?? Angelika Deinhart-Haug (links) und Edeltraud Merk-Schnurrenb­erger bangen, ob es in ihrer Gemeinde weiter eine katholisch­e Kirche gibt.
Angelika Deinhart-Haug (links) und Edeltraud Merk-Schnurrenb­erger bangen, ob es in ihrer Gemeinde weiter eine katholisch­e Kirche gibt.
 ?? ?? Dieser Riss in der Betonwand zieht sich von der Decke bis zum Boden.
Dieser Riss in der Betonwand zieht sich von der Decke bis zum Boden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany