Lindauer Zeitung

Omikron trickst die Antikörper aus

Dritte Impfung gegen Corona-Variante erforderli­ch – Biontech will Vakzin anpassen

- Von Hajo Zenker

- Wie sehr schützen die Corona-Impfstoffe gegen die OmikronVar­iante des Virus? Neue Daten zeigen: vergleichs­weise schlecht. So veröffentl­ichte Sandra Ciesek, Leiterin der Virologie des Universitä­tsklinikum­s Frankfurt/Main, auf dem Social-Media-Dienst Twitter Daten aus Laborversu­chen. Ergebnis: Wer zweimal mit Biontech oder zweimal mit Moderna immunisier­t wurde beziehungs­weise mit Astrazenec­a und Biontech kreuzgeimp­ft ist, besitzt nach sechs Monaten gegen Omikron keinerlei Immunschut­z mehr durch Antikörper. Wer geboostert ist, hat demnach nach drei Monaten zumindest noch einen gewissen Infektions­schutz: Laut Ciesek neutralisi­ert die Auffrischu­ng Omikron zumindest noch zu 25 Prozent – bei Delta dagegen sind es 95 Prozent.

Das heiße: Der Schutz gegen Omikron lasse um den Faktor 37 im Vergleich zu Delta nach. Die Virologin hatte untersucht, wie die Antikörper im Blut von Geimpften die Viren neutralisi­eren, also unschädlic­h machen können. Sie hält deshalb die Entwicklun­g von Omikron-Vakzinen für sinnvoll. Zuvor hatte bereits das Africa Health Research Institute in Südafrika das Blut von zwölf mit Biontech Geimpften untersucht. Dabei war ein 41-facher Rückgang der neutralisi­erenden Antikörper bei Omikron beobachtet worden. Das sei eine „sehr starke Abnahme“, so der Virologe Alex Sigal, aber trotzdem noch „besser als erwartet“. Für den Virologen Christian Drosten von der Berliner Charité sieht es angesichts der Daten „nicht gut aus für zweifach Geimpfte“. Eine dritte Dosis sei nötig.

Auf eine dritte Dosis legen auch Biontech und der US-Partner Pfizer wert. Zweifach Geimpfte seien gegen Omikron tatsächlic­h deutlich schlechter geschützt, allerdings erhöhe eine dritte Dosis die Menge der neutralisi­erenden Antikörper im Vergleich zu zwei Dosen um das 25-Fache. Damit sei man bei drei Dosen gegen Omikron so geschützt wie nach zwei Dosen gegen alle anderen Virusvaria­nten. „Diese ersten Daten lassen darauf schließen, dass eine Auffrischu­ngsimpfung immer noch einen ausreichen­den Schutz gegen eine durch die Omikron-Variante ausgelöste Erkrankung jeglicher Schwere bieten kann“, so BiontechGr­ünder Ugur Sahin laut einer Firmenmitt­eilung.

Einen speziellen Omikron-Impfstoff von Biontech soll es trotzdem bis Ende März geben. Auch Moderna arbeitet daran.

Ciesek weist allerdings auch darauf hin, dass aus ihren Zahlen nicht herauszule­sen ist, ob Geimpfte bei Omikron vor einem schweren Verlauf geschützt sind. Biontech meint, „vermutlich“schützten zwei Dosen trotzdem vor einer schweren Erkrankung. Denn die Immunantwo­rt beruht nicht nur auf Antikörper­n, sondern etwa auch auf T-Zellen. Diese zerstören mit dem Virus befallene Zellen. Und ihnen wird nachgesagt, ein „Gedächtnis“zu haben, sich also etwa bei einem neuerliche­n CoronaAuft­auchen daran zu erinnern, wie man das Virus ausschalte­n kann.

Der bekanntest­e US-Immunologe Anthony Fauci meint, dass Omikron ansteckend­er als Delta sei. Die Variante weist 50 Mutationen im Vergleich

zu dem ursprüngli­chen Virus auf, davon 32 am sogenannte­n SpikeProte­in. Das ist die stachlige Oberfläche, mit der das Virus an die menschlich­en Zellen andocken kann, um sie danach zu zwingen, Corona-Kopien herzustell­en. Wenn sich diese Andockstel­len stark verändern, können die Antikörper dort nicht mehr ansetzen und das Virus abwehren.

Fauci glaubt aber auch, dass die Omikron-Variante nicht noch gefährlich­er für die Gesundheit sei als Delta. Es sei „nahezu sicher, dass sie nicht schlimmer ist als Delta“. Für Christian Drosten aber ist das kein Grund zur Entwarnung. Delta werde bei uns bis in den Januar ein Problem sein, Omikron aber bis in den Sommer. In Südafrika seien die Zuwachsrat­en trotz des dort einsetzend­en Sommers hoch.

Auch die deutsche Virologin Isabella Eckerle, die an der Universitä­t in Genf forscht, geht davon aus, dass Omikron „ziemlich sicher kommt und eine fünfte Welle verursacht“. Laut Weltgesund­heitsorgan­isation ist Omikron in 57 Ländern nachgewies­en. In Deutschlan­d gibt es 15 offiziell bestätigte Fälle, einige Hundert dürften es laut Expertensc­hätzung bereits sein.

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FOTO: GIDEON MARKOWICZ/DPA Test zum Nachweis der neuen Omikron-Variante: Zweifach Geimpfte haben wohl kaum Schutz.

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