Streit um Posten für AfD
Union kritisiert Besetzung wichtiger Ausschüsse
- Mit einer Rede im Parlament können Abgeordnete die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, doch die politische Detailarbeit wird im Bundestag in den Ausschüssen erledigt. Wenn es in den kommenden vier Jahren um den Kampf gegen den Rechtsextremismus oder die Pandemiebekämpfung geht, leiten AfD-Abgeordnete die entsprechenden Ausschüsse. Die Fraktion hat sich den Zugriff auf den Vorsitz im Innen-, Gesundheits- und Entwicklungszusammenarbeitsausschuss gesichert.
Daran gibt es Kritik von der Union und den Linken, die sich mit der AfD die Oppositionsbank teilen. Den Vorsitz des Innenausschusses einer von Extremisten durchsetzten Partei zu überlassen, sei wie den Bock zum Gärtner zu machen, sagt Andrea Lindholz (CSU), die den Ausschuss bislang geleitet hat. Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (Foto: dpa) spricht von einem „Treppenwitz“und einem „fatalen Signal“der Ampel-Koalition – zumal es im Innenausschuss um Fragen der inneren Sicherheit, um den Verfassungsschutz oder Verfassungstreue gehe. „Vor allem unterstreicht der Vorgang einmal mehr das Versagen der Ampel-Koalition, die sich doch ganz explizit die Bekämpfung von Rechtsextremismus auf die Fahnen geschrieben hat“, sagt der CDU-Politiker der „Schwäbischen Zeitung“.
Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen? Und wie viel Einfluss hat ein Ausschussvorsitzender? Die
Fraktionen haben ein Zugriffsrecht auf den Vorsitz für die verfügbaren Ausschüsse. Zuerst darf die größte Fraktion auswählen, dann die zweitund drittgrößte bis hin zur kleinsten Fraktion. In diesem Verfahren gibt es mehrere Runden.
Die Union darf als größte Oppositionsfraktion traditionell dem Haushaltsausschuss vorsitzen. SPD, Grüne und FDP hätten den Innenausschuss übernehmen können, haben sich aber anders entschieden. So sicherten sich die Grünen den Europaausschuss. Die AfD griff in der ersten Runde zu, in weiteren Runden folgten der Gesundheitsausschuss und der für Entwicklungszusammenarbeit. „Anscheinend war es den Grünen am Ende doch einfach wichtiger, Anton Hofreiter zu versorgen und dabei mögliche Ambitionen in Richtung Brüssel zu unterstützen“, kritisiert Frei.
Die Vorsitzenden haben die Aufgabe, die Sitzungen einzuberufen, vorzubereiten und zu leiten. Ihr Handlungsspielraum hat aber enge Grenzen. So können sie nicht von der Tagesordnung abweichen und gegen den Willen der Mitglieder eigene Schwerpunkte setzen. Auch muss der Vorsitzende bei der ersten Sitzung gewählt werden. Eigentlich Formsache, bei der AfD aber nicht.
Das weiß man auch bei der AfD. So heißt es aus Fraktionskreisen, dass es noch offen sei, wen die Partei für die Posten nominieren werde. Der innenpolitische Sprecher Gottfried Curio wäre wohl kaum mehrheitsfähig. Für den Gesundheitsausschuss fehlen der Fraktion schlicht die Fachpolitiker. Der Sozialpolitiker Jörg Schneider aus Nordrhein-Westfalen könnte hier ein Kandidat sein. Die Ausschüsse konstituieren sich am Mittwoch nächster Woche.