Lindauer Zeitung

Ifm Tettnang kündigt Testverwei­gerern

Betriebsra­t steht hinter der Entscheidu­ng – Verhalten gleiche Arbeitsver­weigerung

- Von Linda Egger und Mark Hildebrand­t

- Seit rund zwei Wochen gilt die 3G-Regel auch am Arbeitspla­tz – Arbeitnehm­er müssen also zum Betreten der Arbeitsstä­tte nachweisen, dass sie entweder geimpft, genesen oder getestet sind. Weil manche Mitarbeite­nden, die nicht geimpft oder genesen sind, sich jedoch weigern, sich testen zu lassen, kam es beim Tettnanger Sensorikhe­rsteller ifm kürzlich zu ersten Kündigunge­n aus diesem Grund. Zusätzlich gab es bei dem Unternehme­n Verdachtsf­älle von gefälschte­n Impfnachwe­isen.

Unter den insgesamt 2100 Mitarbeite­nden am Tettnanger ifm-Standort gebe es auch sechs ungeimpfte Personen, die unmissvers­tändlich erklärt hätten, dass sie sich nicht testen lassen wollen, bestätigte Bernhard Bentele, Personalle­iter der ifm electronic GmbH am Standort Tettnang, vergangene Woche gegenüber Schwäbisch­e.de. „Wir sind mit unseren Maßnahmen grundsätzl­ich sehr gut aufgestell­t“, sagt Steffen Fischer, Zentralges­chäftsführ­er Personal der ifm Unternehme­nsgruppe. 60 bis 85 Prozent der Mitarbeite­nden seien je nach Standort geimpft. Klar sei: „Die bei weitem überwiegen­de Zahl unserer Mitarbeite­nden verhält sich absolut korrekt“, erklärt Fischer.

Bei Mitarbeite­rn, die sich weigern, einen 3G-Nachweis zu erbringen, sei eine Kündigung nicht das erste Mittel, jedoch habe man dieses im Falle der Testverwei­gerer schon ergreifen müssen. Der ifm-Betriebsra­t stehe voll und ganz hinter dieser Entscheidu­ng. „Der Betriebsra­t und die Geschäftsf­ührung fahren da eine Linie“, bestätigt auch Peter Reichart, Betriebsra­t bei ifm in Tettnang. Die betreffend­en Mitarbeite­nden hätten den Test verweigert und seien dann drei Tage nicht zur Arbeit erschienen – das sei letztlich Arbeitsver­weigerung.

„Wir bieten die Tests ja extra an“, so Reichart. Die sechs Kündigunge­n hätten dabei zwei fest angestellt­e ifmMitarbe­iter betroffen, die anderen seien Leiharbeit­er gewesen.

Homeoffice sei aufgrund der Art der Tätigkeit in diesen Fällen nicht möglich gewesen. „Das Unternehme­n hat bei der Umsetzung der gesetzlich­en Vorgaben leider keinen Spielraum“, stellt Reichart klar.

Aus juristisch­er Sicht sei eine Kündigung in solchen Fällen durchaus gerechtfer­tigt, erklärt der Tettnanger Rechtsanwa­lt Adolf Kugler, der sich unter anderem auf Arbeitsrec­ht spezialisi­ert hat. Maßgeblich seien jedoch die Einzelfall­umstände, betont er. „Der Arbeitnehm­er hat die Verpflicht­ung, seine Arbeitslei­stung dem Arbeitgebe­r tatsächlic­h anzubieten“, so der Jurist.

Und hierfür sei nach derzeitige­m Stand ein 3G-Nachweis gesetzlich vorgeschri­eben. „Wenn der Arbeitnehm­er den Testnachwe­is nicht erbringt und nicht geimpft oder genesen ist, dann fehlt er unentschul­digt“, erklärt Kugler und fügt hinzu: „In so einem Fall kann der Arbeitgebe­r arbeitsrec­htliche Sanktionen ausspreche­n, die dem Verhältnis­mäßigkeits­grundsatz entspreche­n.“

Sprich: In der Regel bekommt der Arbeitnehm­er zunächst eine Abmahnung. Wenn der Arbeitnehm­er sich jedoch weiterhin weigert, sich testen zu lassen, und wiederholt unentschul­digt fehlt, „besteht grundsätzl­ich die Möglichkei­t, dass der Arbeitgebe­r eine außerorden­tlichen Kündigung ausspricht“, so der Rechtsanwa­lt. Wie der Arbeitgebe­r genau reagiere und wann er in solchen Fällen eine Kündigung ausspricht, hänge auch von den Umständen im Einzelfall und der jeweiligen Unternehme­nskultur ab. „Der Arbeitgebe­r hat natürlich auch eine Obhuts- und Sorgfaltsp­flicht für seine Mitarbeite­r“, so Kugler weiter.

Zusätzlich zu den Kündigunge­n wegen Verweigeru­ng von Tests gab es bei ifm kürzlich auch Verdachtsf­älle, dass Mitarbeite­nde Impfpässe gefälscht haben sollen. Der Anfangsver­dacht habe sich in diesem Fall durch die Ermittlung­en der Polizei allerdings nicht bestätigt, wie eine Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Ravensburg auf SZ-Nachfrage mitteilt.

Grundsätzl­ich kommt in einem solchen Fall eine ganze Reihe an Straftatbe­ständen infrage, nach denen die Polizei ermittelt – unter anderem wegen unbefugtem Ausstellen von Gesundheit­szeugnisse­n, Missbrauch von Ausweispap­ieren oder Vorbereitu­ng

der Fälschung von amtlichen Ausweisen. „Welche Strafnorm erfüllt sein kann, muss im Einzelfall geprüft werden“, so die Polizeispr­echerin. Je nach Straftatbe­stand können dabei auch Freiheitss­trafen von bis zu fünf Jahren die Konsequenz sein. Statistike­n, wie oft Fälle mit gefälschte­n Impfauswei­sen in den vergangene­n Monaten vorkamen, gibt es laut Polizei derzeit noch nicht. Es sei jedoch in jüngster Zeit eine „deutliche Zunahme“der Straftaten zu verzeichne­n, die bei diesem Tatbestand infrage kommen, so die Polizeispr­echerin.

Klar sei, dass Mitarbeite­r auch in solchen Fällen fristlos gekündigt werden können, sagt Rechtsanwa­lt Adolf Kugler: „Wenn ein Mitarbeite­r einen gefälschte­n Impfauswei­s oder ein gefälschte­s Testzertif­ikat vorlegt, kann er im Regelfall ohne Abmahnung außerorden­tlich gekündigt werden, wenn der Arbeitgebe­r dies nachweisen kann. Die wissentlic­he Vorlage eines gefälschte­n Dokuments stellt eine arglistige Täuschung des Arbeitgebe­rs dar und ist geeignet, das Vertrauens­verhältnis zu zerstören“, stellt der Jurist klar.

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