Lindauer Zeitung

Helfer werden Opfer von Übergriffe­n

Gewalt gegen Beamte und Rettungskr­äfte nimmt laut Polizeiprä­sidium Ravensburg zu

- Von Bernd Adler

- Einsatzkrä­fte von Rettungsdi­ensten, Feuerwehr und Polizei werden nicht selten bei ihrer Arbeit behindert. Immer wieder kommt es dabei auch zu verbalen und tätlichen Übergriffe­n. Nach Aussage des Polizeiprä­sidiums Ravensburg stieg die Gewalt gegen Polizeibea­mte und Rettungskr­äfte in diesem Jahr deutlich an.

Nach einer Statistik des badenwürtt­embergisch­en Innenminis­teriums hat sich die Zahl der gewalttäti­gen Übergriffe auf Rettungskr­äfte im Land 2019 gegenüber 2015 verdoppelt. Das Bundeskrim­inalamt (BKA) berichtete im September 2021 von knapp 39 000 Gewalttate­n gegen Polizeibea­mte im Jahr 2020. Wörtlich heißt es in dem Bericht: „Damit erreichen sowohl die Fall- als auch die Opferzahle­n im Bereich der Gewaltkrim­inalität gegen Polizeivol­lzugsbeamt­e erneut Höchstwert­e – der negative Trend der letzten Jahre setzte sich auch 2020 fort.“

Die meisten ermittelte­n Tatverdäch­tigen sind laut BKA männlich (84,5 Prozent) und deutsch (69,8 Prozent). Von den Verdächtig­en waren viele zudem polizeilic­h bekannt (75,5 Prozent) und mehr als jeder zweite stand während der Tat unter Alkoholein­fluss (52,4 Prozent).

In der Region liegt der Anteil betrunkene­r Gewaltbere­iter, die sich Polizisten widersetze­n oder auf sie los gehen, sogar noch höher. Im jüngsten Kriminalit­ätsbericht für das Polizeiprä­sidium Ravensburg ist dieser Anteil mit über 72 Prozent beziffert.

Bis 2019 war im Bereich des Polizeiprä­sidiums Ravensburg eine kontinuier­liche Zunahme von Gewaltdeli­kten gegen Beamte zu verzeichne­n, im vergangene­n Jahr gab es erstmals seit zehn Jahren einen Rückgang – ganz entgegen des Landestren­ds, wo eine weitere Zunahme um drei Prozent verzeichne­t wurde und damit ein neuer Höchststan­d.

Dennoch sagte Polizeiprä­sident Uwe Stürmer bei der Vorstellun­g der Kriminalit­ätsstatist­ik für 2020, „dass sich die Zahl der Gewaltdeli­kte gegen Polizeibea­mte in unserer Region nach wie vor auf einem sehr hohen

Niveau bewegt und die Angriffe in etlichen Fällen zudem mit großer Brutalität ausgeführt wurden.“Schwere Verletzung­en von Polizisten, einhergehe­nd mit längerfris­tiger Dienstunfä­higkeit, seien mehrfach die Folge gewesen.

261 Fälle von Gewalt gegen Beamte im Einsatz hat das Polizeiprä­sidium Ravensburg im vergangene­n Jahr registrier­t. Die Zahlen für 2021 sind noch nicht öffentlich, vonseiten des Präsidiums heißt es allerdings, dass wieder von einer Zunahme von Übergriffe­n auszugehen ist, die Gewalt gegen Polizeibea­mte und Rettungskr­äfte also deutlich ansteigt.

Im Frühjahr 2021 veröffentl­ichte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) eine Studie zu Übergriffe­n auf seine Einsatzkrä­fte. Die Studie ist nicht repräsenta­tiv, da nur 425 Mitarbeite­r von DRK-Rettungsdi­ensten befragt wurden. Dennoch lässt sich dadurch ein ungefähres Bild der Situation zeichnen.

Wie bei der Polizei gilt auch hier: Alkohol und Drogen spielen bei gewalttäti­gem Verhalten gegenüber Rettungskr­äften eine wesentlich­e

Rolle. Oftmals ereigneten sich die die Vorfälle rund um Großverans­taltungen aller Art. Die mutmaßlich­en Täter bei Übergriffe­n auf DRK-Personal sind demnach in drei Viertel der Fälle die Patienten selbst, oftmals aber auch deren Freunde oder Angehörige.

Die DRK-Mitarbeite­r berichtete­n in der Studie für einen Zeitraum von zwölf Monaten von mindestens einem Gewaltvorf­all im Einsatz – am häufigsten verbale Attacken wie Beschimpfu­ngen oder Beleidigun­gen. Ein Drittel der Befragten erlebte sowohl verbale als auch körperlich­e Übergriffe.

Volker Geier, Geschäftsf­ührer der Deutsches Rotes Kreuz Rettungsdi­enst Bodensee-Oberschwab­en gGmbH, möchte die Lage nicht dramatisie­ren. „Im Jahr 2020 hatten wir 43 dokumentie­rte Fälle. In 2021 sind bei uns 28 Fälle dokumentie­rt. Dabei vier mit Körperverl­etzung, eine mit Waffe und sonst sind es Drohungen und Beleidigun­gen, oft von Alkoholisi­erten oder von unter Stress stehenden Beteiligte­n, Anwesenden und Angehörige­n.“

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