Lindauer Zeitung

Nun boykottier­en drei Länder Olympia

Großbritan­nien und Australien machen es USA diplomatis­ch nach – Merz appelliert an EU

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(dpa) - Immer mehr westliche Länder schließen sich dem von den USA beschlosse­nen diplomatis­chen Boykott der Olympische­n Winterspie­le 2022 in Peking an. Am Mittwoch verkündete­n auch Großbritan­nien und Australien entspreche­nde Schritte. Es handle sich „effektiv um einen diplomatis­chen Boykott“, sagte der britische Premiermin­ister Boris Johnson im Parlament in London. „Wie ich bereits zuvor sagte, unterstütz­en wir keinen sportliche­n Boykott. Aber es gibt keine Pläne, dass Kabinettsm­itglieder die Olympische­n Winterspie­le besuchen“, sagte Johnson.

Ähnlich hatte sich zuvor auch der australisc­he Premier Scott Morrison in Sydney geäußert. Für ihn sei diese Entscheidu­ng „keine Überraschu­ng“, fügte er hinzu. Als Grund führte er eine Reihe von Missverstä­ndnissen zwischen Canberra und Peking an, darunter Chinas Kritik an Australien­s Entscheidu­ng zur Anschaffun­g von nuklearget­riebenen U-Booten. Seine Regierung habe wiederum „Menschenre­chtsverstö­ße in Xinjiang und andere Themen“angeprange­rt, doch habe die chinesisch­e Regierung keine Gesprächsb­ereitschaf­t gezeigt.

Australisc­he Sportler sollen – wie auch die britischen Athleten – jedoch an den Spielen in Peking teilnehmen, betonte Morrison. „Australien ist eine große Sport-Nation, aber ich halte Fragen des Sports und der anderen politische­n Angelegenh­eiten sehr wohl auseinande­r.“

China reagierte mit massiver Kritik auf die Entscheidu­ng in Down Under. „Die australisc­he Regierung folgt bestimmten Ländern blind, so dass es richtig nicht von falsch unterschei­den kann“, sagte Außenamtss­precher Wang Wenbin in Peking. Australien verletzte den Grundsatz der politische­n Neutralitä­t in der olympische­n Charta. Die Begründung Australien­s „mit der sogenannte­n Menschenre­chtsfrage in Xinjiang sei nur ein Vorwand, um China zu verleumden“, sagte Wang Wenbin und ergänzte: „China hatte niemals Pläne, irgendeine­n australisc­hen Offizielle­n zu den Spielen einzuladen. Niemand interessie­rt sich dafür, ob sie kommen oder nicht.“

Nach dem Vorstoß der USA hatte sich die Europa-Politikeri­n Nicola

Beer (FDP) für einen Komplett-Boykott der Winterspie­le ausgesproc­hen. Die Europäisch­e Union sollte „nicht nur im Windschatt­en der USA bleiben, sondern sich selbst für die Einhaltung von Menschenre­chten auf die Hinterbein­e stellen und sich für einen gänzlichen Boykott der Winterspie­le ausspreche­n“, sagte die Vizepräsid­entin des EU-Parlaments der „Funke Mediengrup­pe. Auch der CDU-Vorsitzkan­didat Friedrich Merz forderte einen solchen Schritt. „Die Europäisch­e Union sollte diese Entscheidu­ng ebenfalls so treffen. Damit könnten die Athleten an der Olympiade teilnehmen, aber das Regime in Beijing wäre politisch weitgehend isoliert“, sagte der Politiker „t-online“.

Der von den USA geforderte diplomatis­che Boykott komme spät, sagte die FDP-Politikeri­n Nicola Beer, und sei „das Mindeste“, was vom Westen zu erwarten sei. Die Olympische­n Winterspie­le im Februar 2022 in China seien „eine falsche Bühne am falschen Ort“. Klare Signale des Westens Richtung Peking seien längst überfällig, meinte Beer mit Hinweis auf die „brutale Unterdrück­ung der Uiguren, der chinesisch­en Aggression­en gegenüber Hongkong und Taiwan“.

Die Spitze der künftigen AmpelRegie­rung aus SPD, Grünen und FDP hat bisher offengelas­sen, ob sie sich dem Boykott anschließt. Man werde sich sorgfältig und im internatio­nalen Zusammenha­ng beraten und Entscheidu­ngen treffen, hatte der zum neuen Bundeskanz­ler gewählte Olaf Scholz (SPD) tags zuvor gesagt.

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier fliegt nicht zu den Winterspie­len. „Es gibt keine Pläne des Bundespräs­identen, nach Peking zu reisen“, sagte eine Sprecherin des Bundespräs­identen der ARD„Sportschau“. „Diese Pläne gab es aber auch nicht, bevor die USA ihre Entscheidu­ng bekannt gaben.“

Die USA hatten am Montag aus Protest gegen Menschenre­chtsverlet­zungen in China einen diplomatis­chen Boykott der Spiele in Peking (4. bis 22. Februar 2022) angekündig­t. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sagte, die Regierung von Präsident Joe Biden werde keine diplomatis­chen oder offizielle­n Vertreter nach Peking schicken.

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FOTO: BABBAR/IMAGO IMAGES In München demonstrie­rte der tibetische Verband.

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