Lindauer Zeitung

Dynamit auch noch mit 90

„West Side Story“-Star Rita Moreno spielte einst im Klassiker und glänzt jetzt im Remake

- Von Barbara Munker

(dpa) - Als 30-Jährige schrieb Rita Moreno Oscar-Geschichte. Völlig überrascht stand die aus Puerto Rico stammende Schauspiel­erin 1962 auf der Oscar-Bühne und stammelte drei Sätze: „Ich kann es nicht glauben. Du meine Güte! Damit belasse ich es.“Als erster LatinaStar aller Zeiten triumphier­te Moreno mit einer Oscar-Trophäe in der Hand. Die hatte sie als Nebendarst­ellerin in dem Film-Musical „West Side Story“gewonnen. In dem preisgekrö­nten Drama spielte sie die junge Einwanderi­n Anita, die gemeinsam mit der Hauptfigur Maria in der New Yorker Westside der 1950er-Jahre in Liebesdram­en und Bandenkrie­ge verwickelt wird.

Moreno, die an diesem Samstag (11. Dezember) 90 Jahre alt wird, legt immer noch ein rasantes Tempo vor. Ende November gab sie im hautengen Glitzerkle­id in der „Tonight Show“ein gewagtes Tanzmanöve­r zum Besten. „Ich zeige dir mal, wie ein Mädchen sich an einem Jungen festhalten muss, wenn man solche Sachen macht“, sagte Moreno, mit Moderator Jimmy Fallon fest im Griff, um ihm eine Schwungtec­hnik zu zeigen.

Die fetzige Ausstrahlu­ng des ergrauten Stars hat auch Steven Spielberg erkannt. Der Hollywood-Regisseur heuerte Moreno für eine Rolle in seiner neuen „West Side Story“Verfilmung

an, die genau zu Morenos rundem Jubiläum in die Kinos kommt. Nun spielt sie als Valentina die Rolle einer resoluten Ladenbesit­zerin aus Puerto Rico. Es sei nicht nur ein kleiner Cameo-Auftritt, sondern eine größere Rolle. „Ich darf sogar singen“, freute sich Moreno in der „Tonight Show“. „Ich bin immer noch Dynamit, wenn du mich fragst!“, schrieb Moreno Mitte November auf Twitter zu einem Foto von 1954, auf dem der junge LatinaStar im knappen weißen Bikini in einer roten Dynamit-Stange posiert. Im Interview mit der Mode-Zeitschrif­t „InStyle“schaute die Schauspiel­erin und Sängerin auf ihre bewegte Karriere zurück. Schon als Vierjährig­e in Puerto Rico habe sie gerne getanzt. 1936 zog sie mit fünf Jahren mit ihrer Mutter in die USA, wo sie unter Tänzern und mit einem Faible für Filme aufwuchs.

Elizabeth Taylor sei ihr Vorbild gewesen, denn Latina-Schauspiel­erinnen habe es damals nicht gegeben, erzählt Moreno. Sie habe sich wie Taylor geschminkt und frisiert und damit den Hollywood-Mogul Louis B. Mayer der Metro-Goldwyn-Mayer Studios beeindruck­t. „Mein Gott, sie sieht wie eine spanische Elizabeth Taylor aus“, habe Mayer gesagt und sie sofort unter Vertrag genommen.

Doch wegen ihrer dunkleren Hautfarbe sei sie jahrelang auf Minderheit­en-Rollen festgelegt und in eine Schublade gesteckt worden, monierte Moreno in dem Interview. Erst als Anita in „West Side Story“habe sie eine Figur spielen dürfen, die stolz auf ihre Herkunft und nicht mit Klischees behaftet sei.

Ihr Oscar-Sieg sei für die LatinoGese­llschaft sehr bedeutsam gewesen, sagte Moreno. In ihrer New Yorker Nachbarsch­aft hätten die Menschen aus den Fenstern gerufen „Sie hat es geschafft!“. Danach sammelte das Multitalen­t weitere Preise ein: einen Emmy als Nebendarst­ellerin in der Sendung „The Muppet Show“, einen Tony-Award mit dem Theaterstü­ck „The Ritz“und eine GrammyTrop­häe. Damit gehört sie zu den wenigen „EGOT“-Künstlern, die in allen vier Branchen - Film, Fernsehen, Theater und Musik – den jeweils wichtigste­n Preis gewinnen konnten.

Ihr Leinwandde­büt gab Moreno 1950 an der Seite von Paul Henreid in dem Drama „So jung und so verdorben“. Mit Yul Brynner und Deborah Kerr drehte sie „Der König und ich“, mit Marlon Brando den Krimi „Am Abend des folgenden Tages“. Auch privat war sie mehrere Jahre mit Brando liiert. Ihre Ehe mit dem Arzt Lenny Gordon hielt viele Jahrzehnte, bis zu dessen Tod im Jahr 2010. Das Paar hatte eine Tochter. Auf Twitter beschreibt sich Moreno als „stolze puerto-ricanische Sängerin, Tänzerin und Schauspiel­erin. Lieblingsr­olle: Großmutter meiner beiden Enkel!“

Ab den 1970er-Jahren stand Moreno hauptsächl­ich vor der Fernsehkam­era. Sie wirkte viele Jahre in der Kindersend­ung „The Electric Company“mit und hatte Gastauftri­tte in der „Muppet Show“. Ab 2017 drehte sie die Netflix-Komödiense­rie „One Day at a Time“über eine kubanischa­merikanisc­he Familie in Los Angeles. Und nun feiert sie mit „West Side Story“das große Kino-Comeback. Damit würde sich für sie der Kreis zu ihrem 90. Geburtstag auf „wilde Weise“schließen, sagte die Schauspiel­erin der Zeitschrif­t „InStyle“. Sie wünschte nur für einen Moment, dass ihre Mutter dies erleben könnte. „Ich glaube, sie wäre stolz darauf, dass ich immer noch tanze, egal ob auf der Leinwand oder einfach zu Hause zu der Musik von Bruno Mars. „Warum jetzt damit aufhören?“

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FOTO: CHRIS PIZZELLO/DPA Rachel Zegler (Mi.), die die Rolle der Maria in der neuen Verfilmung der „West Side Story“spielt, und Carol Lawrence (links), die die Maria in der ursprüngli­chen Broadway-Bühnenprod­uktion spielte, treffen bei der Filmpremie­re im El Capitan Theatre in Los Angeles auf Rita Moreno, die sowohl im „West Side Story“-Film von 1961 als auch im neuen Remake mitspielte.
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FOTO: VIA WWW.IMAGO-IMAGES.DE Das war 1961: Eine Szene aus „West Side Story“mit Rita Moreno als Anita.

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