Lindauer Zeitung

Gift in Spezi und Apfelschor­le

57-Jährige versetzt Getränke auf einer Ausstellun­g und im Supermarkt mit K.o.-Tropfen

- Von Tom Sundermann

(dpa) - Bei einer Ausstellun­gseröffnun­g 2018 brechen in München zwei Kinder zusammen, nachdem sie Apfelschor­le getrunken hatten. Zwei Jahre später geht es drei Menschen genauso, die in Supermärkt­en Spezi gekauft und getrunken hatten. Die Polizei warnt damals die Bevölkerun­g. Einige Zeit später wird klar: Hinter den Taten steckt eine psychisch kranke Frau.

Weil sie mit den Vergiftung­en fünf Menschen in Lebensgefa­hr gebracht hatte, muss die 57-Jährige aus München für unbestimmt­e Zeit in die Psychiatri­e. Das Landgerich­t München I kam am Freitag zu dem Schluss, dass sie ihr Handeln wegen einer paranoiden Schizophre­nie nicht habe steuern können. Die Richter folgten dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft. Ohne Behandlung bestehe eine hohe Gefahr, dass die Frau weitere schwere Straftaten begehe, sagte die Vorsitzend­e Richterin Elisabeth Ehrl.

Das Gericht ist überzeugt, dass die Frau 2018 bei einer Ausstellun­gseröffnun­g im Münchner Gasteig Apfelschor­le vergiftet hatte. Zwei damals sieben und zehn Jahre alte

Schwestern tranken davon und wurden bewusstlos. 2020 versetzte sie Limonadenf­laschen in Supermärkt­en mit der giftigen Substanz Gamma-Butyrolact­on (GBL), sogenannte­m Liquid Ecstasy oder K.o.-Tropfen. Zwei Frauen, die die Ware gekauft und getrunken hatten, mussten sofort medizinisc­h behandelt werden, einem Mann ging es nach dem Verzehr schlecht. Die Dosis der Lösungsmit­tel hätte nach Einschätzu­ng von Ermittlern tödlich wirken können.

Das GBL bestellte sie laut Ermittlern im Internet. Von den Flaschen, die sie mit Gift versetzte, wurden zwei weitere verkauft – allerdings ist bislang unklar, an wen. Nach der zweiten Tat im Supermarkt kam ihr die Polizei auf die Schliche, weil sie mit einer EC-Karte gezahlt und so ihre Daten hinterlass­en hatte. An den manipulier­ten Flaschen fand sich dann auch ihre DNA.

Im Verfahren vor dem Landgerich­t stellte ein Gutachter fest, dass die Beschuldig­te an einer paranoiden Schizophre­nie leidet. Wegen dieser war sie seit Jahrzehnte­n in verschiede­nen Kliniken in Behandlung. Ihre Medikament­e habe sie jedoch häufig eigenmächt­ig abgesetzt. Vor Gericht äußerte sie sich nicht zu den Vorwürfen. Sie sagte lediglich aus, dass sie eine Stimme höre, die zu ihr gesagt habe: „Ich kann dich auch zum Mörder machen.“Die Stimme sei „schadenfro­h“. Ermittlern hatte sie nach ihrer Festnahme gesagt, dass die Stimme ihr nicht die Tat befohlen habe. Jedoch seien ihre Gedanken von außen beeinfluss­t worden. Quelle dieser Beeinfluss­ung sei eine Frau, die sie als „Gifthexe“betitelte. An die Taten habe sie allenfalls dunkle Erinnerung­en, sagte sie demnach. Dennoch verschickt­e sie im Nachhinein Botschafte­n unter anderem an eine Arztpraxis, in denen sie sich mit wirren Worten dazu bekannte.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Die wegen fünffachen versuchten Mordes beschuldig­te Frau kommt vor Beginn der Verhandlun­g in den Gerichtssa­al.

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